[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.man unter unsrer verdorbnen Jugend platterdings nicht aus. Atabu. Ich halte dafür, daß die Schuld immer mehr am Erzieher als an den Kindern liegt, wenn er viel zuschlagen muß. Ich behaupte, daß ein weiser Erzieher, dem funfzig Kinder anvertraut sind, manchmal mehrere Monate lang nicht in die traurige Notwendigkeit kommt, den Stock zu gebrauchen. Schulm. (mit lautem Lachen.) Weit gefehlt, Herr Philosoph! weit gefehlt! Ich bin durch die Praxis ein Meister geworden, und - keine Stunde geht dahin, wo ich nicht meinen Backel schwinge. Atabu. Haben Sie aber auch schon die Wahrheit beherzigt, daß es eine der schwersten Künsten des Erziehers ist, zur rechten Zeit und auf die rechte Weise zuzuschlagen, - und daß unzwekmässig angebrachte Schläge, unzähligemal mehr schaden, als die gänzliche Unterlassung derselben? Schulm. Ich bin nun vierzig Jahre Schulmeister, und habe viel erlebt, - und man unter unsrer verdorbnen Jugend platterdings nicht aus. Atabu. Ich halte dafür, daß die Schuld immer mehr am Erzieher als an den Kindern liegt, wenn er viel zuschlagen muß. Ich behaupte, daß ein weiser Erzieher, dem funfzig Kinder anvertraut sind, manchmal mehrere Monate lang nicht in die traurige Notwendigkeit kommt, den Stock zu gebrauchen. Schulm. (mit lautem Lachen.) Weit gefehlt, Herr Philosoph! weit gefehlt! Ich bin durch die Praxis ein Meister geworden, und – keine Stunde geht dahin, wo ich nicht meinen Backel schwinge. Atabu. Haben Sie aber auch schon die Wahrheit beherzigt, daß es eine der schwersten Künsten des Erziehers ist, zur rechten Zeit und auf die rechte Weise zuzuschlagen, – und daß unzwekmässig angebrachte Schläge, unzähligemal mehr schaden, als die gänzliche Unterlassung derselben? Schulm. Ich bin nun vierzig Jahre Schulmeister, und habe viel erlebt, – und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0125" n="121"/> man unter unsrer verdorbnen Jugend platterdings nicht aus.</p> <p><hi rendition="#g">Atabu</hi>. <hi rendition="#g">Ich</hi> halte dafür, daß die Schuld immer mehr am Erzieher als an den Kindern liegt, wenn er viel zuschlagen muß. Ich behaupte, daß ein <hi rendition="#g">weiser</hi> Erzieher, dem funfzig Kinder anvertraut sind, manchmal mehrere Monate lang nicht in die traurige Notwendigkeit kommt, den Stock zu gebrauchen.</p> <p><hi rendition="#g">Schulm.</hi> (mit lautem Lachen.) Weit gefehlt, Herr Philosoph! weit gefehlt! Ich bin durch <hi rendition="#g">die Praxis</hi> ein Meister geworden, und – keine Stunde geht dahin, wo ich nicht meinen Backel schwinge.</p> <p><hi rendition="#g">Atabu</hi>. Haben Sie aber auch schon die Wahrheit beherzigt, daß es eine der schwersten Künsten des Erziehers ist, zur rechten Zeit und auf die rechte Weise zuzuschlagen, – und daß unzwekmässig angebrachte Schläge, unzähligemal mehr schaden, als die gänzliche Unterlassung derselben?</p> <p><hi rendition="#g">Schulm.</hi> Ich bin nun vierzig Jahre Schulmeister, und habe viel erlebt, – und </p> </div> </body> </text> </TEI> [121/0125]
man unter unsrer verdorbnen Jugend platterdings nicht aus.
Atabu. Ich halte dafür, daß die Schuld immer mehr am Erzieher als an den Kindern liegt, wenn er viel zuschlagen muß. Ich behaupte, daß ein weiser Erzieher, dem funfzig Kinder anvertraut sind, manchmal mehrere Monate lang nicht in die traurige Notwendigkeit kommt, den Stock zu gebrauchen.
Schulm. (mit lautem Lachen.) Weit gefehlt, Herr Philosoph! weit gefehlt! Ich bin durch die Praxis ein Meister geworden, und – keine Stunde geht dahin, wo ich nicht meinen Backel schwinge.
Atabu. Haben Sie aber auch schon die Wahrheit beherzigt, daß es eine der schwersten Künsten des Erziehers ist, zur rechten Zeit und auf die rechte Weise zuzuschlagen, – und daß unzwekmässig angebrachte Schläge, unzähligemal mehr schaden, als die gänzliche Unterlassung derselben?
Schulm. Ich bin nun vierzig Jahre Schulmeister, und habe viel erlebt, – und
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