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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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Hohenthal. Schön, begabt mit einem glänzenden Verstande und mannichfachen Talenten war sie der Eltern Stolz; all ihr Streben, ihr Ehrgeiz war auf diese gerichtet. Schon frühe war es dahin gekommen, daß fast jeder von Elisabeth's Wünschen als Befehl galt, daß Alles im väterlichen Hause sich ihr unterordnete. Es konnte nicht anders kommen, als daß sie, dadurch irre geleitet, schon in früher Jugend etwas Herrisches und Gebieterisches annahm, das besonders die schwache, aber engelmilde Mutter zuweilen erschreckte und für das künftige Glück der theuern Tochter besorgt machte. Ein Hauslehrer und eine Gouvernante hatten Elisabeths Erziehung bis zu ihrer Confirmation geleitet; so war sie einsam, ohne Jugendgespielinnen, ohne Lerngefährtinnen aufgewachsen auf dem einsamen Stammschloß ihres Vaters. Den alten Grafen hielt auf denselben mittelalterliche Grille fest. Er konnte sich nicht mit dem neuen Zeitgeist befreunden, welcher allen alten Vorurtheilen, mithin auch der Würde des alten Adels den Krieg erklärt hat und seinen Feldzug gegen denselben allmälig immer siegreicher fortsetzt. Deshalb lebte er zurückgezogen auf seiner Herrschaft Hohenthal, wo er die ihn Umgebenden noch als seine Unterthanen betrachten und in ehrfurchtsvoller Ferne von sich halten konnte, wo man ihn trotz seines Stolzes, da er gerecht, freigebig und wohlthätig war, wie einen Vater und Fürsten verehrte und aus ehrfurchtsvoller

Hohenthal. Schön, begabt mit einem glänzenden Verstande und mannichfachen Talenten war sie der Eltern Stolz; all ihr Streben, ihr Ehrgeiz war auf diese gerichtet. Schon frühe war es dahin gekommen, daß fast jeder von Elisabeth’s Wünschen als Befehl galt, daß Alles im väterlichen Hause sich ihr unterordnete. Es konnte nicht anders kommen, als daß sie, dadurch irre geleitet, schon in früher Jugend etwas Herrisches und Gebieterisches annahm, das besonders die schwache, aber engelmilde Mutter zuweilen erschreckte und für das künftige Glück der theuern Tochter besorgt machte. Ein Hauslehrer und eine Gouvernante hatten Elisabeths Erziehung bis zu ihrer Confirmation geleitet; so war sie einsam, ohne Jugendgespielinnen, ohne Lerngefährtinnen aufgewachsen auf dem einsamen Stammschloß ihres Vaters. Den alten Grafen hielt auf denselben mittelalterliche Grille fest. Er konnte sich nicht mit dem neuen Zeitgeist befreunden, welcher allen alten Vorurtheilen, mithin auch der Würde des alten Adels den Krieg erklärt hat und seinen Feldzug gegen denselben allmälig immer siegreicher fortsetzt. Deshalb lebte er zurückgezogen auf seiner Herrschaft Hohenthal, wo er die ihn Umgebenden noch als seine Unterthanen betrachten und in ehrfurchtsvoller Ferne von sich halten konnte, wo man ihn trotz seines Stolzes, da er gerecht, freigebig und wohlthätig war, wie einen Vater und Fürsten verehrte und aus ehrfurchtsvoller

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[11/0021] Hohenthal. Schön, begabt mit einem glänzenden Verstande und mannichfachen Talenten war sie der Eltern Stolz; all ihr Streben, ihr Ehrgeiz war auf diese gerichtet. Schon frühe war es dahin gekommen, daß fast jeder von Elisabeth’s Wünschen als Befehl galt, daß Alles im väterlichen Hause sich ihr unterordnete. Es konnte nicht anders kommen, als daß sie, dadurch irre geleitet, schon in früher Jugend etwas Herrisches und Gebieterisches annahm, das besonders die schwache, aber engelmilde Mutter zuweilen erschreckte und für das künftige Glück der theuern Tochter besorgt machte. Ein Hauslehrer und eine Gouvernante hatten Elisabeths Erziehung bis zu ihrer Confirmation geleitet; so war sie einsam, ohne Jugendgespielinnen, ohne Lerngefährtinnen aufgewachsen auf dem einsamen Stammschloß ihres Vaters. Den alten Grafen hielt auf denselben mittelalterliche Grille fest. Er konnte sich nicht mit dem neuen Zeitgeist befreunden, welcher allen alten Vorurtheilen, mithin auch der Würde des alten Adels den Krieg erklärt hat und seinen Feldzug gegen denselben allmälig immer siegreicher fortsetzt. Deshalb lebte er zurückgezogen auf seiner Herrschaft Hohenthal, wo er die ihn Umgebenden noch als seine Unterthanen betrachten und in ehrfurchtsvoller Ferne von sich halten konnte, wo man ihn trotz seines Stolzes, da er gerecht, freigebig und wohlthätig war, wie einen Vater und Fürsten verehrte und aus ehrfurchtsvoller

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/21>, abgerufen am 23.11.2024.