Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.von der einzigen Tochter. Ich erwarte das von Dir. Jetzt will ich Dich allein lassen, damit Dir Zeit wird zu überlegen, daß hoffentlich auch Deine neue Zeit den Gehorsam für den Elternwillen nicht zum Mährchen gemacht hat." Die Gräfin war aufgestanden und nach der Thüre gegangen, um sich zu entfernen. Sie ward jetzt von Elisabeth zurückgehalten, durch deren aufgeregte Seele jetzt plötzlich ein Gedanke schoß. "Meine Mutter," sagte sie stumm zu sich selbst, "ist zu mir gekommen, damit ich kindlich mein Herz vor ihr öffne -- sie muß meine Liebe zu Jaromir errathen haben und es kränkt sie, daß ich ein Geheimniß vor ihr habe. Und es mir zu entlocken, sprach sie vorhin von Liebe, ich schwieg -- und um mich dafür zu bestrafen, um mir zu zeigen, daß dieser Mangel an Vertrauen von mir, mir selbst verderblich werden könne, hat sie das Mährchen von Aarens ersonnen -- vielleicht auch hat er wirklich um mich angehalten und sie droht nun mit dem Jawort, wenn meine Weigerung keinen andern Grund angiebt, als den, ihn nicht zu lieben." -- Und wie Elisabeth dies Alles mit Blitzesschnelle gedacht hatte, warf sie sich um den Hals der Mutter und sagte weich und zärtlich, beinahe fröhlich: "Vergebung, meine Mutter, für meine Verschlossenheit -- aber Du hast das Mittel gefunden, sie zu beendigen, und mein Jaromir wird mir vergeben! Aber wenn von der einzigen Tochter. Ich erwarte das von Dir. Jetzt will ich Dich allein lassen, damit Dir Zeit wird zu überlegen, daß hoffentlich auch Deine neue Zeit den Gehorsam für den Elternwillen nicht zum Mährchen gemacht hat.“ Die Gräfin war aufgestanden und nach der Thüre gegangen, um sich zu entfernen. Sie ward jetzt von Elisabeth zurückgehalten, durch deren aufgeregte Seele jetzt plötzlich ein Gedanke schoß. „Meine Mutter,“ sagte sie stumm zu sich selbst, „ist zu mir gekommen, damit ich kindlich mein Herz vor ihr öffne — sie muß meine Liebe zu Jaromir errathen haben und es kränkt sie, daß ich ein Geheimniß vor ihr habe. Und es mir zu entlocken, sprach sie vorhin von Liebe, ich schwieg — und um mich dafür zu bestrafen, um mir zu zeigen, daß dieser Mangel an Vertrauen von mir, mir selbst verderblich werden könne, hat sie das Mährchen von Aarens ersonnen — vielleicht auch hat er wirklich um mich angehalten und sie droht nun mit dem Jawort, wenn meine Weigerung keinen andern Grund angiebt, als den, ihn nicht zu lieben.“ — Und wie Elisabeth dies Alles mit Blitzesschnelle gedacht hatte, warf sie sich um den Hals der Mutter und sagte weich und zärtlich, beinahe fröhlich: „Vergebung, meine Mutter, für meine Verschlossenheit — aber Du hast das Mittel gefunden, sie zu beendigen, und mein Jaromir wird mir vergeben! Aber wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0055" n="51"/> von der einzigen Tochter. Ich erwarte das von Dir. Jetzt will ich Dich allein lassen, damit Dir Zeit wird zu überlegen, daß hoffentlich auch Deine neue Zeit den Gehorsam für den Elternwillen nicht zum Mährchen gemacht hat.“</p> <p>Die Gräfin war aufgestanden und nach der Thüre gegangen, um sich zu entfernen. Sie ward jetzt von Elisabeth zurückgehalten, durch deren aufgeregte Seele jetzt plötzlich ein Gedanke schoß. „Meine Mutter,“ sagte sie stumm zu sich selbst, „ist zu mir gekommen, damit ich kindlich mein Herz vor ihr öffne — sie muß meine Liebe zu Jaromir errathen haben und es kränkt sie, daß ich ein Geheimniß vor ihr habe. Und es mir zu entlocken, sprach sie vorhin von Liebe, ich schwieg — und um mich dafür zu bestrafen, um mir zu zeigen, daß dieser Mangel an Vertrauen von mir, mir selbst verderblich werden könne, hat sie das Mährchen von Aarens ersonnen — vielleicht auch hat er wirklich um mich angehalten und sie droht nun mit dem Jawort, wenn meine Weigerung keinen andern Grund angiebt, als den, ihn nicht zu lieben.“ —</p> <p>Und wie Elisabeth dies Alles mit Blitzesschnelle gedacht hatte, warf sie sich um den Hals der Mutter und sagte weich und zärtlich, beinahe fröhlich:</p> <p>„Vergebung, meine Mutter, für meine Verschlossenheit — aber Du hast das Mittel gefunden, sie zu beendigen, und mein Jaromir wird mir vergeben! Aber wenn </p> </div> </body> </text> </TEI> [51/0055]
von der einzigen Tochter. Ich erwarte das von Dir. Jetzt will ich Dich allein lassen, damit Dir Zeit wird zu überlegen, daß hoffentlich auch Deine neue Zeit den Gehorsam für den Elternwillen nicht zum Mährchen gemacht hat.“
Die Gräfin war aufgestanden und nach der Thüre gegangen, um sich zu entfernen. Sie ward jetzt von Elisabeth zurückgehalten, durch deren aufgeregte Seele jetzt plötzlich ein Gedanke schoß. „Meine Mutter,“ sagte sie stumm zu sich selbst, „ist zu mir gekommen, damit ich kindlich mein Herz vor ihr öffne — sie muß meine Liebe zu Jaromir errathen haben und es kränkt sie, daß ich ein Geheimniß vor ihr habe. Und es mir zu entlocken, sprach sie vorhin von Liebe, ich schwieg — und um mich dafür zu bestrafen, um mir zu zeigen, daß dieser Mangel an Vertrauen von mir, mir selbst verderblich werden könne, hat sie das Mährchen von Aarens ersonnen — vielleicht auch hat er wirklich um mich angehalten und sie droht nun mit dem Jawort, wenn meine Weigerung keinen andern Grund angiebt, als den, ihn nicht zu lieben.“ —
Und wie Elisabeth dies Alles mit Blitzesschnelle gedacht hatte, warf sie sich um den Hals der Mutter und sagte weich und zärtlich, beinahe fröhlich:
„Vergebung, meine Mutter, für meine Verschlossenheit — aber Du hast das Mittel gefunden, sie zu beendigen, und mein Jaromir wird mir vergeben! Aber wenn
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