die sie doch jedesmal wegzog -- so fuhr sie fort: "Also der Gerichtshalter ließ seinen Buben beim Herrn Pfarrer selber Schule geben und da der meinte, Einer allein sei nicht gut, so kamen Friedrich und Johannes mit dazu. Aber der lernte von Allen am Besten, wie der Herr Pfarrer immer sagte. So ging es nun auch fort, wie sein Vater todt war, Eva hatte für den Buben nicht viel zu sorgen und nun seht: wie der Junge des Ge- richtshalters Vierzehn war, zum Abendmahl ging und dann in die Stadt sollte auf eine Schul', um einmal ein Gelehrter zu werden, da sagte der Bube, er ginge nicht, wenn Johannes nicht mit ginge. Der Gerichts- halter überlegt es hin und her und endlich entschloß er sich doch, denn er war reich und hatte weiter keine Kin- der. Und so gingen die beiden zusammen fort und Mutter Eva hatte nun ihren Johannes immer nur, wenn Ferien war, da kam er her. Wie er nun aber immer größer ward und immer klüger, zog er noch weiter fort auf die Hochschul' und ward ein großer Herr Studente. Da war es auch, wo der Gerichtshalter hier fortkam und wir haben seitdem Niemand von seiner ganzen Sippschaft wieder gesehen. Johannes ist nun aber auch seit Jahren nicht zur Mutter Eva gekom- men, weil die Stadt so weit ist, in der er studirt -- und weil das Studiren so viel Geld kostet, daß er gar nicht Alles von seinem Wohlthäter annehmen mag, viel-
die ſie doch jedesmal wegzog — ſo fuhr ſie fort: „Alſo der Gerichtshalter ließ ſeinen Buben beim Herrn Pfarrer ſelber Schule geben und da der meinte, Einer allein ſei nicht gut, ſo kamen Friedrich und Johannes mit dazu. Aber der lernte von Allen am Beſten, wie der Herr Pfarrer immer ſagte. So ging es nun auch fort, wie ſein Vater todt war, Eva hatte fuͤr den Buben nicht viel zu ſorgen und nun ſeht: wie der Junge des Ge- richtshalters Vierzehn war, zum Abendmahl ging und dann in die Stadt ſollte auf eine Schul’, um einmal ein Gelehrter zu werden, da ſagte der Bube, er ginge nicht, wenn Johannes nicht mit ginge. Der Gerichts- halter uͤberlegt es hin und her und endlich entſchloß er ſich doch, denn er war reich und hatte weiter keine Kin- der. Und ſo gingen die beiden zuſammen fort und Mutter Eva hatte nun ihren Johannes immer nur, wenn Ferien war, da kam er her. Wie er nun aber immer groͤßer ward und immer kluͤger, zog er noch weiter fort auf die Hochſchul’ und ward ein großer Herr Studente. Da war es auch, wo der Gerichtshalter hier fortkam und wir haben ſeitdem Niemand von ſeiner ganzen Sippſchaft wieder geſehen. Johannes iſt nun aber auch ſeit Jahren nicht zur Mutter Eva gekom- men, weil die Stadt ſo weit iſt, in der er ſtudirt — und weil das Studiren ſo viel Geld koſtet, daß er gar nicht Alles von ſeinem Wohlthaͤter annehmen mag, viel-
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die ſie doch jedesmal wegzog — ſo fuhr ſie fort: „Alſo
der Gerichtshalter ließ ſeinen Buben beim Herrn Pfarrer
ſelber Schule geben und da der meinte, Einer allein ſei
nicht gut, ſo kamen Friedrich und Johannes mit dazu.
Aber der lernte von Allen am Beſten, wie der Herr
Pfarrer immer ſagte. So ging es nun auch fort, wie
ſein Vater todt war, Eva hatte fuͤr den Buben nicht
viel zu ſorgen und nun ſeht: wie der Junge des Ge-
richtshalters Vierzehn war, zum Abendmahl ging und
dann in die Stadt ſollte auf eine Schul’, um einmal
ein Gelehrter zu werden, da ſagte der Bube, er ginge
nicht, wenn Johannes nicht mit ginge. Der Gerichts-
halter uͤberlegt es hin und her und endlich entſchloß er
ſich doch, denn er war reich und hatte weiter keine Kin-
der. Und ſo gingen die beiden zuſammen fort und
Mutter Eva hatte nun ihren Johannes immer nur,
wenn Ferien war, da kam er her. Wie er nun aber
immer groͤßer ward und immer kluͤger, zog er noch
weiter fort auf die Hochſchul’ und ward ein großer Herr
Studente. Da war es auch, wo der Gerichtshalter hier
fortkam und wir haben ſeitdem Niemand von ſeiner
ganzen Sippſchaft wieder geſehen. Johannes iſt nun
aber auch ſeit Jahren nicht zur Mutter Eva gekom-
men, weil die Stadt ſo weit iſt, in der er ſtudirt —
und weil das Studiren ſo viel Geld koſtet, daß er gar
nicht Alles von ſeinem Wohlthaͤter annehmen mag, viel-
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Otto-Peters, Louise: Ein Bauernsohn. Leipzig, 1849, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_bauernsohn_1849/49>, abgerufen am 21.11.2024.
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