Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ohm, Georg Simon: Die galvanische Kette. Berlin, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

bar zu erkennen; denn da durch die Rechnung
die Erscheinung mit allen ihren Modifikationen
auf das Bestimmteste ausgesprochen wird, so muss,
weil in ihrem Fortgange zu den früheren nicht
immer wieder neue Unsicherheiten stossen, eine
im gleichen Maasse vollständige Beobachtung der
Natur ihre Annahmen auf eine entscheidende
Weise entweder rechtfertigen oder widerlegen.
Darin liegt eben das hauptsächlichste Verdienst
der Rechnung, dass sie durch ihre nirgends
schwankende Aussagen eine Allgemeinheit der
Vorstellungen hervorruft, die jedesmal zu erneuer-
ten Versuchen auffordert und so zu einer immer
mehr in die Tiefe gehenden Kenntniss der Natur
führt. Jede auf Thatsachen gebaute Theorie ei-
ner Klasse von Naturerscheinungen, die in der
Form ihrer Darstellung nicht die mathematische
Ausführlichkeit erträgt, ist unvollkommen, und
jede in einer noch so strengen Form entwickelte
Theorie, die nicht in dem erforderlichen Maasse
von der Erfahrung gebilligt wird, ist unsicher.
So lange daher nicht wenigstens ein Theil der
Wirkungen einer Naturkraft mit grosser Schärfe
in allen ihren Abstufungen beobachtet worden ist,

bar zu erkennen; denn da durch die Rechnung
die Erscheinung mit allen ihren Modifikationen
auf das Bestimmteste ausgesprochen wird, so muſs,
weil in ihrem Fortgange zu den früheren nicht
immer wieder neue Unsicherheiten stoſsen, eine
im gleichen Maaſse vollständige Beobachtung der
Natur ihre Annahmen auf eine entscheidende
Weise entweder rechtfertigen oder widerlegen.
Darin liegt eben das hauptsächlichste Verdienst
der Rechnung, daſs sie durch ihre nirgends
schwankende Aussagen eine Allgemeinheit der
Vorstellungen hervorruft, die jedesmal zu erneuer-
ten Versuchen auffordert und so zu einer immer
mehr in die Tiefe gehenden Kenntniſs der Natur
führt. Jede auf Thatsachen gebaute Theorie ei-
ner Klasse von Naturerscheinungen, die in der
Form ihrer Darstellung nicht die mathematische
Ausführlichkeit erträgt, ist unvollkommen, und
jede in einer noch so strengen Form entwickelte
Theorie, die nicht in dem erforderlichen Maaſse
von der Erfahrung gebilligt wird, ist unsicher.
So lange daher nicht wenigstens ein Theil der
Wirkungen einer Naturkraft mit groſser Schärfe
in allen ihren Abstufungen beobachtet worden ist,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="90"/>
bar zu erkennen; denn da durch die Rechnung<lb/>
die Erscheinung mit allen ihren Modifikationen<lb/>
auf das Bestimmteste ausgesprochen wird, so mu&#x017F;s,<lb/>
weil in ihrem Fortgange zu den früheren nicht<lb/>
immer wieder neue Unsicherheiten sto&#x017F;sen, eine<lb/>
im gleichen Maa&#x017F;se vollständige Beobachtung der<lb/>
Natur ihre Annahmen auf eine entscheidende<lb/>
Weise entweder rechtfertigen oder widerlegen.<lb/>
Darin liegt eben das hauptsächlichste Verdienst<lb/>
der Rechnung, da&#x017F;s sie durch ihre nirgends<lb/>
schwankende Aussagen eine Allgemeinheit der<lb/>
Vorstellungen hervorruft, die jedesmal zu erneuer-<lb/>
ten Versuchen auffordert und so zu einer immer<lb/>
mehr in die Tiefe gehenden Kenntni&#x017F;s der Natur<lb/>
führt. Jede auf Thatsachen gebaute Theorie ei-<lb/>
ner Klasse von Naturerscheinungen, die in der<lb/>
Form ihrer Darstellung nicht die mathematische<lb/>
Ausführlichkeit erträgt, ist unvollkommen, und<lb/>
jede in einer noch so strengen Form entwickelte<lb/>
Theorie, die nicht in dem erforderlichen Maa&#x017F;se<lb/>
von der Erfahrung gebilligt wird, ist unsicher.<lb/>
So lange daher nicht wenigstens ein Theil der<lb/>
Wirkungen einer Naturkraft mit gro&#x017F;ser Schärfe<lb/>
in allen ihren Abstufungen beobachtet worden ist,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0100] bar zu erkennen; denn da durch die Rechnung die Erscheinung mit allen ihren Modifikationen auf das Bestimmteste ausgesprochen wird, so muſs, weil in ihrem Fortgange zu den früheren nicht immer wieder neue Unsicherheiten stoſsen, eine im gleichen Maaſse vollständige Beobachtung der Natur ihre Annahmen auf eine entscheidende Weise entweder rechtfertigen oder widerlegen. Darin liegt eben das hauptsächlichste Verdienst der Rechnung, daſs sie durch ihre nirgends schwankende Aussagen eine Allgemeinheit der Vorstellungen hervorruft, die jedesmal zu erneuer- ten Versuchen auffordert und so zu einer immer mehr in die Tiefe gehenden Kenntniſs der Natur führt. Jede auf Thatsachen gebaute Theorie ei- ner Klasse von Naturerscheinungen, die in der Form ihrer Darstellung nicht die mathematische Ausführlichkeit erträgt, ist unvollkommen, und jede in einer noch so strengen Form entwickelte Theorie, die nicht in dem erforderlichen Maaſse von der Erfahrung gebilligt wird, ist unsicher. So lange daher nicht wenigstens ein Theil der Wirkungen einer Naturkraft mit groſser Schärfe in allen ihren Abstufungen beobachtet worden ist,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ohm_galvanische_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ohm_galvanische_1827/100
Zitationshilfe: Ohm, Georg Simon: Die galvanische Kette. Berlin, 1827, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ohm_galvanische_1827/100>, abgerufen am 04.12.2024.