Otto, Louise: Schloß und Fabrik, Bd. 3. Leipzig, 1846.gestehe, um deswillen thut es mir leid, Sie allein getroffen zu haben." "O, wagen Sie das nicht -- Sie am Wenigsten -- er mißtrauet Ihrem Bruder -- er könnte das Schrecklichste vermuthen. Es ist Alles vergebens! Er hört auch kein Wort von mir mehr an über diesen Punkt -- und mein Bruder ist noch mißtrauischer und strenger als der Vater. -- Ach, ich sehe das Fürchterlichste kommen -- aber der Blick der ungehörten Kassandra ändert Nichts an dem kommenden Unheil -- es wird kommen, schrecklich kommen über uns Alle und seine Opfer fordern -- und dann wird Alles sein wie vorher!" Pauline sagte dies mit so tiefem Grausen, daß kalte Schauer über ihren Körper rieselten und sie sichtbar zu zittern anfing. "Sie haben ein trauriges Loos, Pauline, nur weil Sie ein Herz für die Menschheit haben." Sie raffte sich zusammen und stand auf: "Wir wollen einander nicht erweichen," sagte sie, "ich glaube, ich werde noch viel Kraft brauchen! -- Drunten läutet eben die Mittagsglocke. -- Wollen Sie vielleicht mit Franz sprechen? Unterdeß mach' ich mich zur Fahrt zurecht und bestelle den Wagen." Er stand auf, stimmte bei und ging. Unten traf er bald auf Franz, der mit gesenktem gestehe, um deswillen thut es mir leid, Sie allein getroffen zu haben.“ „O, wagen Sie das nicht — Sie am Wenigsten — er mißtrauet Ihrem Bruder — er könnte das Schrecklichste vermuthen. Es ist Alles vergebens! Er hört auch kein Wort von mir mehr an über diesen Punkt — und mein Bruder ist noch mißtrauischer und strenger als der Vater. — Ach, ich sehe das Fürchterlichste kommen — aber der Blick der ungehörten Kassandra ändert Nichts an dem kommenden Unheil — es wird kommen, schrecklich kommen über uns Alle und seine Opfer fordern — und dann wird Alles sein wie vorher!“ Pauline sagte dies mit so tiefem Grausen, daß kalte Schauer über ihren Körper rieselten und sie sichtbar zu zittern anfing. „Sie haben ein trauriges Loos, Pauline, nur weil Sie ein Herz für die Menschheit haben.“ Sie raffte sich zusammen und stand auf: „Wir wollen einander nicht erweichen,“ sagte sie, „ich glaube, ich werde noch viel Kraft brauchen! — Drunten läutet eben die Mittagsglocke. — Wollen Sie vielleicht mit Franz sprechen? Unterdeß mach’ ich mich zur Fahrt zurecht und bestelle den Wagen.“ Er stand auf, stimmte bei und ging. Unten traf er bald auf Franz, der mit gesenktem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0077" n="73"/> gestehe, um deswillen thut es mir leid, Sie allein getroffen zu haben.“</p> <p>„O, wagen Sie das nicht — Sie am Wenigsten — er mißtrauet Ihrem Bruder — er könnte das Schrecklichste vermuthen. Es ist Alles vergebens! Er hört auch kein Wort von mir mehr an über diesen Punkt — und mein Bruder ist noch mißtrauischer und strenger als der Vater. — Ach, ich sehe das Fürchterlichste kommen — aber der Blick der ungehörten Kassandra ändert Nichts an dem kommenden Unheil — es wird kommen, schrecklich kommen über uns Alle und seine Opfer fordern — und dann wird Alles sein wie vorher!“ Pauline sagte dies mit so tiefem Grausen, daß kalte Schauer über ihren Körper rieselten und sie sichtbar zu zittern anfing.</p> <p>„Sie haben ein trauriges Loos, Pauline, nur weil Sie ein Herz für die Menschheit haben.“</p> <p>Sie raffte sich zusammen und stand auf: „Wir wollen einander nicht erweichen,“ sagte sie, „ich glaube, ich werde noch viel Kraft brauchen! — Drunten läutet eben die Mittagsglocke. — Wollen Sie vielleicht mit Franz sprechen? Unterdeß mach’ ich mich zur Fahrt zurecht und bestelle den Wagen.“</p> <p>Er stand auf, stimmte bei und ging.</p> <p>Unten traf er bald auf Franz, der mit gesenktem </p> </div> </body> </text> </TEI> [73/0077]
gestehe, um deswillen thut es mir leid, Sie allein getroffen zu haben.“
„O, wagen Sie das nicht — Sie am Wenigsten — er mißtrauet Ihrem Bruder — er könnte das Schrecklichste vermuthen. Es ist Alles vergebens! Er hört auch kein Wort von mir mehr an über diesen Punkt — und mein Bruder ist noch mißtrauischer und strenger als der Vater. — Ach, ich sehe das Fürchterlichste kommen — aber der Blick der ungehörten Kassandra ändert Nichts an dem kommenden Unheil — es wird kommen, schrecklich kommen über uns Alle und seine Opfer fordern — und dann wird Alles sein wie vorher!“ Pauline sagte dies mit so tiefem Grausen, daß kalte Schauer über ihren Körper rieselten und sie sichtbar zu zittern anfing.
„Sie haben ein trauriges Loos, Pauline, nur weil Sie ein Herz für die Menschheit haben.“
Sie raffte sich zusammen und stand auf: „Wir wollen einander nicht erweichen,“ sagte sie, „ich glaube, ich werde noch viel Kraft brauchen! — Drunten läutet eben die Mittagsglocke. — Wollen Sie vielleicht mit Franz sprechen? Unterdeß mach’ ich mich zur Fahrt zurecht und bestelle den Wagen.“
Er stand auf, stimmte bei und ging.
Unten traf er bald auf Franz, der mit gesenktem
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