Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.einen Andern liebte. -- -- -- Ach, ich war ein thörigtes, eitles Mädchen. Jaromir studirte in meiner Vaterstadt -- wir hatten uns gesehen, erst nur aus der Ferne, als wir uns schon liebten -- der schöne, stolze Graf, der liebenswürdige Pole, um dessen Zuneigung sich die vornehmsten Frauen und Fräuleins der Stadt vergebens bemühten -- er lag zu meinen Füßen, zu den Füßen des armen Mädchens, das Niemand kannte, Niemand beachtete, das um Lohn manche Stickerei für jene reichen Damen liefern mußte, die ihn in ihre Netze ziehen wollten. O, ich war selig! Meine Mutter machte erst Einwendungen gegen unser Liebesverhältniß, der Abstand der Verhältnisse machte sie mißtrauisch -- aber Jaromir besiegte ihre Einwendungen -- re wechselte den Ring mit mir, er erklärte uns, daß er selbst ziemlich so arm sei, wie wir, daß er ein Geächteter sei, dessen Güter der Russischen Krone verfallen, daß er keine Familie habe, die seine Wahl misbilligen werde, daß er, wenn er selbst ein andres Mädchen als mich lieben könne, doch zu stolz sei, als Bettler und Geächteter um die Hand einer Reichen und Hochgestellten zu werben -- und Allem fügte er hinzu, daß er mich über Alles liebe und daß dies ja der beste Grund sei, ihn nicht abzuweisen. -- Ach, wie beredt er immer sprach, und welch' selige Stunden wir verlebten, als meine Mutter selbst unsere Liebe beschützte! --" Und Amalie lächelte, als sie so sprach, und blickte vor sich nieder, in selige Erinnerungen einen Andern liebte. — — — Ach, ich war ein thörigtes, eitles Mädchen. Jaromir studirte in meiner Vaterstadt — wir hatten uns gesehen, erst nur aus der Ferne, als wir uns schon liebten — der schöne, stolze Graf, der liebenswürdige Pole, um dessen Zuneigung sich die vornehmsten Frauen und Fräuleins der Stadt vergebens bemühten — er lag zu meinen Füßen, zu den Füßen des armen Mädchens, das Niemand kannte, Niemand beachtete, das um Lohn manche Stickerei für jene reichen Damen liefern mußte, die ihn in ihre Netze ziehen wollten. O, ich war selig! Meine Mutter machte erst Einwendungen gegen unser Liebesverhältniß, der Abstand der Verhältnisse machte sie mißtrauisch — aber Jaromir besiegte ihre Einwendungen — re wechselte den Ring mit mir, er erklärte uns, daß er selbst ziemlich so arm sei, wie wir, daß er ein Geächteter sei, dessen Güter der Russischen Krone verfallen, daß er keine Familie habe, die seine Wahl misbilligen werde, daß er, wenn er selbst ein andres Mädchen als mich lieben könne, doch zu stolz sei, als Bettler und Geächteter um die Hand einer Reichen und Hochgestellten zu werben — und Allem fügte er hinzu, daß er mich über Alles liebe und daß dies ja der beste Grund sei, ihn nicht abzuweisen. — Ach, wie beredt er immer sprach, und welch’ selige Stunden wir verlebten, als meine Mutter selbst unsere Liebe beschützte! —“ Und Amalie lächelte, als sie so sprach, und blickte vor sich nieder, in selige Erinnerungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="26"/> einen Andern liebte. — — — Ach, ich war ein thörigtes, eitles Mädchen. Jaromir studirte in meiner Vaterstadt — wir hatten uns gesehen, erst nur aus der Ferne, als wir uns schon liebten — der schöne, stolze Graf, der liebenswürdige Pole, um dessen Zuneigung sich die vornehmsten Frauen und Fräuleins der Stadt vergebens bemühten — er lag zu meinen Füßen, zu den Füßen des armen Mädchens, das Niemand kannte, Niemand beachtete, das um Lohn manche Stickerei für jene reichen Damen liefern mußte, die ihn in ihre Netze ziehen wollten. O, ich war selig! Meine Mutter machte erst Einwendungen gegen unser Liebesverhältniß, der Abstand der Verhältnisse machte sie mißtrauisch — aber Jaromir besiegte ihre Einwendungen — re wechselte den Ring mit mir, er erklärte uns, daß er selbst ziemlich so arm sei, wie wir, daß er ein Geächteter sei, dessen Güter der Russischen Krone verfallen, daß er keine Familie habe, die seine Wahl misbilligen werde, daß er, wenn er selbst ein andres Mädchen als mich lieben könne, doch zu stolz sei, als Bettler und Geächteter um die Hand einer Reichen und Hochgestellten zu werben — und Allem fügte er hinzu, daß er mich über Alles liebe und daß dies ja der beste Grund sei, ihn nicht abzuweisen. — Ach, wie beredt er immer sprach, und welch’ selige Stunden wir verlebten, als meine Mutter selbst unsere Liebe beschützte! —“ Und Amalie lächelte, als sie so sprach, und blickte vor sich nieder, in selige Erinnerungen </p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0036]
einen Andern liebte. — — — Ach, ich war ein thörigtes, eitles Mädchen. Jaromir studirte in meiner Vaterstadt — wir hatten uns gesehen, erst nur aus der Ferne, als wir uns schon liebten — der schöne, stolze Graf, der liebenswürdige Pole, um dessen Zuneigung sich die vornehmsten Frauen und Fräuleins der Stadt vergebens bemühten — er lag zu meinen Füßen, zu den Füßen des armen Mädchens, das Niemand kannte, Niemand beachtete, das um Lohn manche Stickerei für jene reichen Damen liefern mußte, die ihn in ihre Netze ziehen wollten. O, ich war selig! Meine Mutter machte erst Einwendungen gegen unser Liebesverhältniß, der Abstand der Verhältnisse machte sie mißtrauisch — aber Jaromir besiegte ihre Einwendungen — re wechselte den Ring mit mir, er erklärte uns, daß er selbst ziemlich so arm sei, wie wir, daß er ein Geächteter sei, dessen Güter der Russischen Krone verfallen, daß er keine Familie habe, die seine Wahl misbilligen werde, daß er, wenn er selbst ein andres Mädchen als mich lieben könne, doch zu stolz sei, als Bettler und Geächteter um die Hand einer Reichen und Hochgestellten zu werben — und Allem fügte er hinzu, daß er mich über Alles liebe und daß dies ja der beste Grund sei, ihn nicht abzuweisen. — Ach, wie beredt er immer sprach, und welch’ selige Stunden wir verlebten, als meine Mutter selbst unsere Liebe beschützte! —“ Und Amalie lächelte, als sie so sprach, und blickte vor sich nieder, in selige Erinnerungen
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