Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

Solches Alles und noch viel Aehnliches hatte der För-
ster übertrieben und verläumderisch an den stolzen Grafen
berichtet, der wirklich über all diese Neuigkeiten ganz erstaunt
und entsetzt war. Das hätte er dem Johannes doch nicht
zugetraut -- er hatte immer gemeint, da derselbe sich
auch unter vornehmen Leuten so heimisch zu benehmen
wisse, ja ganz stolz unter ihnen auftrete, so sei es doch
wohl nur eben Rederei von ihm, wenn er die Bauern
seine Brüder nenne, wenn er wieder unter sie komme,
werde es ihm schon vergehen, mit diesen dummen und ro-
hen Gesellen, wie der Graf die Landleute zu nennen be-
liebte, sich einzulassen. Ja, der Graf nahm es für eine
Bestätigung dieser Ansicht, als Johannes ihn um die
Wohnung in der Burgruine bat. Das thut er doch
nur, weil ihm die Bauernhütten zu schlecht sind, fol-
gerte der Graf. Jetzt fand er sich nun durch den Brief
des Försters plötzlich eines Andern überzeugt -- und Al-
les, was er jetzt von Johannes erfuhr, stieg über seine
Fassungskraft. Am meisten aber entsetzte es ihn doch,
was er über die Jagdangelegenheit vernehmen mußte.
Die Jagd war sein Hauptvergnügen, wie das vieler mit-
telalterlichen großen Herren, und Nichts brachte ihn so
sehr in Wuth, als wenn ihn Jemand Etwas da hinein
reden wollte -- und nun gar die Bauern seines Dorfes
und in seinem eignen Revier. Er hätte eher Himmels

Solches Alles und noch viel Aehnliches hatte der Foͤr-
ſter uͤbertrieben und verlaͤumderiſch an den ſtolzen Grafen
berichtet, der wirklich uͤber all dieſe Neuigkeiten ganz erſtaunt
und entſetzt war. Das haͤtte er dem Johannes doch nicht
zugetraut — er hatte immer gemeint, da derſelbe ſich
auch unter vornehmen Leuten ſo heimiſch zu benehmen
wiſſe, ja ganz ſtolz unter ihnen auftrete, ſo ſei es doch
wohl nur eben Rederei von ihm, wenn er die Bauern
ſeine Bruͤder nenne, wenn er wieder unter ſie komme,
werde es ihm ſchon vergehen, mit dieſen dummen und ro-
hen Geſellen, wie der Graf die Landleute zu nennen be-
liebte, ſich einzulaſſen. Ja, der Graf nahm es fuͤr eine
Beſtaͤtigung dieſer Anſicht, als Johannes ihn um die
Wohnung in der Burgruine bat. Das thut er doch
nur, weil ihm die Bauernhuͤtten zu ſchlecht ſind, fol-
gerte der Graf. Jetzt fand er ſich nun durch den Brief
des Foͤrſters ploͤtzlich eines Andern uͤberzeugt — und Al-
les, was er jetzt von Johannes erfuhr, ſtieg uͤber ſeine
Faſſungskraft. Am meiſten aber entſetzte es ihn doch,
was er uͤber die Jagdangelegenheit vernehmen mußte.
Die Jagd war ſein Hauptvergnuͤgen, wie das vieler mit-
telalterlichen großen Herren, und Nichts brachte ihn ſo
ſehr in Wuth, als wenn ihn Jemand Etwas da hinein
reden wollte — und nun gar die Bauern ſeines Dorfes
und in ſeinem eignen Revier. Er haͤtte eher Himmels

