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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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"Guter Freund, antworten Sie mir ordentlich und ohne Scheu -- es liegt mir sehr Biel daran, über diese Sache Etwas zu erfahren -- und es soll sein Schade nicht sein, wenn ich Wahrheit zu hören bekomme."

"Der Herr haben wohl viel Actien dabei?"

"Nein -- keine einzige -- ich habe einige Leute, welche ich für zuverlässige und gute Arbeiter hielt, zur Arbeit bei dieser Bahn empfohlen, sie sind angenommen worden und es sollte mir leid thun, wenn sie sich mit bei den Unruhstiftern befänden, oder auch, wenn sie nicht mit zu diesen gehörten, aber mit unter ihnen, unschuldig mit den Schuldigen leiden müßten. Erzählen Sie mir also Alles aufrichtig und wie es kommt, daß Sie Sich heute hier befinden, da doch weder Feiertag noch Sonntag ist?"

"Ja sehen Sie," sagte der Bursche treuherzig und durch die freundliche Art, mit welcher der Geheimrath zu ihm sprach, zutraulich gemacht, "das ist ein närrisches Ding -- das Beil war mir auf den Arm gefallen, ich konnte nicht ohne große Schmerzen arbeiten, da dacht' ich: es ist besser, Du gehst jetzt für krank nach Hause -- und so bin ich denn da. Feiertag steht heute freilich nicht im Kalender -- auf der Bahn wird aber wohl welcher gewesen sein."

"Wie so -- die Leute mögen nicht mehr arbeiten? Ist denn der Lohn so gering?"

„Guter Freund, antworten Sie mir ordentlich und ohne Scheu — es liegt mir sehr Biel daran, über diese Sache Etwas zu erfahren — und es soll sein Schade nicht sein, wenn ich Wahrheit zu hören bekomme.“

„Der Herr haben wohl viel Actien dabei?“

„Nein — keine einzige — ich habe einige Leute, welche ich für zuverlässige und gute Arbeiter hielt, zur Arbeit bei dieser Bahn empfohlen, sie sind angenommen worden und es sollte mir leid thun, wenn sie sich mit bei den Unruhstiftern befänden, oder auch, wenn sie nicht mit zu diesen gehörten, aber mit unter ihnen, unschuldig mit den Schuldigen leiden müßten. Erzählen Sie mir also Alles aufrichtig und wie es kommt, daß Sie Sich heute hier befinden, da doch weder Feiertag noch Sonntag ist?“

„Ja sehen Sie,“ sagte der Bursche treuherzig und durch die freundliche Art, mit welcher der Geheimrath zu ihm sprach, zutraulich gemacht, „das ist ein närrisches Ding — das Beil war mir auf den Arm gefallen, ich konnte nicht ohne große Schmerzen arbeiten, da dacht’ ich: es ist besser, Du gehst jetzt für krank nach Hause — und so bin ich denn da. Feiertag steht heute freilich nicht im Kalender — auf der Bahn wird aber wohl welcher gewesen sein.“

„Wie so — die Leute mögen nicht mehr arbeiten? Ist denn der Lohn so gering?“

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[127/0133] „Guter Freund, antworten Sie mir ordentlich und ohne Scheu — es liegt mir sehr Biel daran, über diese Sache Etwas zu erfahren — und es soll sein Schade nicht sein, wenn ich Wahrheit zu hören bekomme.“ „Der Herr haben wohl viel Actien dabei?“ „Nein — keine einzige — ich habe einige Leute, welche ich für zuverlässige und gute Arbeiter hielt, zur Arbeit bei dieser Bahn empfohlen, sie sind angenommen worden und es sollte mir leid thun, wenn sie sich mit bei den Unruhstiftern befänden, oder auch, wenn sie nicht mit zu diesen gehörten, aber mit unter ihnen, unschuldig mit den Schuldigen leiden müßten. Erzählen Sie mir also Alles aufrichtig und wie es kommt, daß Sie Sich heute hier befinden, da doch weder Feiertag noch Sonntag ist?“ „Ja sehen Sie,“ sagte der Bursche treuherzig und durch die freundliche Art, mit welcher der Geheimrath zu ihm sprach, zutraulich gemacht, „das ist ein närrisches Ding — das Beil war mir auf den Arm gefallen, ich konnte nicht ohne große Schmerzen arbeiten, da dacht’ ich: es ist besser, Du gehst jetzt für krank nach Hause — und so bin ich denn da. Feiertag steht heute freilich nicht im Kalender — auf der Bahn wird aber wohl welcher gewesen sein.“ „Wie so — die Leute mögen nicht mehr arbeiten? Ist denn der Lohn so gering?“

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/133>, abgerufen am 21.11.2024.