[Pahl, Johann Gottfried]: Leben und Thaten des ehrwürdigen Paters Simpertus. Madrit [i. e. Heilbronn], 1799.Menge Tonsuren vor den Strahlenbergischen Altären, die eher an der Loire, an der Seine und an der Rhone das heilige Meßopfer verrichtet hatten. Alle diese Leute waren heftige Obskuranten. Schade, daß die wenigsten teutsch verstanden; wir hätten Wunder durch sie gethan. Sie stärkten die schwachen Brüder, erbauten das Volk durch ihre Frömmigkeit, pflanzten den Franzosenhaß durch den Anblick ihrer Armseligkeit und ihrer Lumpen, und verstanden doch bald so viel von unserer Muttersprache, daß sie den Bauern zurufen konnten: ütet euk vor die verflugte Aufgelärunk!" Am Hofe vermochte es Lucius auch nicht mehr, die Herren und Damen von der noblesse emigree so hinwegzubeißen, wie er es in den beyden ersten Jahren der Revolution gethan hatte. Die Fürstinn hatte pro primo ein natürlich gutes Herz, und es war unmöglich, sie so ganz zur Philosophinn zu machen, daß sie nicht Mitleiden gegen Grafen, Markise und Baronen hätte fühlen sollen, die eher Millionen und Hunderttausende jährlicher Einkünfte zogen, und nun auf der Diligence im Lande Menge Tonsuren vor den Strahlenbergischen Altären, die eher an der Loire, an der Seine und an der Rhone das heilige Meßopfer verrichtet hatten. Alle diese Leute waren heftige Obskuranten. Schade, daß die wenigsten teutsch verstanden; wir hätten Wunder durch sie gethan. Sie stärkten die schwachen Brüder, erbauten das Volk durch ihre Frömmigkeit, pflanzten den Franzosenhaß durch den Anblick ihrer Armseligkeit und ihrer Lumpen, und verstanden doch bald so viel von unserer Muttersprache, daß sie den Bauern zurufen konnten: ütet euk vor die verflugte Aufgelärunk!“ Am Hofe vermochte es Lucius auch nicht mehr, die Herren und Damen von der noblesse emigrèe so hinwegzubeißen, wie er es in den beyden ersten Jahren der Revolution gethan hatte. Die Fürstinn hatte pro primo ein natürlich gutes Herz, und es war unmöglich, sie so ganz zur Philosophinn zu machen, daß sie nicht Mitleiden gegen Grafen, Markise und Baronen hätte fühlen sollen, die eher Millionen und Hunderttausende jährlicher Einkünfte zogen, und nun auf der Diligençe im Lande <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0144" n="144"/> Menge Tonsuren vor den Strahlenbergischen Altären, die eher an der <hi rendition="#g">Loire</hi>, an der <hi rendition="#g">Seine</hi> und an der <hi rendition="#g">Rhone</hi> das heilige Meßopfer verrichtet hatten. Alle diese Leute waren heftige Obskuranten. Schade, daß die wenigsten teutsch verstanden; wir hätten Wunder durch sie gethan. Sie stärkten die schwachen Brüder, erbauten das Volk durch ihre Frömmigkeit, pflanzten den Franzosenhaß durch den Anblick ihrer Armseligkeit und ihrer Lumpen, und verstanden doch bald so viel von unserer Muttersprache, daß sie den Bauern zurufen konnten: <hi rendition="#g">ütet euk vor die verflugte Aufgelärunk!</hi>“</p> <p>Am Hofe vermochte es <hi rendition="#g">Lucius</hi> auch nicht mehr, die Herren und Damen von der <hi rendition="#aq">noblesse emigrèe</hi> so hinwegzubeißen, wie er es in den beyden ersten Jahren der Revolution gethan hatte. Die Fürstinn hatte <hi rendition="#aq">pro primo</hi> ein natürlich gutes Herz, und es war unmöglich, sie so ganz zur Philosophinn zu machen, daß sie nicht Mitleiden gegen Grafen, Markise und Baronen hätte fühlen sollen, die eher Millionen und Hunderttausende jährlicher Einkünfte zogen, und nun auf der Diligençe im Lande </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0144]
Menge Tonsuren vor den Strahlenbergischen Altären, die eher an der Loire, an der Seine und an der Rhone das heilige Meßopfer verrichtet hatten. Alle diese Leute waren heftige Obskuranten. Schade, daß die wenigsten teutsch verstanden; wir hätten Wunder durch sie gethan. Sie stärkten die schwachen Brüder, erbauten das Volk durch ihre Frömmigkeit, pflanzten den Franzosenhaß durch den Anblick ihrer Armseligkeit und ihrer Lumpen, und verstanden doch bald so viel von unserer Muttersprache, daß sie den Bauern zurufen konnten: ütet euk vor die verflugte Aufgelärunk!“
Am Hofe vermochte es Lucius auch nicht mehr, die Herren und Damen von der noblesse emigrèe so hinwegzubeißen, wie er es in den beyden ersten Jahren der Revolution gethan hatte. Die Fürstinn hatte pro primo ein natürlich gutes Herz, und es war unmöglich, sie so ganz zur Philosophinn zu machen, daß sie nicht Mitleiden gegen Grafen, Markise und Baronen hätte fühlen sollen, die eher Millionen und Hunderttausende jährlicher Einkünfte zogen, und nun auf der Diligençe im Lande
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