Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Er fieng an zu deklamirem. Erst brachte er all' das wieder in Erinnerung, was die Leute im Dorfe von seinem hohen Werte schon in der gedrukten Ankündigung gelesen hatten. Nur nahm er hier grösre Umwege, und trug noch hellere Farben ins Gemälde. Höher kann man die Unverschämtheit nicht treiben, als sie von diesem Manne getrieben ward. Wir trauten unsern eignen Ohren nicht, und sahen mit einem mal das, was wir für die äuserste Gränze dreisten Stolzes gehalten hatten, von diesem Deklamator überschreiten. Mit diesem stinkenden Selbstlobe stach das dumme Räsonnement über menschliche Krankheiten und ihre Ursachen, das unmittelbar darauf folgte, widrig genug ab, und vollendete unsre Ueberzeugung, daß er nicht einmal die ersten Elemente der Arzneikunde verstehe, und nichts weniger und nichts mehr sey, als ein frecher Betrüger, dem das Brandmahl vor die Stirne gehörte. Die Leute in dem Dorfe waren aber der entgegengesezten Meinung, denn sie bestürmten das Theater mit dem wildesten Ungestümm, und kauften den

Er fieng an zu deklamirem. Erst brachte er all’ das wieder in Erinnerung, was die Leute im Dorfe von seinem hohen Werte schon in der gedrukten Ankündigung gelesen hatten. Nur nahm er hier grösre Umwege, und trug noch hellere Farben ins Gemälde. Höher kann man die Unverschämtheit nicht treiben, als sie von diesem Manne getrieben ward. Wir trauten unsern eignen Ohren nicht, und sahen mit einem mal das, was wir für die äuserste Gränze dreisten Stolzes gehalten hatten, von diesem Deklamator überschreiten. Mit diesem stinkenden Selbstlobe stach das dumme Räsonnement über menschliche Krankheiten und ihre Ursachen, das unmittelbar darauf folgte, widrig genug ab, und vollendete unsre Ueberzeugung, daß er nicht einmal die ersten Elemente der Arzneikunde verstehe, und nichts weniger und nichts mehr sey, als ein frecher Betrüger, dem das Brandmahl vor die Stirne gehörte. Die Leute in dem Dorfe waren aber der entgegengesezten Meinung, denn sie bestürmten das Theater mit dem wildesten Ungestümm, und kauften den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0134" n="130"/>
        <p>Er fieng an zu deklamirem. Erst brachte er all&#x2019; das wieder in Erinnerung, was die Leute im Dorfe von seinem hohen Werte schon in der gedrukten Ankündigung gelesen hatten. Nur nahm er hier grösre Umwege, und trug noch hellere Farben ins Gemälde. Höher kann man die Unverschämtheit nicht treiben, als sie von diesem Manne getrieben ward. Wir trauten unsern eignen Ohren nicht, und sahen mit einem mal das, was wir für die äuserste Gränze dreisten Stolzes gehalten hatten, von diesem Deklamator überschreiten. Mit diesem stinkenden Selbstlobe stach das dumme Räsonnement über menschliche Krankheiten und ihre Ursachen, das unmittelbar darauf folgte, widrig genug ab, und vollendete unsre Ueberzeugung, daß er nicht einmal die ersten Elemente der Arzneikunde verstehe, und nichts weniger und nichts mehr sey, als ein frecher Betrüger, dem das Brandmahl vor die Stirne gehörte. Die Leute in dem Dorfe waren aber der entgegengesezten Meinung, denn sie bestürmten das Theater mit dem wildesten Ungestümm, und kauften den
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[130/0134] Er fieng an zu deklamirem. Erst brachte er all’ das wieder in Erinnerung, was die Leute im Dorfe von seinem hohen Werte schon in der gedrukten Ankündigung gelesen hatten. Nur nahm er hier grösre Umwege, und trug noch hellere Farben ins Gemälde. Höher kann man die Unverschämtheit nicht treiben, als sie von diesem Manne getrieben ward. Wir trauten unsern eignen Ohren nicht, und sahen mit einem mal das, was wir für die äuserste Gränze dreisten Stolzes gehalten hatten, von diesem Deklamator überschreiten. Mit diesem stinkenden Selbstlobe stach das dumme Räsonnement über menschliche Krankheiten und ihre Ursachen, das unmittelbar darauf folgte, widrig genug ab, und vollendete unsre Ueberzeugung, daß er nicht einmal die ersten Elemente der Arzneikunde verstehe, und nichts weniger und nichts mehr sey, als ein frecher Betrüger, dem das Brandmahl vor die Stirne gehörte. Die Leute in dem Dorfe waren aber der entgegengesezten Meinung, denn sie bestürmten das Theater mit dem wildesten Ungestümm, und kauften den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Göttinger Digitalisierungszentrum: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/134
Zitationshilfe: [Pahl, Johann Gottfried]: Die Philosophen aus dem Uranus. Konstantinopel, 1796, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pahl_philosophen_1796/134>, abgerufen am 21.11.2024.