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Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647.

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Reise Beschreibung.
ner zu wieder setzen. Als diß der Gemeine vorgetragen wird/ wahren sie
gar leicht auch zu solcher meinung zulencken/ rieffen derwegen über
laut: Gott gebe Glück dem Demetrio, als dem rechten Er-
ben des Landes/ vnd vertilge alle seine Feinde.
Lauffen dar-
auff auffs Schloß/ legen die Hände an jhren erst erwehlten jungen
Großfürsten/ vnd nehmen jhn gefangen/ plündern vnd verstossen alle
die/ so von des Boris Gudenow Geschlechte übrig wahren. Senden
zum Demetrio, bitten jhn/ Er wolte nur kommen/ vnd seines Vaters
Stul besitzen/ vnd jhnen wegen des so langen Wiederstrebens/ welches
theils auß vnwissenheit/ theils auß verhetzung der Gudenower ge-
schehen/ perdon ertheilen/ Sie hetten jhm bereit einen Weg gemachet:
Fedor Borissowitz mit der Mutter vnd Schwester gefangen/ wol-
ten dieselben sampt dero gantzen familie in seine Gewalt geben. Diß
war dem falschen Demetrio eine längstgewünschte gute Zeitung. Ehe
er aber in die Stadt Mußcow vnd auff die Residentz ziehen wolte/Großfürst
Fedor Bo-
rissowitz

wird erwür-
get.

schickte Er einen Deak oder Schreiber Ivan Bogdanow voran/ wel-
cher den jungen Großfürsten sampt seiner Mutter vmbbringen/ vnd
außgeben muste/ Sie hetten sich selbst mit Gifft vergeben. Wurde al-
so dieser junge Großfürst Fedor Borissowitz im andern Monat sei-
ner Regierung/ nemblich den 10. Junij, Anno Christi 1605. in seinem
Gemache mit einem Strange erwürget.

Den 16. Junij rücket der falsche Demetrius mit seiner gantzen
Macht vollend vor die Stadt Mußcow/ da denn die Mußcowiter ho-
hes vnd niedriges Standes Personen jhm entgegen kamen/ herrliche
Geschencke brachten/ vnd zum Einzuge gratulirten. Den 29. Julij istDer falsche
Demetrius
wird zum
Großfürsten
gekrönet.

Er mit grosser Solennitet gekrönet worden. Nach diesem/ damit der
Betrug desto weniger gemercket/ vnd Er desto gewisser für den Deme-
trium
gehalten wurde/ lesset Er des rechten Demetrij Mutter/ welche
Boris Gunedow in ein ferne von Mußcow abgelegenes Kloster ge-
setzet/ wieder nach Mußcow holen/ gehet jhr mit prächtigem Geleite
vor der Stadt entgegen/ empfähet sie freundlich/ helt jhr auff dem
Schlosse eine Königliche Taffel/ besuchet sie täglich/ vnd thut jhr so
hohe Ehre an/ als ein Kind jmmer seiner leiblichen Mutter thun mag.
Diese gute Frawe/ wuste zwar wol/ daß jhr leiblicher Sohn warhaff-
tig vmbgebracht war/ vnd dieser jhr nicht zukommen könte/ aber gleich-
wol ließ sie es/ theils auß Furcht/ theils daß sie nach so lang außgestan-
denem Elende vnd betrübten Zustande solche Ehre vnd Ergetzligkeit
geniessen möchte/ geschehen/ vnd wiederspricht es nicht. Da aber De-
metrius
seine Hoffstadt vnd manier zu regieren/ Gebräuche vnd Ge-
wonheiten nicht wie andere Großfürsten anstellete vnd beobachtete;
eine Polnische vnd Catholische Jungfraw/ nemblich des Weywoden
zu Sandomir Tochter heyrahtete; groß Geld vnd Gut auß dem
Schatze nam/ vnd die Braut damit wol außzustaffiren in Polen

