hönisches, gemeines Gelächter aus, "das wird auch ein schö- nes Vergnügen sein, das fehlte noch, daß wir die Brüllerei auch hier hören müßten, man ärgert sich in der Stadt ge- nug -- nun, der Versemacher wird heute wohl nur den Mond anschreien wollen und die andern werden's dicke bekommen, nach seiner Pfeife zu tanzen."
"Jch glaube vielmehr," sagte der Bote Martin, "unser sauberer Herr Schulmeister hat Alles angestellt, der ist so von denselben Gelüsten und stürzte im Dorfe gern das Oberste zu Unterst, wenn er nur könnte! Die Singerei da oben sieht ihm ähnlich -- ob da nicht wieder so ein Unsinn dabei heraus kommen wird, wie der Zug nach der Eisenbahn war."
"Ja, die Dummheit hab' ich auch nicht mitgemacht," sagte Christlieb, "aber da ist auch der Pfarrer so schwach, nimmt ihn noch in Schutz und läßt ihm so viel freien Willen -- mir sollt' er kommen mit seinen Aufzügen!"
"Und daß der's auch zugelassen, was er in der Kirche selbst vorgenommen hat!" warf der Wirth wieder hin. "Sonst sang man doch ein Lied ordentlich langsam mit Bedacht, das geht jetzt aber wer weiß wie schnell und die Orgel spielt er auch ganz anders als der vorige Schul- meister. Da singen sie auch jetzt nur, wo sonst schöne Musik war und von der ist gar nichts mehr zu hören und zu sehen -- die Posaune und die Orgel selber ausgenom-
9
hoͤniſches, gemeines Gelaͤchter aus, „das wird auch ein ſchoͤ- nes Vergnuͤgen ſein, das fehlte noch, daß wir die Bruͤllerei auch hier hoͤren muͤßten, man aͤrgert ſich in der Stadt ge- nug — nun, der Verſemacher wird heute wohl nur den Mond anſchreien wollen und die andern werden’s dicke bekommen, nach ſeiner Pfeife zu tanzen.“
„Jch glaube vielmehr,“ ſagte der Bote Martin, „unſer ſauberer Herr Schulmeiſter hat Alles angeſtellt, der iſt ſo von denſelben Geluͤſten und ſtuͤrzte im Dorfe gern das Oberſte zu Unterſt, wenn er nur koͤnnte! Die Singerei da oben ſieht ihm aͤhnlich — ob da nicht wieder ſo ein Unſinn dabei heraus kommen wird, wie der Zug nach der Eiſenbahn war.“
„Ja, die Dummheit hab’ ich auch nicht mitgemacht,“ ſagte Chriſtlieb, „aber da iſt auch der Pfarrer ſo ſchwach, nimmt ihn noch in Schutz und laͤßt ihm ſo viel freien Willen — mir ſollt’ er kommen mit ſeinen Aufzuͤgen!“
„Und daß der’s auch zugelaſſen, was er in der Kirche ſelbſt vorgenommen hat!“ warf der Wirth wieder hin. „Sonſt ſang man doch ein Lied ordentlich langſam mit Bedacht, das geht jetzt aber wer weiß wie ſchnell und die Orgel ſpielt er auch ganz anders als der vorige Schul- meiſter. Da ſingen ſie auch jetzt nur, wo ſonſt ſchoͤne Muſik war und von der iſt gar nichts mehr zu hoͤren und zu ſehen — die Poſaune und die Orgel ſelber ausgenom-
9
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0137"n="129"/>
hoͤniſches, gemeines Gelaͤchter aus, „das wird auch ein ſchoͤ-<lb/>
nes Vergnuͤgen ſein, das fehlte noch, daß wir die Bruͤllerei<lb/>
auch hier hoͤren muͤßten, man aͤrgert ſich in der Stadt ge-<lb/>
nug — nun, der Verſemacher wird heute wohl nur den<lb/>
Mond anſchreien wollen und die andern werden’s dicke<lb/>
bekommen, nach ſeiner Pfeife zu tanzen.“</p><lb/><p>„Jch glaube vielmehr,“ſagte der Bote Martin, „unſer<lb/>ſauberer Herr Schulmeiſter hat Alles angeſtellt, der iſt ſo<lb/>
von denſelben Geluͤſten und ſtuͤrzte im Dorfe gern das<lb/>
Oberſte zu Unterſt, wenn er nur koͤnnte! Die Singerei<lb/>
da oben ſieht ihm aͤhnlich — ob da nicht wieder ſo ein<lb/>
Unſinn dabei heraus kommen wird, wie der Zug nach der<lb/>
Eiſenbahn war.“</p><lb/><p>„Ja, die Dummheit hab’ ich auch nicht mitgemacht,“<lb/>ſagte Chriſtlieb, „aber da iſt auch der Pfarrer ſo ſchwach,<lb/>
nimmt ihn noch in Schutz und laͤßt ihm ſo viel freien<lb/>
Willen — mir ſollt’ er kommen mit ſeinen Aufzuͤgen!“</p><lb/><p>„Und daß der’s auch zugelaſſen, was er in der Kirche<lb/>ſelbſt vorgenommen hat!“ warf der Wirth wieder hin.<lb/>„Sonſt ſang man doch ein Lied ordentlich langſam mit<lb/>
Bedacht, das geht jetzt aber wer weiß wie ſchnell und die<lb/>
Orgel ſpielt er auch ganz anders als der vorige Schul-<lb/>
meiſter. Da ſingen ſie auch jetzt nur, wo ſonſt ſchoͤne<lb/>
Muſik war und von der iſt gar nichts mehr zu hoͤren und<lb/>
zu ſehen — die Poſaune und die Orgel ſelber ausgenom-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">9</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[129/0137]
hoͤniſches, gemeines Gelaͤchter aus, „das wird auch ein ſchoͤ-
nes Vergnuͤgen ſein, das fehlte noch, daß wir die Bruͤllerei
auch hier hoͤren muͤßten, man aͤrgert ſich in der Stadt ge-
nug — nun, der Verſemacher wird heute wohl nur den
Mond anſchreien wollen und die andern werden’s dicke
bekommen, nach ſeiner Pfeife zu tanzen.“
„Jch glaube vielmehr,“ ſagte der Bote Martin, „unſer
ſauberer Herr Schulmeiſter hat Alles angeſtellt, der iſt ſo
von denſelben Geluͤſten und ſtuͤrzte im Dorfe gern das
Oberſte zu Unterſt, wenn er nur koͤnnte! Die Singerei
da oben ſieht ihm aͤhnlich — ob da nicht wieder ſo ein
Unſinn dabei heraus kommen wird, wie der Zug nach der
Eiſenbahn war.“
„Ja, die Dummheit hab’ ich auch nicht mitgemacht,“
ſagte Chriſtlieb, „aber da iſt auch der Pfarrer ſo ſchwach,
nimmt ihn noch in Schutz und laͤßt ihm ſo viel freien
Willen — mir ſollt’ er kommen mit ſeinen Aufzuͤgen!“
„Und daß der’s auch zugelaſſen, was er in der Kirche
ſelbſt vorgenommen hat!“ warf der Wirth wieder hin.
„Sonſt ſang man doch ein Lied ordentlich langſam mit
Bedacht, das geht jetzt aber wer weiß wie ſchnell und die
Orgel ſpielt er auch ganz anders als der vorige Schul-
meiſter. Da ſingen ſie auch jetzt nur, wo ſonſt ſchoͤne
Muſik war und von der iſt gar nichts mehr zu hoͤren und
zu ſehen — die Poſaune und die Orgel ſelber ausgenom-
9
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/137>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.