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Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

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wird und die Factoren sie schlecht behandeln, und wenn ihre Kinder bei der angestrengten Arbeit zu Krüppeln werden und erliegen. Die Noth unter ihnen ist groß, mein Vater, und sie selbst sind daran unschuldig -- ich habe es mit angesehen. -- Ach, und Vater! Das Sprichwort könnte wohl einmal wahr werden: Noth kennt kein Gebot -- die Noth der Armuth lehrt nicht beten, die macht Verbrechen! Und wenn sie einmal etwas Verzweifeltes thun könnten -- wie der Geheimrath meint -- so thun sie es nur, weil sie vorher haben verzweifeln müssen. -- Darum laß' sie nicht verzweifeln -- Vater, wir sind reich genug und bleiden's auch, wenn Du die Arbeiter ein wenig besser bezahlst, auch wenn die Kinder nur den halben Tag arbeiten statt den ganzen; und wenn Du sie in eine Schule schickst, so werden brauchbare und gute Menschen aus ihnen, vor denen Du Dich dann niemals zu fürchten hast."

"Deine Vorschläge sind eben wie die eines Kindes --" sagte der Vater freundlich. -- "Aber Du glaubst, daß der Geheimrath Unrecht hat?"

"Das hat er gewiß -- aber es ist traurig, daß Du doch immer fürchten mußt, diese Menschen könnten sich einmal an Dir rächen, Vater! Mein Herz hat dabei geblutet -- aber ich habe es hören müssen, daß sie Dich einen -- Tyrannen nannten --"

"Mädchen!" Doch sie ließ sich von der Mahnung nicht stören

wird und die Factoren sie schlecht behandeln, und wenn ihre Kinder bei der angestrengten Arbeit zu Krüppeln werden und erliegen. Die Noth unter ihnen ist groß, mein Vater, und sie selbst sind daran unschuldig — ich habe es mit angesehen. — Ach, und Vater! Das Sprichwort könnte wohl einmal wahr werden: Noth kennt kein Gebot — die Noth der Armuth lehrt nicht beten, die macht Verbrechen! Und wenn sie einmal etwas Verzweifeltes thun könnten — wie der Geheimrath meint — so thun sie es nur, weil sie vorher haben verzweifeln müssen. — Darum laß’ sie nicht verzweifeln — Vater, wir sind reich genug und bleiden’s auch, wenn Du die Arbeiter ein wenig besser bezahlst, auch wenn die Kinder nur den halben Tag arbeiten statt den ganzen; und wenn Du sie in eine Schule schickst, so werden brauchbare und gute Menschen aus ihnen, vor denen Du Dich dann niemals zu fürchten hast.“

„Deine Vorschläge sind eben wie die eines Kindes —“ sagte der Vater freundlich. — „Aber Du glaubst, daß der Geheimrath Unrecht hat?“

„Das hat er gewiß — aber es ist traurig, daß Du doch immer fürchten mußt, diese Menschen könnten sich einmal an Dir rächen, Vater! Mein Herz hat dabei geblutet — aber ich habe es hören müssen, daß sie Dich einen — Tyrannen nannten —“

„Mädchen!“ Doch sie ließ sich von der Mahnung nicht stören

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[212/0218] wird und die Factoren sie schlecht behandeln, und wenn ihre Kinder bei der angestrengten Arbeit zu Krüppeln werden und erliegen. Die Noth unter ihnen ist groß, mein Vater, und sie selbst sind daran unschuldig — ich habe es mit angesehen. — Ach, und Vater! Das Sprichwort könnte wohl einmal wahr werden: Noth kennt kein Gebot — die Noth der Armuth lehrt nicht beten, die macht Verbrechen! Und wenn sie einmal etwas Verzweifeltes thun könnten — wie der Geheimrath meint — so thun sie es nur, weil sie vorher haben verzweifeln müssen. — Darum laß’ sie nicht verzweifeln — Vater, wir sind reich genug und bleiden’s auch, wenn Du die Arbeiter ein wenig besser bezahlst, auch wenn die Kinder nur den halben Tag arbeiten statt den ganzen; und wenn Du sie in eine Schule schickst, so werden brauchbare und gute Menschen aus ihnen, vor denen Du Dich dann niemals zu fürchten hast.“ „Deine Vorschläge sind eben wie die eines Kindes —“ sagte der Vater freundlich. — „Aber Du glaubst, daß der Geheimrath Unrecht hat?“ „Das hat er gewiß — aber es ist traurig, daß Du doch immer fürchten mußt, diese Menschen könnten sich einmal an Dir rächen, Vater! Mein Herz hat dabei geblutet — aber ich habe es hören müssen, daß sie Dich einen — Tyrannen nannten —“ „Mädchen!“ Doch sie ließ sich von der Mahnung nicht stören

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Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/218>, abgerufen am 21.11.2024.