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Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909.

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vorliegen, eine Sichtung derselben vornehmen. Wie schon
erwähnt, ist der Zweck des männlichen und weiblichen
Universitätsbesuchs in mancher Hinsicht sehr verschieden.
Es gibt neben derjenigen studierenden Frau, die sich für
den vollen Lehrplan bei nötiger Vorbildung entschließt,
eine ganze Anzahl von Universitätsbesucherinnen, die ein-
fach aus Bildungstrieb auf die Universität gehen. Wir
sehen hier ab von denen, die aus Mode auf die Hochschule
laufen. Es gibt junge Mädchen, die den Trieb in sich
fühlen, ihre Allgemeinbildung zu erweitern, das wissen-
schaftliche Studium und die Art wissenschaftlichen Ar-
beitens kennen zu lernen. Sie haben sich bereits ihren
Pflichtenkreis geschaffen; aber sie sehen es als notwendige
Vorbereitung für Ehe und Mutterschaft an, durch eine
Schulung des Geistes, wie sie nicht auf der Mädchenschule
erreicht wird, hindurch zu gehen. Sie hören in der Woche
einige Vorlesungen, nehmen vielleicht auch an den Kursen
teil. - Man kann gegen eine solche Benutzung der Uni-
versität, die nicht der wissenschaftlichen Arbeit und Aus-
bildung dienen, protestieren. Allein das ist meiner An-
sicht nach ungerecht. Diese Frauen verderben und beein-
flussen den Hochschulcharakter nicht im geringsten. Da
gibt es ganz andere Feinde als sie. Sie verschwinden zudem
immer mehr, je mehr andere Bedingungen zu einem gründ-
lichen, wissenschaftlichen Unterricht gegeben werden, durch
Kurse außerhalb der Universität. Namentlich eine Volks-
hochschule wird solche strebsame junge Elemente aufneh-
men. Man soll dem, der lernen will, nicht die Türe ver-
schließen. - Wenn jemand zu leiden hat, so ist es die
akademische Frauenbewegung. Sie bekommt dadurch ein
äußerst kompliziertes Aussehen. Sie muß Mitgänger mit
sich schleppen, die eigentlich nicht zu ihr gehören.

Und nun zurück zur eigentlichen Trägerin der aka-

vorliegen, eine Sichtung derselben vornehmen. Wie schon
erwähnt, ist der Zweck des männlichen und weiblichen
Universitätsbesuchs in mancher Hinsicht sehr verschieden.
Es gibt neben derjenigen studierenden Frau, die sich für
den vollen Lehrplan bei nötiger Vorbildung entschließt,
eine ganze Anzahl von Universitätsbesucherinnen, die ein-
fach aus Bildungstrieb auf die Universität gehen. Wir
sehen hier ab von denen, die aus Mode auf die Hochschule
laufen. Es gibt junge Mädchen, die den Trieb in sich
fühlen, ihre Allgemeinbildung zu erweitern, das wissen-
schaftliche Studium und die Art wissenschaftlichen Ar-
beitens kennen zu lernen. Sie haben sich bereits ihren
Pflichtenkreis geschaffen; aber sie sehen es als notwendige
Vorbereitung für Ehe und Mutterschaft an, durch eine
Schulung des Geistes, wie sie nicht auf der Mädchenschule
erreicht wird, hindurch zu gehen. Sie hören in der Woche
einige Vorlesungen, nehmen vielleicht auch an den Kursen
teil. – Man kann gegen eine solche Benutzung der Uni-
versität, die nicht der wissenschaftlichen Arbeit und Aus-
bildung dienen, protestieren. Allein das ist meiner An-
sicht nach ungerecht. Diese Frauen verderben und beein-
flussen den Hochschulcharakter nicht im geringsten. Da
gibt es ganz andere Feinde als sie. Sie verschwinden zudem
immer mehr, je mehr andere Bedingungen zu einem gründ-
lichen, wissenschaftlichen Unterricht gegeben werden, durch
Kurse außerhalb der Universität. Namentlich eine Volks-
hochschule wird solche strebsame junge Elemente aufneh-
men. Man soll dem, der lernen will, nicht die Türe ver-
schließen. – Wenn jemand zu leiden hat, so ist es die
akademische Frauenbewegung. Sie bekommt dadurch ein
äußerst kompliziertes Aussehen. Sie muß Mitgänger mit
sich schleppen, die eigentlich nicht zu ihr gehören.

Und nun zurück zur eigentlichen Trägerin der aka-

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[23/0022] vorliegen, eine Sichtung derselben vornehmen. Wie schon erwähnt, ist der Zweck des männlichen und weiblichen Universitätsbesuchs in mancher Hinsicht sehr verschieden. Es gibt neben derjenigen studierenden Frau, die sich für den vollen Lehrplan bei nötiger Vorbildung entschließt, eine ganze Anzahl von Universitätsbesucherinnen, die ein- fach aus Bildungstrieb auf die Universität gehen. Wir sehen hier ab von denen, die aus Mode auf die Hochschule laufen. Es gibt junge Mädchen, die den Trieb in sich fühlen, ihre Allgemeinbildung zu erweitern, das wissen- schaftliche Studium und die Art wissenschaftlichen Ar- beitens kennen zu lernen. Sie haben sich bereits ihren Pflichtenkreis geschaffen; aber sie sehen es als notwendige Vorbereitung für Ehe und Mutterschaft an, durch eine Schulung des Geistes, wie sie nicht auf der Mädchenschule erreicht wird, hindurch zu gehen. Sie hören in der Woche einige Vorlesungen, nehmen vielleicht auch an den Kursen teil. – Man kann gegen eine solche Benutzung der Uni- versität, die nicht der wissenschaftlichen Arbeit und Aus- bildung dienen, protestieren. Allein das ist meiner An- sicht nach ungerecht. Diese Frauen verderben und beein- flussen den Hochschulcharakter nicht im geringsten. Da gibt es ganz andere Feinde als sie. Sie verschwinden zudem immer mehr, je mehr andere Bedingungen zu einem gründ- lichen, wissenschaftlichen Unterricht gegeben werden, durch Kurse außerhalb der Universität. Namentlich eine Volks- hochschule wird solche strebsame junge Elemente aufneh- men. Man soll dem, der lernen will, nicht die Türe ver- schließen. – Wenn jemand zu leiden hat, so ist es die akademische Frauenbewegung. Sie bekommt dadurch ein äußerst kompliziertes Aussehen. Sie muß Mitgänger mit sich schleppen, die eigentlich nicht zu ihr gehören. Und nun zurück zur eigentlichen Trägerin der aka-

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Zitationshilfe: Ohr, Julie: Die Studentin der Gegenwart. München-Gern, 1909, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ohr_studentin_1909/22>, abgerufen am 23.11.2024.