Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Opitz, Martin: Teutsche Pöemata und: Aristarchvs Wieder die verachtung Teutscher Sprach. Straßburg, 1624.

Bild:
<< vorherige Seite
Illius adjiciunt alas, talariaque hujus,
Mercuriusque Orbi es alt er, & alter Amor.

Ich bin aber der gedancken/ es seyen diese vngewaffnete Götter vnter
dem wilden schall der Heertrompetten vnd gerausche der Waffen/ mit
dem gantz Deutschlandt nun eine geraume zeit erfüllet gewesen/ nichts
nutze. Vmb die Trostgedichte in widerwertigkeit des Krieges/ derer
ich verwiechenen Früliug vier Bücher in Judlandt geschrieben/
hat es solche beschaffenheit/ das mir bey wehrendem zuestande sie in den
Druck zue bringen guete freunde wiederrahten. Dieser Lobgesang ist
noch übrig: zwar nicht aus meinem Gehirn entsponnen; aber doch
gäntzlich werth/ daß er nicht allein von mir in vnsere/ sondern auch von
viel gelehrterern in aller welt zungen versetzet werde. Der erfinder hier-
zue ist der/ vber dessen vngewöhnlichen geschickligkeit sich männiglich/
so weiß was gelehrt sein heisse/ mit recht verwundert; der weitberhümb-
te Heinsius: welcher in diesem Göttlichen gedichte/ das Scriverius bil-
lich die Perle seiner wercke heißt/ alle menschliche vnd himlische Weiß-
heit zuesammen geholet/ vnd die vnglückseligen verächter der hochflie-
genden Poeten zue schanden vnd zue nichte gemacht hat. Ich muß be-
kennen/ daß sein Landtsmann einer nicht leuget/ als er an Den von
Diick schreiben darff/ er glaube nicht/ daß ein sterblich Mensch gefun-
den werde/ der ohn bewegung vnd grosse andacht dieses treffliche Lied
könne hören oder lesen. Ich muß auch wol sagen wie er/ daß es meine
höchste Poesie gewesen sey/ daran ich die zeit meines Lebens mmein eus-
serstes genügen gehabt habe. Es ist hier nichts ohne außerlesene wor-
te/ ohne tieffen verstand/ ohne anleitung zue der Gottesfurcht: nichts
daß nicht mit der Heyligen Schrifft/ mit aller grossen Helden/ aller ho-
hen Seelen/ aller Christlichen Lehrer meinung vbereinstimme: nichts
das wir Christen nicht alle miteinander bekennen. Was mich anlan-
get/ ob zwardas/ so ich hierbey gethan/ am aller wenigsten ist; dannoch
wann ich das ende/ zue dem es von mir geschehen/ auch die trew/ so ich
angewandt/ bedencke/ hoffe ich nicht/ daß mich andere hierumb tadlen/
oder vnser Poet (im fall ich seine freundligkeit recht kenne) selber ver-
dencken wird. Auff den thon vnd das maß der Syllaben/ darinnen
nicht der minste theil der ziehrligkeit bestehet/ habe ich/ wie sonsten/ auch
hier genawe achtung gegeben: wiewohl denselben auch die Frantzosen
selber offtmahls gewalt thun; von vns aber noch fast keiner/ meines wis-
sens/ sich darauff verstanden. Wegen der weltlichen Historien vnd art
zue reden/ die in diesem Lobgesange gebraucht werden/ hat es heutiges

tages
Q 4
Illius adjiciunt alas, talariaque hujus,
Mercuriuſque Orbi es alt er, & alter Amor.

Ich bin aber der gedancken/ es ſeyen dieſe vngewaffnete Goͤtter vnter
dem wilden ſchall der Heertrompetten vnd gerauſche der Waffen/ mit
dem gantz Deutſchlandt nun eine geraume zeit erfuͤllet geweſen/ nichts
nutze. Vmb die Troſtgedichte in widerwertigkeit des Krieges/ derer
ich verwiechenen Fruͤliug vier Buͤcher in Judlandt geſchrieben/
hat es ſolche beſchaffenheit/ das mir bey wehrendem zueſtande ſie in den
Druck zue bringen guete freunde wiederrahten. Dieſer Lobgeſang iſt
noch uͤbrig: zwar nicht aus meinem Gehirn entſponnen; aber doch
gaͤntzlich werth/ daß er nicht allein von mir in vnſere/ ſondern auch von
viel gelehrterern in aller welt zungen verſetzet werde. Der erfinder hier-
zue iſt der/ vber deſſen vngewoͤhnlichen geſchickligkeit ſich maͤnniglich/
ſo weiß was gelehrt ſein heiſſe/ mit recht verwundert; der weitberhuͤmb-
te Heinſius: welcher in dieſem Goͤttlichen gedichte/ das Scriverius bil-
lich die Perle ſeiner wercke heißt/ alle menſchliche vnd himliſche Weiß-
heit zueſammen geholet/ vnd die vngluͤckſeligen veraͤchter der hochflie-
genden Poeten zue ſchanden vnd zue nichte gemacht hat. Ich muß be-
kennen/ daß ſein Landtsmann einer nicht leuget/ als er an Den von
Diick ſchreiben darff/ er glaube nicht/ daß ein ſterblich Menſch gefun-
den werde/ der ohn bewegung vnd groſſe andacht dieſes treffliche Lied
koͤnne hoͤren oder leſen. Ich muß auch wol ſagen wie er/ daß es meine
hoͤchſte Poëſie geweſen ſey/ daran ich die zeit meines Lebens m̃ein euſ-
ſerſtes genuͤgen gehabt habe. Es iſt hier nichts ohne außerleſene wor-
te/ ohne tieffen verſtand/ ohne anleitung zue der Gottesfurcht: nichts
daß nicht mit der Heyligen Schrifft/ mit aller groſſen Helden/ aller ho-
hen Seelen/ aller Chriſtlichen Lehrer meinung vbereinſtimme: nichts
das wir Chriſten nicht alle miteinander bekennen. Was mich anlan-
get/ ob zwardas/ ſo ich hierbey gethan/ am aller wenigſten iſt; dannoch
wann ich das ende/ zue dem es von mir geſchehen/ auch die trew/ ſo ich
angewandt/ bedencke/ hoffe ich nicht/ daß mich andere hierumb tadlen/
oder vnſer Poet (im fall ich ſeine freundligkeit recht kenne) ſelber ver-
dencken wird. Auff den thon vnd das maß der Syllaben/ darinnen
nicht der minſte theil der ziehrligkeit beſtehet/ habe ich/ wie ſonſten/ auch
hier genawe achtung gegeben: wiewohl denſelben auch die Frantzoſen
ſelber offtmahls gewalt thun; von vns aber noch faſt keiner/ meines wiſ-
ſens/ ſich darauff verſtanden. Wegen der weltlichen Hiſtorien vnd art
zue reden/ die in dieſem Lobgeſange gebraucht werden/ hat es heutiges

tages
Q 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0139" n="119"/>
            <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Illius adjiciunt alas, talariaque hujus,</hi> </hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Mercuriu&#x017F;que Orbi es alt er, &amp; alter Amor.</hi> </hi> </l>
          </lg><lb/>
          <p>Ich bin aber der gedancken/ es &#x017F;eyen die&#x017F;e vngewaffnete Go&#x0364;tter vnter<lb/>
dem wilden &#x017F;chall der Heertrompetten vnd gerau&#x017F;che der Waffen/ mit<lb/>
dem gantz Deut&#x017F;chlandt nun eine geraume zeit erfu&#x0364;llet gewe&#x017F;en/ nichts<lb/>
nutze. Vmb die Tro&#x017F;tgedichte in widerwertigkeit des Krieges/ derer<lb/>
ich verwiechenen Fru&#x0364;liug vier Bu&#x0364;cher in Judlandt ge&#x017F;chrieben/<lb/>
hat es &#x017F;olche be&#x017F;chaffenheit/ das mir bey wehrendem zue&#x017F;tande &#x017F;ie in den<lb/>
Druck zue bringen guete freunde wiederrahten. Die&#x017F;er Lobge&#x017F;ang i&#x017F;t<lb/>
noch u&#x0364;brig: zwar nicht aus meinem Gehirn ent&#x017F;ponnen; aber doch<lb/>
ga&#x0364;ntzlich werth/ daß er nicht allein von mir in vn&#x017F;ere/ &#x017F;ondern auch von<lb/>
viel gelehrterern in aller welt zungen ver&#x017F;etzet werde. Der erfinder hier-<lb/>
zue i&#x017F;t der/ vber de&#x017F;&#x017F;en vngewo&#x0364;hnlichen ge&#x017F;chickligkeit &#x017F;ich ma&#x0364;nniglich/<lb/>
&#x017F;o weiß was gelehrt &#x017F;ein hei&#x017F;&#x017F;e/ mit recht verwundert; der weitberhu&#x0364;mb-<lb/>
te <hi rendition="#aq">Hein&#x017F;ius:</hi> welcher in die&#x017F;em Go&#x0364;ttlichen gedichte/ das <hi rendition="#aq">Scriverius</hi> bil-<lb/>
lich die Perle &#x017F;einer wercke heißt/ alle men&#x017F;chliche vnd himli&#x017F;che Weiß-<lb/>
heit zue&#x017F;ammen geholet/ vnd die vnglu&#x0364;ck&#x017F;eligen vera&#x0364;chter der hochflie-<lb/>
genden Poeten zue &#x017F;chanden vnd zue nichte gemacht hat. Ich muß be-<lb/>
kennen/ daß &#x017F;ein Landtsmann einer nicht leuget/ als er an Den von<lb/>
Diick &#x017F;chreiben darff/ er glaube nicht/ daß ein &#x017F;terblich Men&#x017F;ch gefun-<lb/>
den werde/ der ohn bewegung vnd gro&#x017F;&#x017F;e andacht die&#x017F;es treffliche Lied<lb/>
ko&#x0364;nne ho&#x0364;ren oder le&#x017F;en. Ich muß auch wol &#x017F;agen wie er/ daß es meine<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te <hi rendition="#aq">Poë&#x017F;ie</hi> gewe&#x017F;en &#x017F;ey/ daran ich die zeit meines Lebens m&#x0303;ein eu&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er&#x017F;tes genu&#x0364;gen gehabt habe. Es i&#x017F;t hier nichts ohne außerle&#x017F;ene wor-<lb/>
te/ ohne tieffen ver&#x017F;tand/ ohne anleitung zue der Gottesfurcht: nichts<lb/>
daß nicht mit der Heyligen Schrifft/ mit aller gro&#x017F;&#x017F;en Helden/ aller ho-<lb/>
hen Seelen/ aller Chri&#x017F;tlichen Lehrer meinung vberein&#x017F;timme: nichts<lb/>
das wir Chri&#x017F;ten nicht alle miteinander bekennen. Was mich anlan-<lb/>
get/ ob zwardas/ &#x017F;o ich hierbey gethan/ am aller wenig&#x017F;ten i&#x017F;t; dannoch<lb/>
wann ich das ende/ zue dem es von mir ge&#x017F;chehen/ auch die trew/ &#x017F;o ich<lb/>
angewandt/ bedencke/ hoffe ich nicht/ daß mich andere hierumb tadlen/<lb/>
oder vn&#x017F;er Poet (im fall ich &#x017F;eine freundligkeit recht kenne) &#x017F;elber ver-<lb/>
dencken wird. Auff den thon vnd das maß der Syllaben/ darinnen<lb/>
nicht der min&#x017F;te theil der ziehrligkeit be&#x017F;tehet/ habe ich/ wie &#x017F;on&#x017F;ten/ auch<lb/>
hier genawe achtung gegeben: wiewohl den&#x017F;elben auch die Frantzo&#x017F;en<lb/>
&#x017F;elber offtmahls gewalt thun; von vns aber noch fa&#x017F;t keiner/ meines wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ens/ &#x017F;ich darauff ver&#x017F;tanden. Wegen der weltlichen Hi&#x017F;torien vnd art<lb/>
