kränzlein in's Haar gewunden, ihr Vater, als unsres Schulmeisters Gönner -- aber Suschens Vater ver- mochte eben auch Nichts mehr im Dorf, denn weil er damals die Turnerei erlaubt und all das "Unwesen" ge- stattet und begünstigt hatte, wie die grießgrämlichen Leute sagten, so war er von Amtswegen seines bisherigen Schul- zenamts entsetzt und dasselbe in die Hände des reichen Damme, Christliebs Vater, gelegt worden, der, wie er sagte, die übermüthigen Bursche besser im Zaum zu hal- ten wissen werde als er. Dann war noch Traugott da mit seiner Frau Käthe und natürlich Friedrichs Vater, so wie ein Bruder desselben mit seiner Frau. Jndeß saßen sie alle recht gemüthlich zusammen in der Pfarre und wenn sie auch dachten: wie viel schöner müßt' es sein, wenn der liebe Johannes mit dabei sein könnte, der nun immer noch gefangen sitzt von aller Welt verlassen! und wenn sie auch Alle recht wehmüthig darein schauten, wie sie seine Gesundheit tranken, so waren sie doch übri- gens heiter und vergaßen der traurigen Zeiten in dem Glück eines liebenden, zärtlichen Paares.
Die vier ältlichen Männer hatten sich zum Spiel ge- setzt, das Brautpaar saß in einer Ecke und schnäbelte mit einander, die Pfarrerin sprach mit Käthe und Friedrichs Muhme von Kinderzucht und Kindernoth und Glück -- Suschen und unser Schulmeister waren recht eigentlich
kraͤnzlein in’s Haar gewunden, ihr Vater, als unſres Schulmeiſters Goͤnner — aber Suschens Vater ver- mochte eben auch Nichts mehr im Dorf, denn weil er damals die Turnerei erlaubt und all das „Unweſen“ ge- ſtattet und beguͤnſtigt hatte, wie die grießgraͤmlichen Leute ſagten, ſo war er von Amtswegen ſeines bisherigen Schul- zenamts entſetzt und daſſelbe in die Haͤnde des reichen Damme, Chriſtliebs Vater, gelegt worden, der, wie er ſagte, die uͤbermuͤthigen Burſche beſſer im Zaum zu hal- ten wiſſen werde als er. Dann war noch Traugott da mit ſeiner Frau Kaͤthe und natuͤrlich Friedrichs Vater, ſo wie ein Bruder deſſelben mit ſeiner Frau. Jndeß ſaßen ſie alle recht gemuͤthlich zuſammen in der Pfarre und wenn ſie auch dachten: wie viel ſchoͤner muͤßt’ es ſein, wenn der liebe Johannes mit dabei ſein koͤnnte, der nun immer noch gefangen ſitzt von aller Welt verlaſſen! und wenn ſie auch Alle recht wehmuͤthig darein ſchauten, wie ſie ſeine Geſundheit tranken, ſo waren ſie doch uͤbri- gens heiter und vergaßen der traurigen Zeiten in dem Gluͤck eines liebenden, zaͤrtlichen Paares.
Die vier aͤltlichen Maͤnner hatten ſich zum Spiel ge- ſetzt, das Brautpaar ſaß in einer Ecke und ſchnaͤbelte mit einander, die Pfarrerin ſprach mit Kaͤthe und Friedrichs Muhme von Kinderzucht und Kindernoth und Gluͤck — Suschen und unſer Schulmeiſter waren recht eigentlich
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kraͤnzlein in’s Haar gewunden, ihr Vater, als unſres
Schulmeiſters Goͤnner — aber Suschens Vater ver-
mochte eben auch Nichts mehr im Dorf, denn weil er
damals die Turnerei erlaubt und all das „Unweſen“ ge-
ſtattet und beguͤnſtigt hatte, wie die grießgraͤmlichen Leute
ſagten, ſo war er von Amtswegen ſeines bisherigen Schul-
zenamts entſetzt und daſſelbe in die Haͤnde des reichen
Damme, Chriſtliebs Vater, gelegt worden, der, wie er
ſagte, die uͤbermuͤthigen Burſche beſſer im Zaum zu hal-
ten wiſſen werde als er. Dann war noch Traugott da
mit ſeiner Frau Kaͤthe und natuͤrlich Friedrichs Vater,
ſo wie ein Bruder deſſelben mit ſeiner Frau. Jndeß
ſaßen ſie alle recht gemuͤthlich zuſammen in der Pfarre
und wenn ſie auch dachten: wie viel ſchoͤner muͤßt’ es
ſein, wenn der liebe Johannes mit dabei ſein koͤnnte, der
nun immer noch gefangen ſitzt von aller Welt verlaſſen!
und wenn ſie auch Alle recht wehmuͤthig darein ſchauten,
wie ſie ſeine Geſundheit tranken, ſo waren ſie doch uͤbri-
gens heiter und vergaßen der traurigen Zeiten in dem
Gluͤck eines liebenden, zaͤrtlichen Paares.
Die vier aͤltlichen Maͤnner hatten ſich zum Spiel ge-
ſetzt, das Brautpaar ſaß in einer Ecke und ſchnaͤbelte mit
einander, die Pfarrerin ſprach mit Kaͤthe und Friedrichs
Muhme von Kinderzucht und Kindernoth und Gluͤck —
Suschen und unſer Schulmeiſter waren recht eigentlich
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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