Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

wir und danach Dein Streben und Wirken regeln lernst."

In dem Brief waren nun einige Stellen aus communistischen Schriften angezogen, in welchen die Grundlehren des Communismus mit feuriger Beredtsamkeit und scharfsinniger Dialektik entwickelt waren. Mit glänzenden Farben ward dies System als das einzige angepriesen, in welchem allein das Heil der gesammten Menschheit zu finden sei -- ja, der als zu erwartend und unausbleiblich geschilderte Sieg des Communismus ward geradezu als eine historische Nothwendigkeit, als eine zweite Welterlösung dargestellt, welcher die in Irrthum und Unnatur befangene Menschheit bedürftig sei.

Franz Thalheim rief unter dem Lesen einmal über das andere dazwischen, "das ist Wahnsinn -- das verstehe ich nicht!" aber Wilhelm sagte fieberhaft aufgeregt:

"Ich bitte Dich, lies weiter -- ich versteh' es auch noch nicht -- aber es klingt wie lauter Musik vor meinen Ohren und klingt so in meinem Herzen wieder!"

Sie lasen weiter und immer verführerischer klangen ihnen die neuen Auffassungen von Menschenrecht und Lebenswonne, welche sie aus dem Briefe gewannen.

Wilhelm rief wie bezaubert: "So Etwas hab' ich in meinem Leben noch nicht gelesen -- mir schwindelt! Vor meinen Blicken geht eine neue Welt auf bei diesen großen,

wir und danach Dein Streben und Wirken regeln lernst.“

In dem Brief waren nun einige Stellen aus communistischen Schriften angezogen, in welchen die Grundlehren des Communismus mit feuriger Beredtsamkeit und scharfsinniger Dialektik entwickelt waren. Mit glänzenden Farben ward dies System als das einzige angepriesen, in welchem allein das Heil der gesammten Menschheit zu finden sei — ja, der als zu erwartend und unausbleiblich geschilderte Sieg des Communismus ward geradezu als eine historische Nothwendigkeit, als eine zweite Welterlösung dargestellt, welcher die in Irrthum und Unnatur befangene Menschheit bedürftig sei.

Franz Thalheim rief unter dem Lesen einmal über das andere dazwischen, „das ist Wahnsinn — das verstehe ich nicht!“ aber Wilhelm sagte fieberhaft aufgeregt:

„Ich bitte Dich, lies weiter — ich versteh’ es auch noch nicht — aber es klingt wie lauter Musik vor meinen Ohren und klingt so in meinem Herzen wieder!“

Sie lasen weiter und immer verführerischer klangen ihnen die neuen Auffassungen von Menschenrecht und Lebenswonne, welche sie aus dem Briefe gewannen.

Wilhelm rief wie bezaubert: „So Etwas hab’ ich in meinem Leben noch nicht gelesen — mir schwindelt! Vor meinen Blicken geht eine neue Welt auf bei diesen großen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="81"/>
wir und danach Dein Streben und Wirken regeln lernst.&#x201C;</p>
        <p>In dem Brief waren nun einige Stellen aus communistischen Schriften angezogen, in welchen die Grundlehren des Communismus mit feuriger Beredtsamkeit und scharfsinniger Dialektik entwickelt waren. Mit glänzenden Farben ward dies System als das einzige angepriesen, in welchem allein das Heil der gesammten Menschheit zu finden sei &#x2014; ja, der als zu erwartend und unausbleiblich geschilderte Sieg des Communismus ward geradezu als eine historische Nothwendigkeit, als eine zweite Welterlösung dargestellt, welcher die in Irrthum und Unnatur befangene Menschheit bedürftig sei.</p>
        <p>Franz Thalheim rief unter dem Lesen einmal über das andere dazwischen, &#x201E;das ist Wahnsinn &#x2014; das verstehe ich nicht!&#x201C; aber Wilhelm sagte fieberhaft aufgeregt:</p>
        <p>&#x201E;Ich bitte Dich, lies weiter &#x2014; ich versteh&#x2019; es auch noch nicht &#x2014; aber es klingt wie lauter Musik vor meinen Ohren und klingt so in meinem Herzen wieder!&#x201C;</p>
        <p>Sie lasen weiter und immer verführerischer klangen ihnen die neuen Auffassungen von Menschenrecht und Lebenswonne, welche sie aus dem Briefe gewannen.</p>
        <p>Wilhelm rief wie bezaubert: &#x201E;So Etwas hab&#x2019; ich in meinem Leben noch nicht gelesen &#x2014; mir schwindelt! Vor meinen Blicken geht eine neue Welt auf bei diesen großen,
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0087] wir und danach Dein Streben und Wirken regeln lernst.“ In dem Brief waren nun einige Stellen aus communistischen Schriften angezogen, in welchen die Grundlehren des Communismus mit feuriger Beredtsamkeit und scharfsinniger Dialektik entwickelt waren. Mit glänzenden Farben ward dies System als das einzige angepriesen, in welchem allein das Heil der gesammten Menschheit zu finden sei — ja, der als zu erwartend und unausbleiblich geschilderte Sieg des Communismus ward geradezu als eine historische Nothwendigkeit, als eine zweite Welterlösung dargestellt, welcher die in Irrthum und Unnatur befangene Menschheit bedürftig sei. Franz Thalheim rief unter dem Lesen einmal über das andere dazwischen, „das ist Wahnsinn — das verstehe ich nicht!“ aber Wilhelm sagte fieberhaft aufgeregt: „Ich bitte Dich, lies weiter — ich versteh’ es auch noch nicht — aber es klingt wie lauter Musik vor meinen Ohren und klingt so in meinem Herzen wieder!“ Sie lasen weiter und immer verführerischer klangen ihnen die neuen Auffassungen von Menschenrecht und Lebenswonne, welche sie aus dem Briefe gewannen. Wilhelm rief wie bezaubert: „So Etwas hab’ ich in meinem Leben noch nicht gelesen — mir schwindelt! Vor meinen Blicken geht eine neue Welt auf bei diesen großen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-23T11:52:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-23T11:52:15Z)
HATHI TRUST Digital Library: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-23T11:52:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/87
Zitationshilfe: Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 2. Leipzig, 1846, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/otto_schloss02_1846/87>, abgerufen am 21.11.2024.