zue reden/ die in die&#x017F;em Lobge&#x017F;ange gebraucht werden/ hat es heutiges<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw><fw place="bottom" type="catch">tages</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0139] Illius adjiciunt alas, talariaque hujus, Mercuriuſque Orbi es alt er, & alter Amor. Ich bin aber der gedancken/ es ſeyen dieſe vngewaffnete Goͤtter vnter dem wilden ſchall der Heertrompetten vnd gerauſche der Waffen/ mit dem gantz Deutſchlandt nun eine geraume zeit erfuͤllet geweſen/ nichts nutze. Vmb die Troſtgedichte in widerwertigkeit des Krieges/ derer ich verwiechenen Fruͤliug vier Buͤcher in Judlandt geſchrieben/ hat es ſolche beſchaffenheit/ das mir bey wehrendem zueſtande ſie in den Druck zue bringen guete freunde wiederrahten. Dieſer Lobgeſang iſt noch uͤbrig: zwar nicht aus meinem Gehirn entſponnen; aber doch gaͤntzlich werth/ daß er nicht allein von mir in vnſere/ ſondern auch von viel gelehrterern in aller welt zungen verſetzet werde. Der erfinder hier- zue iſt der/ vber deſſen vngewoͤhnlichen geſchickligkeit ſich maͤnniglich/ ſo weiß was gelehrt ſein heiſſe/ mit recht verwundert; der weitberhuͤmb- te Heinſius: welcher in dieſem Goͤttlichen gedichte/ das Scriverius bil- lich die Perle ſeiner wercke heißt/ alle menſchliche vnd himliſche Weiß- heit zueſammen geholet/ vnd die vngluͤckſeligen veraͤchter der hochflie- genden Poeten zue ſchanden vnd zue nichte gemacht hat. Ich muß be- kennen/ daß ſein Landtsmann einer nicht leuget/ als er an Den von Diick ſchreiben darff/ er glaube nicht/ daß ein ſterblich Menſch gefun- den werde/ der ohn bewegung vnd groſſe andacht dieſes treffliche Lied koͤnne hoͤren oder leſen. Ich muß auch wol ſagen wie er/ daß es meine hoͤchſte Poëſie geweſen ſey/ daran ich die zeit meines Lebens m̃ein euſ- ſerſtes genuͤgen gehabt habe. Es iſt hier nichts ohne außerleſene wor- te/ ohne tieffen verſtand/ ohne anleitung zue der Gottesfurcht: nichts daß nicht mit der Heyligen Schrifft/ mit aller groſſen Helden/ aller ho- hen Seelen/ aller Chriſtlichen Lehrer meinung vbereinſtimme: nichts das wir Chriſten nicht alle miteinander bekennen. Was mich anlan- get/ ob zwardas/ ſo ich hierbey gethan/ am aller wenigſten iſt; dannoch wann ich das ende/ zue dem es von mir geſchehen/ auch die trew/ ſo ich angewandt/ bedencke/ hoffe ich nicht/ daß mich andere hierumb tadlen/ oder vnſer Poet (im fall ich ſeine freundligkeit recht kenne) ſelber ver- dencken wird. Auff den thon vnd das maß der Syllaben/ darinnen nicht der minſte theil der ziehrligkeit beſtehet/ habe ich/ wie ſonſten/ auch hier genawe achtung gegeben: wiewohl denſelben auch die Frantzoſen ſelber offtmahls gewalt thun; von vns aber noch faſt keiner/ meines wiſ- ſens/ ſich darauff verſtanden. Wegen der weltlichen Hiſtorien vnd art zue reden/ die in dieſem Lobgeſange gebraucht werden/ hat es heutiges tages Q 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_poemata_1624
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_poemata_1624/139
Zitationshilfe: Opitz, Martin: Teutsche Pöemata und: Aristarchvs Wieder die verachtung Teutscher Sprach. Straßburg, 1624, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_poemata_1624/139>, abgerufen am 21.11.2024.