Pachelbel-Gehag, Johann Christoph von: Ausführliche Beschreibung Des Fichtel-Berges, Jn Norgau liegend. Leipzig, 1716.Beschreibung des Fichtelbergs. Das mag nun unsern Geist vergnügen und ergötzen/ Als welcher lieber soll/ was GOtt und göttlich heißt/ Kein Silber und kein Gold ist ihme gleich zu schätzen/ Wie dieß vor schlechten Stein auch selbst die Einfalt preißt. So weit steht von der Erd die blau Saphierne Bühne/ So weit die Himmels-Lust ist von der Eitelkeit: So weit/ wann Phoebus nur im duncklen Schmuck erschiene/ Auch überlegen ist das Licht der Dunckelheit. So weit ein Chreysolit den Kießling überwindet/ So weit ein Sammet-Rock dem Barchet gehet für/ Ja wann sich alle Welt mit allem Guth verbindet/ So langt es dennoch nicht an dieser Bücher Zier. Wann unser Augen-Paar zu einer Qvelle würde/ Und sich gar Tag und Nacht ein heisser Strohm ergieß/ Fürwar die könten nicht die grosse Sünden-Bürde Wegschwemmen mit dem Bach; wer aber glaubet dieß? Fast keinen findet man/ der diese Schätze achtet/ Und mit erhitztem Sinn die Biebel Adern sucht: Der diese Würdigkeit der Bücher recht betrachtet/ Was Wunder? daß uns GOtt gar in die Höll verflucht? Sie sind von GOttes Hand und Fingern selbst geschrieben: Wer aber/ leider! acht die Gnad der Ehren werth? Sie lieben vielmehr das/ was einmahl muß zerstüben/ Die Erde hasset nicht/ was kommet von der Erd. Der Reichthum füllt den Raum/ der nimmersatten Augen/ Man suchet hohen Standt und ungemeine Ehr: Die aber zu der Sünd/ wie Stroh zum Feuer taugen/ Und machen/ daß der Mensch nur sündigt mehr und mehr. Da henget unser Hertz/ da schweben unsre Sinnen/ Hier klebet unser Geist gleich als an einem Pech: Da will nicht Müh noch Fleiß in Kält und Frost zerrinnen/ Es wird der gantze Mensch in seinem Wesen reg. Seht/ F f 2
Beſchreibung des Fichtelbergs. Das mag nun unſern Geiſt vergnuͤgen und ergoͤtzen/ Als welcher lieber ſoll/ was GOtt und goͤttlich heißt/ Kein Silber und kein Gold iſt ihme gleich zu ſchaͤtzen/ Wie dieß vor ſchlechten Stein auch ſelbſt die Einfalt preißt. So weit ſteht von der Erd die blau Saphierne Buͤhne/ So weit die Himmels-Luſt iſt von der Eitelkeit: So weit/ wann Phœbus nur im duncklen Schmuck erſchiene/ Auch uͤberlegen iſt das Licht der Dunckelheit. So weit ein Chreyſolit den Kießling uͤberwindet/ So weit ein Sammet-Rock dem Barchet gehet fuͤr/ Ja wann ſich alle Welt mit allem Guth verbindet/ So langt es dennoch nicht an dieſer Buͤcher Zier. Wann unſer Augen-Paar zu einer Qvelle wuͤrde/ Und ſich gar Tag und Nacht ein heiſſer Strohm ergieß/ Fuͤrwar die koͤnten nicht die groſſe Suͤnden-Buͤrde Wegſchwemmen mit dem Bach; wer aber glaubet dieß? Faſt keinen findet man/ der dieſe Schaͤtze achtet/ Und mit erhitztem Sinn die Biebel Adern ſucht: Der dieſe Wuͤrdigkeit der Buͤcher recht betrachtet/ Was Wunder? daß uns GOtt gar in die Hoͤll verflucht? Sie ſind von GOttes Hand und Fingern ſelbſt geſchrieben: Wer aber/ leider! acht die Gnad der Ehren werth? Sie lieben vielmehr das/ was einmahl muß zerſtuͤben/ Die Erde haſſet nicht/ was kommet von der Erd. Der Reichthum fuͤllt den Raum/ der nimmerſatten Augen/ Man ſuchet hohen Standt und ungemeine Ehr: Die aber zu der Suͤnd/ wie Stroh zum Feuer taugen/ Und machen/ daß der Menſch nur ſuͤndigt mehr und mehr. Da henget unſer Hertz/ da ſchweben unſre Sinnen/ Hier klebet unſer Geiſt gleich als an einem Pech: Da will nicht Muͤh noch Fleiß in Kaͤlt und Froſt zerrinnen/ Es wird der gantze Menſch in ſeinem Weſen reg. Seht/ F f 2
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Beſchreibung des Fichtelbergs.
Das mag nun unſern Geiſt vergnuͤgen und ergoͤtzen/
Als welcher lieber ſoll/ was GOtt und goͤttlich heißt/
Kein Silber und kein Gold iſt ihme gleich zu ſchaͤtzen/
Wie dieß vor ſchlechten Stein auch ſelbſt die Einfalt preißt.
So weit ſteht von der Erd die blau Saphierne Buͤhne/
So weit die Himmels-Luſt iſt von der Eitelkeit:
So weit/ wann Phœbus nur im duncklen Schmuck erſchiene/
Auch uͤberlegen iſt das Licht der Dunckelheit.
So weit ein Chreyſolit den Kießling uͤberwindet/
So weit ein Sammet-Rock dem Barchet gehet fuͤr/
Ja wann ſich alle Welt mit allem Guth verbindet/
So langt es dennoch nicht an dieſer Buͤcher Zier.
Wann unſer Augen-Paar zu einer Qvelle wuͤrde/
Und ſich gar Tag und Nacht ein heiſſer Strohm ergieß/
Fuͤrwar die koͤnten nicht die groſſe Suͤnden-Buͤrde
Wegſchwemmen mit dem Bach; wer aber glaubet dieß?
Faſt keinen findet man/ der dieſe Schaͤtze achtet/
Und mit erhitztem Sinn die Biebel Adern ſucht:
Der dieſe Wuͤrdigkeit der Buͤcher recht betrachtet/
Was Wunder? daß uns GOtt gar in die Hoͤll verflucht?
Sie ſind von GOttes Hand und Fingern ſelbſt geſchrieben:
Wer aber/ leider! acht die Gnad der Ehren werth?
Sie lieben vielmehr das/ was einmahl muß zerſtuͤben/
Die Erde haſſet nicht/ was kommet von der Erd.
Der Reichthum fuͤllt den Raum/ der nimmerſatten Augen/
Man ſuchet hohen Standt und ungemeine Ehr:
Die aber zu der Suͤnd/ wie Stroh zum Feuer taugen/
Und machen/ daß der Menſch nur ſuͤndigt mehr und mehr.
Da henget unſer Hertz/ da ſchweben unſre Sinnen/
Hier klebet unſer Geiſt gleich als an einem Pech:
Da will nicht Muͤh noch Fleiß in Kaͤlt und Froſt zerrinnen/
Es wird der gantze Menſch in ſeinem Weſen reg.
Seht/
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