schick-
V

Reiſe Beſchreibung.
ner zu wieder ſetzen. Als diß der Gemeine vorgetragen wird/ wahren ſie
gar leicht auch zu ſolcher meinung zulencken/ rieffen derwegen uͤber
laut: Gott gebe Gluͤck dem Demetrio, als dem rechten Er-
ben des Landes/ vnd vertilge alle ſeine Feinde.
Lauffen dar-
auff auffs Schloß/ legen die Haͤnde an jhren erſt erwehlten jungen
Großfuͤrſten/ vnd nehmen jhn gefangen/ pluͤndern vnd verſtoſſen alle
die/ ſo von des Boris Gudenow Geſchlechte uͤbrig wahren. Senden
zum Demetrio, bitten jhn/ Er wolte nur kommen/ vnd ſeines Vaters
Stul beſitzen/ vnd jhnen wegen des ſo langen Wiederſtrebens/ welches
theils auß vnwiſſenheit/ theils auß verhetzung der Gudenower ge-
ſchehen/ perdon ertheilen/ Sie hetten jhm bereit einen Weg gemachet:
Fedor Boriſſowitz mit der Mutter vnd Schweſter gefangen/ wol-
ten dieſelben ſampt dero gantzen familie in ſeine Gewalt geben. Diß
war dem falſchen Demetrio eine laͤngſtgewuͤnſchte gute Zeitung. Ehe
er aber in die Stadt Mußcow vnd auff die Reſidentz ziehen wolte/Großfuͤrſt
Fedor Bo-
riſſowitz

wird erwuͤr-
get.

ſchickte Er einen Deak oder Schreiber Ivan Bogdanow voran/ wel-
cher den jungen Großfuͤrſten ſampt ſeiner Mutter vmbbringen/ vnd
außgeben muſte/ Sie hetten ſich ſelbſt mit Gifft vergeben. Wurde al-
ſo dieſer junge Großfuͤrſt Fedor Boriſſowitz im andern Monat ſei-
ner Regierung/ nemblich den 10. Junij, Anno Chriſti 1605. in ſeinem
Gemache mit einem Strange erwuͤrget.

Den 16. Junij ruͤcket der falſche Demetrius mit ſeiner gantzen
Macht vollend vor die Stadt Mußcow/ da denn die Mußcowiter ho-
hes vnd niedriges Standes Perſonen jhm entgegen kamen/ herꝛliche
Geſchencke brachten/ vnd zum Einzuge gratulirten. Den 29. Julij iſtDer falſche
Demetrius
wird zum
Großfuͤrſten
gekroͤnet.

Er mit groſſer Solennitet gekroͤnet worden. Nach dieſem/ damit der
Betrug deſto weniger gemercket/ vnd Er deſto gewiſſer fuͤr den Deme-
trium
gehalten wurde/ leſſet Er des rechten Demetrij Mutter/ welche
Boris Gunedow in ein ferne von Mußcow abgelegenes Kloſter ge-
ſetzet/ wieder nach Mußcow holen/ gehet jhr mit praͤchtigem Geleite
vor der Stadt entgegen/ empfaͤhet ſie freundlich/ helt jhr auff dem
Schloſſe eine Koͤnigliche Taffel/ beſuchet ſie taͤglich/ vnd thut jhr ſo
hohe Ehre an/ als ein Kind jmmer ſeiner leiblichen Mutter thun mag.
Dieſe gute Frawe/ wuſte zwar wol/ daß jhr leiblicher Sohn warhaff-
tig vmbgebracht war/ vnd dieſer jhr nicht zukommen koͤnte/ aber gleich-
wol ließ ſie es/ theils auß Furcht/ theils daß ſie nach ſo lang außgeſtan-
denem Elende vnd betruͤbten Zuſtande ſolche Ehre vnd Ergetzligkeit
genieſſen moͤchte/ geſchehen/ vnd wiederſpricht es nicht. Da aber De-
metrius
ſeine Hoffſtadt vnd manier zu regieren/ Gebraͤuche vnd Ge-
wonheiten nicht wie andere Großfuͤrſten anſtellete vnd beobachtete;
eine Polniſche vnd Catholiſche Jungfraw/ nemblich des Weywoden
zu Sandomir Tochter heyrahtete; groß Geld vnd Gut auß dem
Schatze nam/ vnd die Braut damit wol außzuſtaffiren in Polen

