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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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zurück. Da kamen Tritte -- er wähnte schon Elisabeths seidnes Kleid rauschen zu hören -- die Thüre öffnete sich -- er sprang auf und warf sich in eine unnachahmliche Stellung -- aber statt der Ersehnten trat ein Diener ein und sagte:

"Das gnädige Fräulein ist vor einer Viertelstunde ausgeritten. Sie hat den Portier beauftragt, wenn nach ihr gefragt würde, da im Augenblick ihrer Entfernung die gnädige Frau Gräfin wohl noch Mittagsruhe halte, zu sagen, sie sei nach der Fabrik geritten und werde vielleicht erst in ein paar Stunden wiederkommen."

Aarens machte ein bestürztes und einfältiges Gesicht, er hatte bei dieser Enttäuschung alle Fassung verloren. Die Gräfin rang mühsam danach, die ihrige zu erhalten.

"Ist meine Tochter allein ausgeritten?" fragte sie.

"Der Reitknecht hat sie begleitet -- weiter war Niemand bei ihr."

"Es ist gut."

Der Diener war entlassen.

"Liegt die Fabrik besonders schön, daß Ihre gnädige Fräulein Tochter dahin Ausflüge macht, noch dazu einen Ausflug von einigen Stunden?"

"Ich war niemals dort," sagte die Gräfin ausweichend, "mir ist alles Fabrikwesen zuwider, ich habe eine, glaub ich, angeborene Abneigung dagegen."

zurück. Da kamen Tritte — er wähnte schon Elisabeths seidnes Kleid rauschen zu hören — die Thüre öffnete sich — er sprang auf und warf sich in eine unnachahmliche Stellung — aber statt der Ersehnten trat ein Diener ein und sagte:

„Das gnädige Fräulein ist vor einer Viertelstunde ausgeritten. Sie hat den Portier beauftragt, wenn nach ihr gefragt würde, da im Augenblick ihrer Entfernung die gnädige Frau Gräfin wohl noch Mittagsruhe halte, zu sagen, sie sei nach der Fabrik geritten und werde vielleicht erst in ein paar Stunden wiederkommen.“

Aarens machte ein bestürztes und einfältiges Gesicht, er hatte bei dieser Enttäuschung alle Fassung verloren. Die Gräfin rang mühsam danach, die ihrige zu erhalten.

„Ist meine Tochter allein ausgeritten?“ fragte sie.

„Der Reitknecht hat sie begleitet — weiter war Niemand bei ihr.“

„Es ist gut.“

Der Diener war entlassen.

„Liegt die Fabrik besonders schön, daß Ihre gnädige Fräulein Tochter dahin Ausflüge macht, noch dazu einen Ausflug von einigen Stunden?“

„Ich war niemals dort,“ sagte die Gräfin ausweichend, „mir ist alles Fabrikwesen zuwider, ich habe eine, glaub ich, angeborene Abneigung dagegen.“

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[98/0104] zurück. Da kamen Tritte — er wähnte schon Elisabeths seidnes Kleid rauschen zu hören — die Thüre öffnete sich — er sprang auf und warf sich in eine unnachahmliche Stellung — aber statt der Ersehnten trat ein Diener ein und sagte: „Das gnädige Fräulein ist vor einer Viertelstunde ausgeritten. Sie hat den Portier beauftragt, wenn nach ihr gefragt würde, da im Augenblick ihrer Entfernung die gnädige Frau Gräfin wohl noch Mittagsruhe halte, zu sagen, sie sei nach der Fabrik geritten und werde vielleicht erst in ein paar Stunden wiederkommen.“ Aarens machte ein bestürztes und einfältiges Gesicht, er hatte bei dieser Enttäuschung alle Fassung verloren. Die Gräfin rang mühsam danach, die ihrige zu erhalten. „Ist meine Tochter allein ausgeritten?“ fragte sie. „Der Reitknecht hat sie begleitet — weiter war Niemand bei ihr.“ „Es ist gut.“ Der Diener war entlassen. „Liegt die Fabrik besonders schön, daß Ihre gnädige Fräulein Tochter dahin Ausflüge macht, noch dazu einen Ausflug von einigen Stunden?“ „Ich war niemals dort,“ sagte die Gräfin ausweichend, „mir ist alles Fabrikwesen zuwider, ich habe eine, glaub ich, angeborene Abneigung dagegen.“

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/104>, abgerufen am 14.05.2024.