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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846.

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verlassen müssen, eingezogen und einsam. Er war bald wieder in literarischen Verbindungen, da er sie suchte, denn der angenommene Name, unter dem er schrieb, hatte einen guten Klang bekommen. Er dachte an sein Liebchen, und schrieb fleißig an einem größern Werke, auf das er manche Hoffnung für sich und Amalien baute. Wohl kränkte ihn zuweilen ihre Eifersucht, allein er hielt diese mehr für eine weibliche Laune, die nur auf der äußern Oberfläche erscheine, nimmer aber aus der Tiefe des Herzens komme -- wußte er sich doch so frei von jeder kleinsten Regung, die einen Vorwurf verdient hätte. Es beruhte in Wahrheit: eine Polnische Gräfin, in deren Hause er zufällig wohnte, hatte ihn zu sich einladen lassen, und er hatte keinen Grund gehabt, die Einladung auszuschlagen. Aber bald fand er, daß es in ihrem Hause ein Wenig frivol zugehe, daß die Gräfin all' ihre Koketterie-Künste anwende, um in ihm einen galanten Ritter zu finden -- da zog er in ein entlegenes Stadtviertel, und schickte der Gräfin eine Abschiedskarte. Ein Bekannter der Gräfin, der ihn in diesem Cirkel kennen gelernt hatte, traf ihn einige Zeit darauf zufällig, und als er ihm seine Verwunderung aussprach, daß er noch in Berlin sei, da er der Gräfin doch eine Abschiedskarte geschickt habe, sagte Jaromir: "Für die Personen, denen man Abschiedskarten schickt, ist man nicht mehr da -- gleichviel, ob man die Stadt gewechselt hat, oder nur die Straßen." --

verlassen müssen, eingezogen und einsam. Er war bald wieder in literarischen Verbindungen, da er sie suchte, denn der angenommene Name, unter dem er schrieb, hatte einen guten Klang bekommen. Er dachte an sein Liebchen, und schrieb fleißig an einem größern Werke, auf das er manche Hoffnung für sich und Amalien baute. Wohl kränkte ihn zuweilen ihre Eifersucht, allein er hielt diese mehr für eine weibliche Laune, die nur auf der äußern Oberfläche erscheine, nimmer aber aus der Tiefe des Herzens komme — wußte er sich doch so frei von jeder kleinsten Regung, die einen Vorwurf verdient hätte. Es beruhte in Wahrheit: eine Polnische Gräfin, in deren Hause er zufällig wohnte, hatte ihn zu sich einladen lassen, und er hatte keinen Grund gehabt, die Einladung auszuschlagen. Aber bald fand er, daß es in ihrem Hause ein Wenig frivol zugehe, daß die Gräfin all’ ihre Koketterie-Künste anwende, um in ihm einen galanten Ritter zu finden — da zog er in ein entlegenes Stadtviertel, und schickte der Gräfin eine Abschiedskarte. Ein Bekannter der Gräfin, der ihn in diesem Cirkel kennen gelernt hatte, traf ihn einige Zeit darauf zufällig, und als er ihm seine Verwunderung aussprach, daß er noch in Berlin sei, da er der Gräfin doch eine Abschiedskarte geschickt habe, sagte Jaromir: „Für die Personen, denen man Abschiedskarten schickt, ist man nicht mehr da — gleichviel, ob man die Stadt gewechselt hat, oder nur die Straßen.“ —

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verlassen müssen, eingezogen und einsam. Er war bald wieder in literarischen Verbindungen, da er sie suchte, denn der angenommene Name, unter dem er schrieb, hatte einen guten Klang bekommen. Er dachte an sein Liebchen, und schrieb fleißig an einem größern Werke, auf das er manche Hoffnung für sich und Amalien baute. Wohl kränkte ihn zuweilen ihre Eifersucht, allein er hielt diese mehr für eine weibliche Laune, die nur auf der äußern Oberfläche erscheine, nimmer aber aus der Tiefe des Herzens komme &#x2014; wußte er sich doch so frei von jeder kleinsten Regung, die einen Vorwurf verdient hätte. Es beruhte in Wahrheit: eine Polnische Gräfin, in deren Hause er zufällig wohnte, hatte ihn zu sich einladen lassen, und er hatte keinen Grund gehabt, die Einladung auszuschlagen. Aber bald fand er, daß es in ihrem Hause ein Wenig frivol zugehe, daß die Gräfin all&#x2019; ihre Koketterie-Künste anwende, um in ihm einen galanten Ritter zu finden &#x2014; da zog er in ein entlegenes Stadtviertel, und schickte der Gräfin eine Abschiedskarte. Ein Bekannter der Gräfin, der ihn in diesem Cirkel kennen gelernt hatte, traf ihn einige Zeit darauf zufällig, und als er ihm seine Verwunderung aussprach, daß er noch in Berlin sei, da er der Gräfin doch eine Abschiedskarte geschickt habe, sagte Jaromir: &#x201E;Für die Personen, denen man Abschiedskarten schickt, ist man nicht mehr da &#x2014; gleichviel, ob man die Stadt gewechselt hat, oder nur die Straßen.&#x201C; &#x2014;
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[47/0057] verlassen müssen, eingezogen und einsam. Er war bald wieder in literarischen Verbindungen, da er sie suchte, denn der angenommene Name, unter dem er schrieb, hatte einen guten Klang bekommen. Er dachte an sein Liebchen, und schrieb fleißig an einem größern Werke, auf das er manche Hoffnung für sich und Amalien baute. Wohl kränkte ihn zuweilen ihre Eifersucht, allein er hielt diese mehr für eine weibliche Laune, die nur auf der äußern Oberfläche erscheine, nimmer aber aus der Tiefe des Herzens komme — wußte er sich doch so frei von jeder kleinsten Regung, die einen Vorwurf verdient hätte. Es beruhte in Wahrheit: eine Polnische Gräfin, in deren Hause er zufällig wohnte, hatte ihn zu sich einladen lassen, und er hatte keinen Grund gehabt, die Einladung auszuschlagen. Aber bald fand er, daß es in ihrem Hause ein Wenig frivol zugehe, daß die Gräfin all’ ihre Koketterie-Künste anwende, um in ihm einen galanten Ritter zu finden — da zog er in ein entlegenes Stadtviertel, und schickte der Gräfin eine Abschiedskarte. Ein Bekannter der Gräfin, der ihn in diesem Cirkel kennen gelernt hatte, traf ihn einige Zeit darauf zufällig, und als er ihm seine Verwunderung aussprach, daß er noch in Berlin sei, da er der Gräfin doch eine Abschiedskarte geschickt habe, sagte Jaromir: „Für die Personen, denen man Abschiedskarten schickt, ist man nicht mehr da — gleichviel, ob man die Stadt gewechselt hat, oder nur die Straßen.“ —

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 1. Leipzig, 1846, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss01_1846/57>, abgerufen am 24.11.2024.