ſchick-
V
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[153/0199] Reiſe Beſchreibung. ner zu wieder ſetzen. Als diß der Gemeine vorgetragen wird/ wahren ſie gar leicht auch zu ſolcher meinung zulencken/ rieffen derwegen uͤber laut: Gott gebe Gluͤck dem Demetrio, als dem rechten Er- ben des Landes/ vnd vertilge alle ſeine Feinde. Lauffen dar- auff auffs Schloß/ legen die Haͤnde an jhren erſt erwehlten jungen Großfuͤrſten/ vnd nehmen jhn gefangen/ pluͤndern vnd verſtoſſen alle die/ ſo von des Boris Gudenow Geſchlechte uͤbrig wahren. Senden zum Demetrio, bitten jhn/ Er wolte nur kommen/ vnd ſeines Vaters Stul beſitzen/ vnd jhnen wegen des ſo langen Wiederſtrebens/ welches theils auß vnwiſſenheit/ theils auß verhetzung der Gudenower ge- ſchehen/ perdon ertheilen/ Sie hetten jhm bereit einen Weg gemachet: Fedor Boriſſowitz mit der Mutter vnd Schweſter gefangen/ wol- ten dieſelben ſampt dero gantzen familie in ſeine Gewalt geben. Diß war dem falſchen Demetrio eine laͤngſtgewuͤnſchte gute Zeitung. Ehe er aber in die Stadt Mußcow vnd auff die Reſidentz ziehen wolte/ ſchickte Er einen Deak oder Schreiber Ivan Bogdanow voran/ wel- cher den jungen Großfuͤrſten ſampt ſeiner Mutter vmbbringen/ vnd außgeben muſte/ Sie hetten ſich ſelbſt mit Gifft vergeben. Wurde al- ſo dieſer junge Großfuͤrſt Fedor Boriſſowitz im andern Monat ſei- ner Regierung/ nemblich den 10. Junij, Anno Chriſti 1605. in ſeinem Gemache mit einem Strange erwuͤrget. Großfuͤrſt Fedor Bo- riſſowitz wird erwuͤr- get. Den 16. Junij ruͤcket der falſche Demetrius mit ſeiner gantzen Macht vollend vor die Stadt Mußcow/ da denn die Mußcowiter ho- hes vnd niedriges Standes Perſonen jhm entgegen kamen/ herꝛliche Geſchencke brachten/ vnd zum Einzuge gratulirten. Den 29. Julij iſt Er mit groſſer Solennitet gekroͤnet worden. Nach dieſem/ damit der Betrug deſto weniger gemercket/ vnd Er deſto gewiſſer fuͤr den Deme- trium gehalten wurde/ leſſet Er des rechten Demetrij Mutter/ welche Boris Gunedow in ein ferne von Mußcow abgelegenes Kloſter ge- ſetzet/ wieder nach Mußcow holen/ gehet jhr mit praͤchtigem Geleite vor der Stadt entgegen/ empfaͤhet ſie freundlich/ helt jhr auff dem Schloſſe eine Koͤnigliche Taffel/ beſuchet ſie taͤglich/ vnd thut jhr ſo hohe Ehre an/ als ein Kind jmmer ſeiner leiblichen Mutter thun mag. Dieſe gute Frawe/ wuſte zwar wol/ daß jhr leiblicher Sohn warhaff- tig vmbgebracht war/ vnd dieſer jhr nicht zukommen koͤnte/ aber gleich- wol ließ ſie es/ theils auß Furcht/ theils daß ſie nach ſo lang außgeſtan- denem Elende vnd betruͤbten Zuſtande ſolche Ehre vnd Ergetzligkeit genieſſen moͤchte/ geſchehen/ vnd wiederſpricht es nicht. Da aber De- metrius ſeine Hoffſtadt vnd manier zu regieren/ Gebraͤuche vnd Ge- wonheiten nicht wie andere Großfuͤrſten anſtellete vnd beobachtete; eine Polniſche vnd Catholiſche Jungfraw/ nemblich des Weywoden zu Sandomir Tochter heyrahtete; groß Geld vnd Gut auß dem Schatze nam/ vnd die Braut damit wol außzuſtaffiren in Polen ſchick- Der falſche Demetrius wird zum Großfuͤrſten gekroͤnet. V

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Zitationshilfe: Olearius, Adam: Offt begehrte Beschreibung Der Newen Orientalischen Rejse. Schleswig, 1647. , S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/olearius_reise_1647/199>, abgerufen am 24.11.2024.