Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799.

Bild:
<< vorherige Seite

beschämen und in Verlegenheit zu setzen. Freundschaft und Liebe waren ihm fremde Empfindungen. In der Wollust war er unersättlich. Sein Zorn war Wuth. Er haßte kein Laster, als die Trunkenheit.

Man sieht hieraus, daß Karl allerdings Anlage hatte, das zu werden, was er nicht war, - ein großer Fürst. Denn die seltnen intellektuellen Talente, die er besaß, verbunden mit dieser Lebhaftigkeit des Charakters, bedurften nur einer regelmässigen und vollendeten Kultur, und eine durch Gewöhnung befestigte Richtung auf das moralische Interesse, und die schönsten Hoffnungen des Landes waren erfüllt. Er wuchs an der Hand eines vortrefflichen Erziehers, des Barons von Segui, der mit dem gebildetesten Verstande die reinste Moralität vereinigte, empor; und brachte mit seinen Brüdern dritthalb Jahre zu Berlin zu, wo Friedrich der Einzige selbst es sich zu seinem Geschäffte machte, ihre Erziehung zu beobachten und zu leiten. Es

beschämen und in Verlegenheit zu setzen. Freundschaft und Liebe waren ihm fremde Empfindungen. In der Wollust war er unersättlich. Sein Zorn war Wuth. Er haßte kein Laster, als die Trunkenheit.

Man sieht hieraus, daß Karl allerdings Anlage hatte, das zu werden, was er nicht war, – ein großer Fürst. Denn die seltnen intellektuellen Talente, die er besaß, verbunden mit dieser Lebhaftigkeit des Charakters, bedurften nur einer regelmässigen und vollendeten Kultur, und eine durch Gewöhnung befestigte Richtung auf das moralische Interesse, und die schönsten Hoffnungen des Landes waren erfüllt. Er wuchs an der Hand eines vortrefflichen Erziehers, des Barons von Segui, der mit dem gebildetesten Verstande die reinste Moralität vereinigte, empor; und brachte mit seinen Brüdern dritthalb Jahre zu Berlin zu, wo Friedrich der Einzige selbst es sich zu seinem Geschäffte machte, ihre Erziehung zu beobachten und zu leiten. Es

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0029" n="29"/>
beschämen und in Verlegenheit zu setzen. Freundschaft und Liebe waren ihm fremde Empfindungen. In der Wollust war er unersättlich. Sein Zorn war Wuth. Er haßte kein Laster, als die Trunkenheit.</p>
        <p>Man sieht hieraus, daß <hi rendition="#g">Karl</hi> allerdings Anlage hatte, das zu werden, was er nicht war, &#x2013; ein großer Fürst. Denn die seltnen intellektuellen Talente, die er besaß, verbunden mit dieser Lebhaftigkeit des Charakters, bedurften nur einer regelmässigen und vollendeten Kultur, und eine durch Gewöhnung befestigte Richtung auf das moralische Interesse, und die schönsten Hoffnungen des Landes waren erfüllt. Er wuchs an der Hand eines vortrefflichen Erziehers, des Barons von <hi rendition="#g">Segui</hi>, der mit dem gebildetesten Verstande die reinste Moralität vereinigte, empor; und brachte mit seinen Brüdern dritthalb Jahre zu <hi rendition="#g">Berlin</hi> zu, wo <hi rendition="#g">Friedrich</hi> der Einzige selbst es sich zu seinem Geschäffte machte, ihre Erziehung zu beobachten und zu leiten. Es
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0029] beschämen und in Verlegenheit zu setzen. Freundschaft und Liebe waren ihm fremde Empfindungen. In der Wollust war er unersättlich. Sein Zorn war Wuth. Er haßte kein Laster, als die Trunkenheit. Man sieht hieraus, daß Karl allerdings Anlage hatte, das zu werden, was er nicht war, – ein großer Fürst. Denn die seltnen intellektuellen Talente, die er besaß, verbunden mit dieser Lebhaftigkeit des Charakters, bedurften nur einer regelmässigen und vollendeten Kultur, und eine durch Gewöhnung befestigte Richtung auf das moralische Interesse, und die schönsten Hoffnungen des Landes waren erfüllt. Er wuchs an der Hand eines vortrefflichen Erziehers, des Barons von Segui, der mit dem gebildetesten Verstande die reinste Moralität vereinigte, empor; und brachte mit seinen Brüdern dritthalb Jahre zu Berlin zu, wo Friedrich der Einzige selbst es sich zu seinem Geschäffte machte, ihre Erziehung zu beobachten und zu leiten. Es

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/29
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Geheimnisse eines mehr als fünfzigjährigen wirtembergischen Staatsmannes. [Heilbronn], 1799, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_geheimnisse_1797/29>, abgerufen am 21.11.2024.