Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

Bild:
<< vorherige Seite

bis 6 Uhr, wo wir nilabwärts bis zur reizenden
windstillen Nilinsel Philae mit ihren zierlichen
Tempeln und der unvergleichlichen Pracht ihres
Abendhimmels zurückgekehrt waren. Beim Ab-
schiede bat ich um die Vergunst, morgen und
übermorgen nicht kommen zu dürfen, weil ich
nach Jena hinüberfahren wollte, um die dortige
Bibliothek kennen zu lernen, aber am 28ten
würde ich nicht verfehlen, meinen Glückwunsch
zu dem festlichen Tage darzubringen. Als der
Kammerjunker hörte, dass ich wiederkommen
werde, nahm er mich als Gast für das Fest in
Beschlag, das alljährlich von der Stadt Weimar
dem Dichter zu Ehren auf dem Rathhause ge-
geben wird. Jch ging, obgleich ein entschie-
dener Feind aller Zweckessen, um so lieber
darauf ein, als ich hoffen konnte, Goethen dort
im Glanze einer grossen Versammlung zu sehn
und sprechen zu hören.

Der alte Herr trug mir einen herzlichen
Gruss an seinen Freund Knebel auf, an dem
ich einen "ganz jungen Mann von 83 Jahren"
finden werde, der zwar schon von 1763--73 in
Potsdam als Offizier gestanden, aber kürzlich

4*

bis 6 Uhr, wo wir nilabwärts bis zur reizenden
windstillen Nilinsel Philae mit ihren zierlichen
Tempeln und der unvergleichlichen Pracht ihres
Abendhimmels zurückgekehrt waren. Beim Ab-
schiede bat ich um die Vergunst, morgen und
übermorgen nicht kommen zu dürfen, weil ich
nach Jena hinüberfahren wollte, um die dortige
Bibliothek kennen zu lernen, aber am 28ten
würde ich nicht verfehlen, meinen Glückwunsch
zu dem festlichen Tage darzubringen. Als der
Kammerjunker hörte, dass ich wiederkommen
werde, nahm er mich als Gast für das Fest in
Beschlag, das alljährlich von der Stadt Weimar
dem Dichter zu Ehren auf dem Rathhause ge-
geben wird. Jch ging, obgleich ein entschie-
dener Feind aller Zweckessen, um so lieber
darauf ein, als ich hoffen konnte, Goethen dort
im Glanze einer grossen Versammlung zu sehn
und sprechen zu hören.

Der alte Herr trug mir einen herzlichen
Gruss an seinen Freund Knebel auf, an dem
ich einen „ganz jungen Mann von 83 Jahren“
finden werde, der zwar schon von 1763—73 in
Potsdam als Offizier gestanden, aber kürzlich

4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0056" n="51"/>
        <p xml:id="ID_196" prev="#ID_195"> bis 6 Uhr, wo wir nilabwärts bis zur reizenden<lb/>
windstillen Nilinsel Philae mit ihren zierlichen<lb/>
Tempeln und der unvergleichlichen Pracht ihres<lb/>
Abendhimmels zurückgekehrt waren. Beim Ab-<lb/>
schiede bat ich um die Vergunst, morgen und<lb/>
übermorgen nicht kommen zu dürfen, weil ich<lb/>
nach Jena hinüberfahren wollte, um die dortige<lb/>
Bibliothek kennen zu lernen, aber am 28ten<lb/>
würde ich nicht verfehlen, meinen Glückwunsch<lb/>
zu dem festlichen Tage darzubringen. Als der<lb/>
Kammerjunker hörte, dass ich wiederkommen<lb/>
werde, nahm er mich als Gast für das Fest in<lb/>
Beschlag, das alljährlich von der Stadt Weimar<lb/>
dem Dichter zu Ehren auf dem Rathhause ge-<lb/>
geben wird. Jch ging, obgleich ein entschie-<lb/>
dener Feind aller Zweckessen, um so lieber<lb/>
darauf ein, als ich hoffen konnte, Goethen dort<lb/>
im Glanze einer grossen Versammlung zu sehn<lb/>
und sprechen zu hören.     </p><lb/>
        <p xml:id="ID_197" next="#ID_198">     Der alte Herr trug mir einen herzlichen<lb/>
Gruss an seinen Freund Knebel auf, an dem<lb/>
ich einen &#x201E;ganz jungen Mann von 83 Jahren&#x201C;<lb/>
finden werde, der zwar schon von 1763&#x2014;73 in<lb/>
Potsdam als Offizier gestanden, aber kürzlich </p><lb/>
        <fw type="sig" place="bottom">4*</fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[51/0056] bis 6 Uhr, wo wir nilabwärts bis zur reizenden windstillen Nilinsel Philae mit ihren zierlichen Tempeln und der unvergleichlichen Pracht ihres Abendhimmels zurückgekehrt waren. Beim Ab- schiede bat ich um die Vergunst, morgen und übermorgen nicht kommen zu dürfen, weil ich nach Jena hinüberfahren wollte, um die dortige Bibliothek kennen zu lernen, aber am 28ten würde ich nicht verfehlen, meinen Glückwunsch zu dem festlichen Tage darzubringen. Als der Kammerjunker hörte, dass ich wiederkommen werde, nahm er mich als Gast für das Fest in Beschlag, das alljährlich von der Stadt Weimar dem Dichter zu Ehren auf dem Rathhause ge- geben wird. Jch ging, obgleich ein entschie- dener Feind aller Zweckessen, um so lieber darauf ein, als ich hoffen konnte, Goethen dort im Glanze einer grossen Versammlung zu sehn und sprechen zu hören. Der alte Herr trug mir einen herzlichen Gruss an seinen Freund Knebel auf, an dem ich einen „ganz jungen Mann von 83 Jahren“ finden werde, der zwar schon von 1763—73 in Potsdam als Offizier gestanden, aber kürzlich 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-08-05T13:43:06Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/56
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/56>, abgerufen am 23.11.2024.