Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434daran ist bei der großen Anzahl solcher Unglücklichen fast nicht zu zweifeln. Wahrscheinlich werdet ihr öfter Gelegenheit dazu haben, als Lehrer und Aufseher, weil Jugend gegen Jugend freier ist und sich leicht zeigt, wie sie ist. O einen unaussprechlichen Lohn würdet ihr haben, wenn ihr in euren frühen Jahren schon einem Menschen seine Tugend und Glückseeligkeit, der Welt einen Bürger und manchen lieben Eltern ihren künftigen Trost erhalten würdet! Wie froh müßtet ihr einst an eure Jugendjahre zurückdenken können; denn die reinste Freude, die ein Mensch empfinden kann, ist die, wenn er andre glücklich gemacht hat. Aber, meine jungen Freunde, so sehr ihr euch vor der Verführung von andern zu hüten habt, so sehr und noch mehr müßt ihr euch hüten, nicht eure eigenen Verführer zu werden. Geschäftlosigkeit und Einsamkeit setzen euch, wie ihr gehört habt, schon in eine sehr gefährliche Lage. Befändet ihr euch doch nun zuweilen in der Lage und würdet ihr euch dann eine unschaamhafte Vorstellung erlauben: so würdet ihr bei euch einen Reiz erwecken, der, so einsam und allein ihr nun wäret, mit immer stärkerer Gewalt sich eurer bemächtigen würde. Hättet ihr nun dabei daran ist bei der großen Anzahl solcher Unglücklichen fast nicht zu zweifeln. Wahrscheinlich werdet ihr öfter Gelegenheit dazu haben, als Lehrer und Aufseher, weil Jugend gegen Jugend freier ist und sich leicht zeigt, wie sie ist. O einen unaussprechlichen Lohn würdet ihr haben, wenn ihr in euren frühen Jahren schon einem Menschen seine Tugend und Glückseeligkeit, der Welt einen Bürger und manchen lieben Eltern ihren künftigen Trost erhalten würdet! Wie froh müßtet ihr einst an eure Jugendjahre zurückdenken können; denn die reinste Freude, die ein Mensch empfinden kann, ist die, wenn er andre glücklich gemacht hat. Aber, meine jungen Freunde, so sehr ihr euch vor der Verführung von andern zu hüten habt, so sehr und noch mehr müßt ihr euch hüten, nicht eure eigenen Verführer zu werden. Geschäftlosigkeit und Einsamkeit setzen euch, wie ihr gehört habt, schon in eine sehr gefährliche Lage. Befändet ihr euch doch nun zuweilen in der Lage und würdet ihr euch dann eine unschaamhafte Vorstellung erlauben: so würdet ihr bei euch einen Reiz erwecken, der, so einsam und allein ihr nun wäret, mit immer stärkerer Gewalt sich eurer bemächtigen würde. Hättet ihr nun dabei <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div> <p><pb facs="#f0093" n="385"/> daran ist bei der großen Anzahl solcher Unglücklichen fast nicht zu zweifeln. Wahrscheinlich werdet ihr öfter Gelegenheit dazu haben, als Lehrer und Aufseher, weil Jugend gegen Jugend freier ist und sich leicht zeigt, wie sie ist. O einen unaussprechlichen Lohn würdet ihr haben, wenn ihr in euren frühen Jahren schon einem Menschen seine Tugend und Glückseeligkeit, der Welt einen Bürger und manchen lieben Eltern ihren künftigen Trost erhalten würdet! Wie froh müßtet ihr einst an eure Jugendjahre zurückdenken können; denn die reinste Freude, die ein Mensch empfinden kann, ist die, wenn er andre glücklich gemacht hat.</p> <p>Aber, meine jungen Freunde, so sehr ihr euch vor der Verführung von andern zu hüten habt, so sehr und noch mehr müßt ihr euch hüten, nicht eure eigenen Verführer zu werden. Geschäftlosigkeit und Einsamkeit setzen euch, wie ihr gehört habt, schon in eine sehr gefährliche Lage. Befändet ihr euch doch nun zuweilen in der Lage und würdet ihr euch dann eine unschaamhafte Vorstellung erlauben: so würdet ihr bei euch einen Reiz erwecken, der, so einsam und allein ihr nun wäret, mit immer stärkerer Gewalt sich eurer bemächtigen würde. Hättet ihr nun dabei </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [385/0093]
daran ist bei der großen Anzahl solcher Unglücklichen fast nicht zu zweifeln. Wahrscheinlich werdet ihr öfter Gelegenheit dazu haben, als Lehrer und Aufseher, weil Jugend gegen Jugend freier ist und sich leicht zeigt, wie sie ist. O einen unaussprechlichen Lohn würdet ihr haben, wenn ihr in euren frühen Jahren schon einem Menschen seine Tugend und Glückseeligkeit, der Welt einen Bürger und manchen lieben Eltern ihren künftigen Trost erhalten würdet! Wie froh müßtet ihr einst an eure Jugendjahre zurückdenken können; denn die reinste Freude, die ein Mensch empfinden kann, ist die, wenn er andre glücklich gemacht hat.
Aber, meine jungen Freunde, so sehr ihr euch vor der Verführung von andern zu hüten habt, so sehr und noch mehr müßt ihr euch hüten, nicht eure eigenen Verführer zu werden. Geschäftlosigkeit und Einsamkeit setzen euch, wie ihr gehört habt, schon in eine sehr gefährliche Lage. Befändet ihr euch doch nun zuweilen in der Lage und würdet ihr euch dann eine unschaamhafte Vorstellung erlauben: so würdet ihr bei euch einen Reiz erwecken, der, so einsam und allein ihr nun wäret, mit immer stärkerer Gewalt sich eurer bemächtigen würde. Hättet ihr nun dabei
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Zitationshilfe: | Oest, Johann Friedrich: Nöthige Belehrung und Warnung für Jüngling und solche Knaben. In: Allgemeine Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens: von einer Gesellschaft practischer Erzieher, Bd. 6. Wolfenbüttel, 1787. S. 293-434, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oest_knaben_1787/93>, abgerufen am 16.02.2025. |