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0285" n="277"/>
        <p>Solches Alles und noch viel Aehnliches hatte der Fo&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ter u&#x0364;bertrieben und verla&#x0364;umderi&#x017F;ch an den &#x017F;tolzen Grafen<lb/>
berichtet, der wirklich u&#x0364;ber all die&#x017F;e Neuigkeiten ganz er&#x017F;taunt<lb/>
und ent&#x017F;etzt war. Das ha&#x0364;tte er dem Johannes doch nicht<lb/>
zugetraut &#x2014; er hatte immer gemeint, da der&#x017F;elbe &#x017F;ich<lb/>
auch unter vornehmen Leuten &#x017F;o heimi&#x017F;ch zu benehmen<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e, ja ganz &#x017F;tolz unter ihnen auftrete, &#x017F;o &#x017F;ei es doch<lb/>
wohl nur eben Rederei von ihm, wenn er die Bauern<lb/>
&#x017F;eine Bru&#x0364;der nenne, wenn er wieder unter &#x017F;ie komme,<lb/>
werde es ihm &#x017F;chon vergehen, mit die&#x017F;en dummen und ro-<lb/>
hen Ge&#x017F;ellen, wie der Graf die Landleute zu nennen be-<lb/>
liebte, &#x017F;ich einzula&#x017F;&#x017F;en. Ja, der Graf nahm es fu&#x0364;r eine<lb/>
Be&#x017F;ta&#x0364;tigung die&#x017F;er An&#x017F;icht, als Johannes ihn um die<lb/>
Wohnung in der Burgruine bat. Das thut er doch<lb/>
nur, weil ihm die Bauernhu&#x0364;tten zu &#x017F;chlecht &#x017F;ind, fol-<lb/>
gerte der Graf. Jetzt fand er &#x017F;ich nun durch den Brief<lb/>
des Fo&#x0364;r&#x017F;ters plo&#x0364;tzlich eines Andern u&#x0364;berzeugt &#x2014; und Al-<lb/>
les, was er jetzt von Johannes erfuhr, &#x017F;tieg u&#x0364;ber &#x017F;eine<lb/>
Fa&#x017F;&#x017F;ungskraft. Am mei&#x017F;ten aber ent&#x017F;etzte es ihn doch,<lb/>
was er u&#x0364;ber die Jagdangelegenheit vernehmen mußte.<lb/>
Die Jagd war &#x017F;ein Hauptvergnu&#x0364;gen, wie das vieler mit-<lb/>
telalterlichen großen Herren, und Nichts brachte ihn &#x017F;o<lb/>
&#x017F;ehr in Wuth, als wenn ihn Jemand Etwas da hinein<lb/>
reden wollte &#x2014; und nun gar die Bauern &#x017F;eines Dorfes<lb/>
und in &#x017F;einem eignen Revier. Er ha&#x0364;tte eher Himmels<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0285] Solches Alles und noch viel Aehnliches hatte der Foͤr- ſter uͤbertrieben und verlaͤumderiſch an den ſtolzen Grafen berichtet, der wirklich uͤber all dieſe Neuigkeiten ganz erſtaunt und entſetzt war. Das haͤtte er dem Johannes doch nicht zugetraut — er hatte immer gemeint, da derſelbe ſich auch unter vornehmen Leuten ſo heimiſch zu benehmen wiſſe, ja ganz ſtolz unter ihnen auftrete, ſo ſei es doch wohl nur eben Rederei von ihm, wenn er die Bauern ſeine Bruͤder nenne, wenn er wieder unter ſie komme, werde es ihm ſchon vergehen, mit dieſen dummen und ro- hen Geſellen, wie der Graf die Landleute zu nennen be- liebte, ſich einzulaſſen. Ja, der Graf nahm es fuͤr eine Beſtaͤtigung dieſer Anſicht, als Johannes ihn um die Wohnung in der Burgruine bat. Das thut er doch nur, weil ihm die Bauernhuͤtten zu ſchlecht ſind, fol- gerte der Graf. Jetzt fand er ſich nun durch den Brief des Foͤrſters ploͤtzlich eines Andern uͤberzeugt — und Al- les, was er jetzt von Johannes erfuhr, ſtieg uͤber ſeine Faſſungskraft. Am meiſten aber entſetzte es ihn doch, was er uͤber die Jagdangelegenheit vernehmen mußte. Die Jagd war ſein Hauptvergnuͤgen, wie das vieler mit- telalterlichen großen Herren, und Nichts brachte ihn ſo ſehr in Wuth, als wenn ihn Jemand Etwas da hinein reden wollte — und nun gar die Bauern ſeines Dorfes und in ſeinem eignen Revier. Er haͤtte eher Himmels

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/285
Zitationshilfe: Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/285>, abgerufen am 22.11.2024.