Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434Geschlecht ehelich beigewohnet, und den Geschlechtstrieb befriedigt hätte, sie verlassen, und das Kind, welches dann geboren würde, würde ohne Führer und Rathgeber in der Welt herumirren und ins gewisse Elend gerathen. Daher ist es Gottes Absicht, und das haben auch vernünftige Menschen als gut und nothwendig eingesehen, daß diejenige Person, die im Stande ist, ihr Geschlecht fortzupflanzen, sich mit einer andern Person vom anderen Geschlecht in eine ordentliche Verbindung einlassen müße. Hier versprechen nun diese beiden Personen einander, daß sie sich vorzüglich lieben, zeitlebens bei einander bleiben, Kinder zeugen und diese gemeinschaftlich zu nützlichen Menschen erziehen, auch sich selbst alles Unangenehme, was ihnen begegnen könnte, versüßen und erleichtern wollen. Und diese rühmliche Verbindung nennt man die Ehe, oder den Ehestand. Von zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die mit einander in den Ehestand treten, sagt man auch, sie heirathen einander. Und wenn sie sich um einander bewerben, oder sich bemühen, einander zur Ehe zu bekommen, so sagt man auch mit einem alten deutschen Ausdruck, sie freien. Das gegenseitige Versprechen, das solche Personen einander Geschlecht ehelich beigewohnet, und den Geschlechtstrieb befriedigt hätte, sie verlassen, und das Kind, welches dann geboren würde, würde ohne Führer und Rathgeber in der Welt herumirren und ins gewisse Elend gerathen. Daher ist es Gottes Absicht, und das haben auch vernünftige Menschen als gut und nothwendig eingesehen, daß diejenige Person, die im Stande ist, ihr Geschlecht fortzupflanzen, sich mit einer andern Person vom anderen Geschlecht in eine ordentliche Verbindung einlassen müße. Hier versprechen nun diese beiden Personen einander, daß sie sich vorzüglich lieben, zeitlebens bei einander bleiben, Kinder zeugen und diese gemeinschaftlich zu nützlichen Menschen erziehen, auch sich selbst alles Unangenehme, was ihnen begegnen könnte, versüßen und erleichtern wollen. Und diese rühmliche Verbindung nennt man die Ehe, oder den Ehestand. Von zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die mit einander in den Ehestand treten, sagt man auch, sie heirathen einander. Und wenn sie sich um einander bewerben, oder sich bemühen, einander zur Ehe zu bekommen, so sagt man auch mit einem alten deutschen Ausdruck, sie freien. Das gegenseitige Versprechen, das solche Personen einander <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0040" n="332"/> Geschlecht ehelich beigewohnet, und den Geschlechtstrieb befriedigt hätte, sie verlassen, und das Kind, welches dann geboren würde, würde ohne Führer und Rathgeber in der Welt herumirren und ins gewisse Elend gerathen. Daher ist es Gottes Absicht, und das haben auch vernünftige Menschen als gut und nothwendig eingesehen, daß diejenige Person, die im Stande ist, ihr Geschlecht fortzupflanzen, sich mit einer andern Person vom anderen Geschlecht in eine ordentliche Verbindung einlassen müße. Hier versprechen nun diese beiden Personen einander, daß sie sich vorzüglich lieben, zeitlebens bei einander bleiben, Kinder zeugen und diese gemeinschaftlich zu nützlichen Menschen erziehen, auch sich selbst alles Unangenehme, was ihnen begegnen könnte, versüßen und erleichtern wollen. Und diese rühmliche Verbindung nennt man die Ehe, oder den Ehestand. Von zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die mit einander in den Ehestand treten, sagt man auch, sie heirathen einander. Und wenn sie sich um einander bewerben, oder sich bemühen, einander zur Ehe zu bekommen, so sagt man auch mit einem alten deutschen Ausdruck, sie freien. Das gegenseitige Versprechen, das solche Personen einander </p> </div> </body> </text> </TEI> [332/0040]
Geschlecht ehelich beigewohnet, und den Geschlechtstrieb befriedigt hätte, sie verlassen, und das Kind, welches dann geboren würde, würde ohne Führer und Rathgeber in der Welt herumirren und ins gewisse Elend gerathen. Daher ist es Gottes Absicht, und das haben auch vernünftige Menschen als gut und nothwendig eingesehen, daß diejenige Person, die im Stande ist, ihr Geschlecht fortzupflanzen, sich mit einer andern Person vom anderen Geschlecht in eine ordentliche Verbindung einlassen müße. Hier versprechen nun diese beiden Personen einander, daß sie sich vorzüglich lieben, zeitlebens bei einander bleiben, Kinder zeugen und diese gemeinschaftlich zu nützlichen Menschen erziehen, auch sich selbst alles Unangenehme, was ihnen begegnen könnte, versüßen und erleichtern wollen. Und diese rühmliche Verbindung nennt man die Ehe, oder den Ehestand. Von zwei Personen verschiedenen Geschlechts, die mit einander in den Ehestand treten, sagt man auch, sie heirathen einander. Und wenn sie sich um einander bewerben, oder sich bemühen, einander zur Ehe zu bekommen, so sagt man auch mit einem alten deutschen Ausdruck, sie freien. Das gegenseitige Versprechen, das solche Personen einander
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