Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

siegreichen Ritters sey. Der Graf von Hohenlohe stand neben mir, als der Nordgauer fiel. "Glük zu einem solchen Vetter, sprach er, Fräulein Bertha!" - und das that mir in der Seele wohl.

Als die Tische aufgeräumt waren, und der Tanz begann, kam Kunz zu mir her, und zog mich auf. Es war mir sehr lieb, daß er so eilig nach mir grief; denn hätt' mich ein andrer von den Junkern erhascht, so wär' er auf den ganzen Abend für mich verlohren gewesen. Wohl drei Stunden hatten wir uns im Reigen herumgedreht, als ich ihn bat; ein wenig auszuruhen. Wir setzten uns auf eine Bank, nahe bei der Brüke, entfernt vom Getümmel. Da ward der gute Kunz sehr traulich und geschwätzig. Scheu drükte er mir die Hand, und sagte: "Bertha, ich hätte den Nordgauer nicht geworfen, wärest du nicht unter der Menge der edlen Frauen gewesen. Ich wollte deine Liebe verdienen, und das gab meinem Arm eine Stärke, der kein Riese widerstanden wäre. Als er fiel, blikt' ich zuerst nach dir, und ich war entzükt über das holde Lächeln, das sich über

siegreichen Ritters sey. Der Graf von Hohenlohe stand neben mir, als der Nordgauer fiel. „Glük zu einem solchen Vetter, sprach er, Fräulein Bertha!“ – und das that mir in der Seele wohl.

Als die Tische aufgeräumt waren, und der Tanz begann, kam Kunz zu mir her, und zog mich auf. Es war mir sehr lieb, daß er so eilig nach mir grief; denn hätt’ mich ein andrer von den Junkern erhascht, so wär’ er auf den ganzen Abend für mich verlohren gewesen. Wohl drei Stunden hatten wir uns im Reigen herumgedreht, als ich ihn bat; ein wenig auszuruhen. Wir setzten uns auf eine Bank, nahe bei der Brüke, entfernt vom Getümmel. Da ward der gute Kunz sehr traulich und geschwätzig. Scheu drükte er mir die Hand, und sagte: „Bertha, ich hätte den Nordgauer nicht geworfen, wärest du nicht unter der Menge der edlen Frauen gewesen. Ich wollte deine Liebe verdienen, und das gab meinem Arm eine Stärke, der kein Riese widerstanden wäre. Als er fiel, blikt’ ich zuerst nach dir, und ich war entzükt über das holde Lächeln, das sich über

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0015" n="11"/>
siegreichen Ritters sey. Der Graf <hi rendition="#g">von Hohenlohe</hi> stand neben mir, als der <hi rendition="#g">Nordgauer</hi> fiel. &#x201E;Glük zu einem solchen Vetter, sprach er, Fräulein Bertha!&#x201C; &#x2013; und das that mir in der Seele wohl.</p>
          <p>Als die Tische aufgeräumt waren, und der Tanz begann, kam <hi rendition="#g">Kunz</hi> zu mir her, und zog mich auf. Es war mir sehr lieb, daß er so eilig nach mir grief; denn hätt&#x2019; mich ein andrer von den Junkern erhascht, so wär&#x2019; er auf den ganzen Abend für mich verlohren gewesen. Wohl drei Stunden hatten wir uns im Reigen herumgedreht, als ich ihn bat; ein wenig auszuruhen. Wir setzten uns auf eine Bank, nahe bei der Brüke, entfernt vom Getümmel. Da ward der gute <hi rendition="#g">Kunz</hi> sehr traulich und geschwätzig. Scheu drükte er mir die Hand, und sagte: &#x201E;<hi rendition="#g">Bertha</hi>, ich hätte den <hi rendition="#g">Nordgauer</hi> nicht geworfen, wärest du nicht unter der Menge der edlen Frauen gewesen. Ich wollte deine Liebe verdienen, und das gab meinem Arm eine Stärke, der kein Riese widerstanden wäre. Als er fiel, blikt&#x2019; ich zuerst nach dir, und ich war entzükt über das holde Lächeln, das sich über
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[11/0015] siegreichen Ritters sey. Der Graf von Hohenlohe stand neben mir, als der Nordgauer fiel. „Glük zu einem solchen Vetter, sprach er, Fräulein Bertha!“ – und das that mir in der Seele wohl. Als die Tische aufgeräumt waren, und der Tanz begann, kam Kunz zu mir her, und zog mich auf. Es war mir sehr lieb, daß er so eilig nach mir grief; denn hätt’ mich ein andrer von den Junkern erhascht, so wär’ er auf den ganzen Abend für mich verlohren gewesen. Wohl drei Stunden hatten wir uns im Reigen herumgedreht, als ich ihn bat; ein wenig auszuruhen. Wir setzten uns auf eine Bank, nahe bei der Brüke, entfernt vom Getümmel. Da ward der gute Kunz sehr traulich und geschwätzig. Scheu drükte er mir die Hand, und sagte: „Bertha, ich hätte den Nordgauer nicht geworfen, wärest du nicht unter der Menge der edlen Frauen gewesen. Ich wollte deine Liebe verdienen, und das gab meinem Arm eine Stärke, der kein Riese widerstanden wäre. Als er fiel, blikt’ ich zuerst nach dir, und ich war entzükt über das holde Lächeln, das sich über

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/15
Zitationshilfe: Pahl, Johann Gottfried: Bertha von Wöllstein. Eine Reihe von Briefen aus dem Mittelalter. Nördlingen, 1794, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_bertha_1794/15>, abgerufen am 22.12.2024.