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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

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"Das ist eine närrische Frage," sagte Johannes ver-
wundert, "denn ich ging eben nur mit, weil ich einmal
dachte, wir gingen Alle, und es sei meine Pflicht, den
Mädchen behülflich zu sein --" und er erzählte den
ganzen kleinen Hergang von vorhin.

Friedrich sah ziemlich unbefriedigt stumm vor sich
nieder und kaute an den Nägeln. Endlich sagte er nur:
"So, so," wohl nur, um Etwas von sich zu geben,
weil er merken konnte, daß Johannes auf ein paar Worte
von ihm wartete. Dieser begann nun seinerseits zu
fragen:

"Aber sage, was Du hast? Jhr scherzt und geht
ja auch mit den Mädchen hier, warum soll ich's denn
nicht auch so machen?"

"Johannes!" begann Friedrich wieder nach einer
langen Pause, "ich will Dir's lieber gleich sagen, was
bis jetzt noch keine Menschenseele weiß, sie selber auch
nicht -- die Laura hab' ich lieb --"

"Sieh, das ist brav!" rief Johannes, "ich merke,
daß Du noch der alte, ehrliche Bursche bist! Du hast
die Laura so lieb, daß Du jetzt schon ein Bischen eifer-
süchtig gewesen bist, weil Du es nicht unnatürlich fin-
dest, daß mir das hübsche Mädchen auch gefiele -- da
sagst Du mir Dein zartes Geheimniß lieber gleich, da-
mit ich Dir nicht in's Gehege komme -- jetzt, denkst

„Das iſt eine naͤrriſche Frage,“ ſagte Johannes ver-
wundert, „denn ich ging eben nur mit, weil ich einmal
dachte, wir gingen Alle, und es ſei meine Pflicht, den
Maͤdchen behuͤlflich zu ſein —“ und er erzaͤhlte den
ganzen kleinen Hergang von vorhin.

Friedrich ſah ziemlich unbefriedigt ſtumm vor ſich
nieder und kaute an den Naͤgeln. Endlich ſagte er nur:
„So, ſo,“ wohl nur, um Etwas von ſich zu geben,
weil er merken konnte, daß Johannes auf ein paar Worte
von ihm wartete. Dieſer begann nun ſeinerſeits zu
fragen:

„Aber ſage, was Du haſt? Jhr ſcherzt und geht
ja auch mit den Maͤdchen hier, warum ſoll ich’s denn
nicht auch ſo machen?“

„Johannes!“ begann Friedrich wieder nach einer
langen Pauſe, „ich will Dir’s lieber gleich ſagen, was
bis jetzt noch keine Menſchenſeele weiß, ſie ſelber auch
nicht — die Laura hab’ ich lieb —“

„Sieh, das iſt brav!“ rief Johannes, „ich merke,
daß Du noch der alte, ehrliche Burſche biſt! Du haſt
die Laura ſo lieb, daß Du jetzt ſchon ein Bischen eifer-
ſuͤchtig geweſen biſt, weil Du es nicht unnatuͤrlich fin-
deſt, daß mir das huͤbſche Maͤdchen auch gefiele — da
ſagſt Du mir Dein zartes Geheimniß lieber gleich, da-
mit ich Dir nicht in’s Gehege komme — jetzt, denkſt

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[117/0125] „Das iſt eine naͤrriſche Frage,“ ſagte Johannes ver- wundert, „denn ich ging eben nur mit, weil ich einmal dachte, wir gingen Alle, und es ſei meine Pflicht, den Maͤdchen behuͤlflich zu ſein —“ und er erzaͤhlte den ganzen kleinen Hergang von vorhin. Friedrich ſah ziemlich unbefriedigt ſtumm vor ſich nieder und kaute an den Naͤgeln. Endlich ſagte er nur: „So, ſo,“ wohl nur, um Etwas von ſich zu geben, weil er merken konnte, daß Johannes auf ein paar Worte von ihm wartete. Dieſer begann nun ſeinerſeits zu fragen: „Aber ſage, was Du haſt? Jhr ſcherzt und geht ja auch mit den Maͤdchen hier, warum ſoll ich’s denn nicht auch ſo machen?“ „Johannes!“ begann Friedrich wieder nach einer langen Pauſe, „ich will Dir’s lieber gleich ſagen, was bis jetzt noch keine Menſchenſeele weiß, ſie ſelber auch nicht — die Laura hab’ ich lieb —“ „Sieh, das iſt brav!“ rief Johannes, „ich merke, daß Du noch der alte, ehrliche Burſche biſt! Du haſt die Laura ſo lieb, daß Du jetzt ſchon ein Bischen eifer- ſuͤchtig geweſen biſt, weil Du es nicht unnatuͤrlich fin- deſt, daß mir das huͤbſche Maͤdchen auch gefiele — da ſagſt Du mir Dein zartes Geheimniß lieber gleich, da- mit ich Dir nicht in’s Gehege komme — jetzt, denkſt

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Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/125>, abgerufen am 04.12.2024.