Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.Haus des Fabrikanten herrschte Todtenstille. Alles war in banger Erwartung des Kommenden, was man thun konnte, war gethan. Es blieb nichts Anders übrig, als zu warten. Dieses Warten war fürchterlich! Pauline war nicht mehr eingeschlossen in ihrem Zimmer, die Vorsicht war nicht nöthig, da nun das ganze Haus verrammelt war. Aber sie war allein in ihrer Stube geblieben, weil sie bei diesem Ereigniß ganz anders dachte und fühlte, als die Andern alle, welche mit ihr in dies Haus eingeschlossen waren. "Das Alles wäre nicht geschehen, wenn mein Vater nicht seine Härte und Unbarmherzigkeit auf's Aeußerste getrieben hätte, es wäre nicht geschehen, wenn seine Geschäftsführer und Diener auch in den armen Menschen den Menschen geehrt hätten! Und das Verbrechen, das jetzt diese armen entehrten, gemißhandelten, gequälten Menschen begingen, was war es denn anders, als ein zweites Verbrechen, um ein erstes zu rächen? Was war es denn anders, als eine zweite schlechte That, die eine erste voraussetzte, ohne welche sie nie geschehen konnte und die ihr Geschehen eben voraussetzte? Und selbst diese rohen abscheulichen Töne, welche wie ein thierisches Geheul durch die Luft hallten und doch von Menschen kamen -- was waren sie anders als der Aufschrei der beleidigten menschlichen Natur, welche zum thierischen Stumpfsinn herabgestoßen Haus des Fabrikanten herrschte Todtenstille. Alles war in banger Erwartung des Kommenden, was man thun konnte, war gethan. Es blieb nichts Anders übrig, als zu warten. Dieses Warten war fürchterlich! Pauline war nicht mehr eingeschlossen in ihrem Zimmer, die Vorsicht war nicht nöthig, da nun das ganze Haus verrammelt war. Aber sie war allein in ihrer Stube geblieben, weil sie bei diesem Ereigniß ganz anders dachte und fühlte, als die Andern alle, welche mit ihr in dies Haus eingeschlossen waren. „Das Alles wäre nicht geschehen, wenn mein Vater nicht seine Härte und Unbarmherzigkeit auf’s Aeußerste getrieben hätte, es wäre nicht geschehen, wenn seine Geschäftsführer und Diener auch in den armen Menschen den Menschen geehrt hätten! Und das Verbrechen, das jetzt diese armen entehrten, gemißhandelten, gequälten Menschen begingen, was war es denn anders, als ein zweites Verbrechen, um ein erstes zu rächen? Was war es denn anders, als eine zweite schlechte That, die eine erste voraussetzte, ohne welche sie nie geschehen konnte und die ihr Geschehen eben voraussetzte? Und selbst diese rohen abscheulichen Töne, welche wie ein thierisches Geheul durch die Luft hallten und doch von Menschen kamen — was waren sie anders als der Aufschrei der beleidigten menschlichen Natur, welche zum thierischen Stumpfsinn herabgestoßen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0165" n="161"/> Haus des Fabrikanten herrschte Todtenstille. Alles war in banger Erwartung des Kommenden, was man thun konnte, war gethan. Es blieb nichts Anders übrig, als zu warten. Dieses Warten war fürchterlich!</p> <p>Pauline war nicht mehr eingeschlossen in ihrem Zimmer, die Vorsicht war nicht nöthig, da nun das ganze Haus verrammelt war. Aber sie war allein in ihrer Stube geblieben, weil sie bei diesem Ereigniß ganz anders dachte und fühlte, als die Andern alle, welche mit ihr in dies Haus eingeschlossen waren.</p> <p>„Das Alles wäre nicht geschehen, wenn mein Vater nicht seine Härte und Unbarmherzigkeit auf’s Aeußerste getrieben hätte, es wäre nicht geschehen, wenn seine Geschäftsführer und Diener auch in den armen Menschen den Menschen geehrt hätten! Und das Verbrechen, das jetzt diese armen entehrten, gemißhandelten, gequälten Menschen begingen, was war es denn anders, als ein zweites Verbrechen, um ein erstes zu rächen? Was war es denn anders, als eine zweite schlechte That, die eine erste voraussetzte, ohne welche sie nie geschehen konnte und die ihr Geschehen eben voraussetzte? Und selbst diese rohen abscheulichen Töne, welche wie ein thierisches Geheul durch die Luft hallten und doch von Menschen kamen — was waren sie anders als der Aufschrei der beleidigten menschlichen Natur, welche zum thierischen Stumpfsinn herabgestoßen </p> </div> </body> </text> </TEI> [161/0165]
Haus des Fabrikanten herrschte Todtenstille. Alles war in banger Erwartung des Kommenden, was man thun konnte, war gethan. Es blieb nichts Anders übrig, als zu warten. Dieses Warten war fürchterlich!
Pauline war nicht mehr eingeschlossen in ihrem Zimmer, die Vorsicht war nicht nöthig, da nun das ganze Haus verrammelt war. Aber sie war allein in ihrer Stube geblieben, weil sie bei diesem Ereigniß ganz anders dachte und fühlte, als die Andern alle, welche mit ihr in dies Haus eingeschlossen waren.
„Das Alles wäre nicht geschehen, wenn mein Vater nicht seine Härte und Unbarmherzigkeit auf’s Aeußerste getrieben hätte, es wäre nicht geschehen, wenn seine Geschäftsführer und Diener auch in den armen Menschen den Menschen geehrt hätten! Und das Verbrechen, das jetzt diese armen entehrten, gemißhandelten, gequälten Menschen begingen, was war es denn anders, als ein zweites Verbrechen, um ein erstes zu rächen? Was war es denn anders, als eine zweite schlechte That, die eine erste voraussetzte, ohne welche sie nie geschehen konnte und die ihr Geschehen eben voraussetzte? Und selbst diese rohen abscheulichen Töne, welche wie ein thierisches Geheul durch die Luft hallten und doch von Menschen kamen — was waren sie anders als der Aufschrei der beleidigten menschlichen Natur, welche zum thierischen Stumpfsinn herabgestoßen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Repository TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christoph Leijser, Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-23T11:52:15Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-08-23T11:52:15Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |