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Opitz, Martin: Schäfferey Von der Nimfen Hercinie. Breslau, 1630.

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Den eine göttin selbst zum himmel auffgeführet
Mitt jhrer frömigkeit; den Henrich hoch geziehret
Mitt blute für sein landt; dem seine grüne frucht
Kein wetter dieser zeit/ vndt keiner jhare flucht
Wirdt legen vnter sich auch dieser heldt soll schawen
Sich selbst in seiner art/ soll schöne pflantzen bawen
Von aller tugendt ziehr/ die lust vndt fröligkeit
Vndt rhum jhm machen wirdt die gantze lebenszeit.
Genung; was sonst allhier ist vnverzeichnet blieben/
Das ist mitt golde doch in vnser buch geschrieben.

Wir hatten vns an der schönen tafel die angen/ an der weißa-
gung aber/ welche wir nun mehrentheilserfüllet zue sein wußten/
auch das hertze erquickt/ vnd wünschten dem Helden solche erspröß-
liche wolfarth/ wie jhm allhier zue ende angekündigt würde. Die
andern Nunfen hatten sich vnter dem lesen alle hinauß verlohren/
Hercinie aber; Ihr hirten/ sagte sie/ so viel ist menschlichen augen
allhier zue besichtigen erlaubet/ vndt jhr werdet mitt meiner vndt
meiner schwestern anjetzo erzeigten gunst vergnüget sein. Also
fuhrte sie vns durch ein anderes thor in eine newe höle/ die zue wei-
len so enge war daß wir fast nach der seiten durch gehen mußten/
zueweilen aber viel thäler vndt berge in sich zue halten schiene.
Nach dem wir eine guete weile also gegangen waren/ kamen wir
an einen fast heißen ort/ voll schweffelichten dampffes/ zue deßen
beyden seiten ein knallen vndt prausen gleichsam eines auffkochen-
den waßers/ vndt ich wußte nicht was für ein gethöne gehöret
wardt. Vns war nicht aller maßen wol bey der sache; Ich habe/
fieng aber die Nimfe an/ euch nicht ohn vrsach an dieses ort gefüh-
ret. Wißet daß Sicilien nicht allein Cyclopen/ vndt Theßalien
Titanen getragen hatt; es liegen allhier zweene mächtige Gigan-
ten/ welche sich eben wie jene an dem himmel zue vergreiffen vnter

stan-
Den eine goͤttin ſelbſt zum himmel auffgefuͤhret
Mitt jhrer froͤmigkeit; den Henrich hoch geziehret
Mitt blute fuͤr ſein landt; dem ſeine gruͤne frucht
Kein wetter dieſer zeit/ vndt keiner jhare flucht
Wirdt legen vnter ſich auch dieſer heldt ſoll ſchawen
Sich ſelbſt in ſeiner art/ ſoll ſchoͤne pflantzen bawen
Von aller tugendt ziehr/ die luſt vndt froͤligkeit
Vndt rhum jhm machen wirdt die gantze lebenszeit.
Genung; was ſonſt allhier iſt vnverzeichnet blieben/
Das iſt mitt golde doch in vnſer buch geſchrieben.

Wir hatten vns an der ſchoͤnen tafel die angen/ an der weißa-
gung aber/ welche wir nun mehrentheilserfuͤllet zue ſein wußten/
auch das hertze erquickt/ vnd wuͤnſchten dem Helden ſolche erſproͤß-
liche wolfarth/ wie jhm allhier zue ende angekuͤndigt wuͤrde. Die
andern Nunfen hatten ſich vnter dem leſen alle hinauß verlohren/
Hercinie aber; Ihr hirten/ ſagte ſie/ ſo viel iſt menſchlichen augen
allhier zue beſichtigen erlaubet/ vndt jhr werdet mitt meiner vndt
meiner ſchweſtern anjetzo erzeigten gunſt vergnuͤget ſein. Alſo
fuhrte ſie vns durch ein anderes thor in eine newe hoͤle/ die zue wei-
len ſo enge war daß wir faſt nach der ſeiten durch gehen mußten/
zueweilen aber viel thaͤler vndt berge in ſich zue halten ſchiene.
Nach dem wir eine guete weile alſo gegangen waren/ kamen wir
an einen faſt heißen ort/ voll ſchweffelichten dampffes/ zue deßen
beyden ſeiten ein knallen vndt prauſen gleichſam eines auffkochen-
den waßers/ vndt ich wußte nicht was fuͤr ein gethoͤne gehoͤret
wardt. Vns war nicht aller maßen wol bey der ſache; Ich habe/
fieng aber die Nimfe an/ euch nicht ohn vrſach an dieſes ort gefuͤh-
ret. Wißet daß Sicilien nicht allein Cyclopen/ vndt Theßalien
Titanen getragen hatt; es liegen allhier zweene maͤchtige Gigan-
ten/ welche ſich eben wie jene an dem himmel zue vergreiffen vnter

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[44/0044] Den eine goͤttin ſelbſt zum himmel auffgefuͤhret Mitt jhrer froͤmigkeit; den Henrich hoch geziehret Mitt blute fuͤr ſein landt; dem ſeine gruͤne frucht Kein wetter dieſer zeit/ vndt keiner jhare flucht Wirdt legen vnter ſich auch dieſer heldt ſoll ſchawen Sich ſelbſt in ſeiner art/ ſoll ſchoͤne pflantzen bawen Von aller tugendt ziehr/ die luſt vndt froͤligkeit Vndt rhum jhm machen wirdt die gantze lebenszeit. Genung; was ſonſt allhier iſt vnverzeichnet blieben/ Das iſt mitt golde doch in vnſer buch geſchrieben. Wir hatten vns an der ſchoͤnen tafel die angen/ an der weißa- gung aber/ welche wir nun mehrentheilserfuͤllet zue ſein wußten/ auch das hertze erquickt/ vnd wuͤnſchten dem Helden ſolche erſproͤß- liche wolfarth/ wie jhm allhier zue ende angekuͤndigt wuͤrde. Die andern Nunfen hatten ſich vnter dem leſen alle hinauß verlohren/ Hercinie aber; Ihr hirten/ ſagte ſie/ ſo viel iſt menſchlichen augen allhier zue beſichtigen erlaubet/ vndt jhr werdet mitt meiner vndt meiner ſchweſtern anjetzo erzeigten gunſt vergnuͤget ſein. Alſo fuhrte ſie vns durch ein anderes thor in eine newe hoͤle/ die zue wei- len ſo enge war daß wir faſt nach der ſeiten durch gehen mußten/ zueweilen aber viel thaͤler vndt berge in ſich zue halten ſchiene. Nach dem wir eine guete weile alſo gegangen waren/ kamen wir an einen faſt heißen ort/ voll ſchweffelichten dampffes/ zue deßen beyden ſeiten ein knallen vndt prauſen gleichſam eines auffkochen- den waßers/ vndt ich wußte nicht was fuͤr ein gethoͤne gehoͤret wardt. Vns war nicht aller maßen wol bey der ſache; Ich habe/ fieng aber die Nimfe an/ euch nicht ohn vrſach an dieſes ort gefuͤh- ret. Wißet daß Sicilien nicht allein Cyclopen/ vndt Theßalien Titanen getragen hatt; es liegen allhier zweene maͤchtige Gigan- ten/ welche ſich eben wie jene an dem himmel zue vergreiffen vnter ſtan-

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Zitationshilfe: Opitz, Martin: Schäfferey Von der Nimfen Hercinie. Breslau, 1630, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/opitz_schaefferey_1630/44>, abgerufen am 03.12.2024.