Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

Bild:
<< vorherige Seite

mühle, und mussten sich mit den Betten be-
helfen, wie es eben gehen wollte. Es war
ausgemacht, dass man am andern Morgen früh
aufbrechen werde, und wer nicht zur bestimm-
ten Stunde auf dem Platze sei, der verfalle in
eine strenge Busse. Goethes Bett füllte den hin-
teren Raum eines tiefen Alkovens, der keinen an-
dern Zugang hatte. Als er sich dahin zurück-
gezogen, beriethen die andern, den Herzog an
der Spitze, was man wohl thun könne, um
Goethen die bestimmte Stunde des Aufbruchs
versäumen zu machen. Der Müller, mit in das
Komplott gezogen, gab einen Rath, den man
auch am Morgen befolgte. Als Goethe auf-
stehn wollte, traten 2 Genossen in den Alko-
ven, und schütteten zu den Füssen des Bettes
und bis an den Eingang hin einen grossen
Korb mit Glas- und Thonscherben aus. Es
war unmöglich darüber wegzukommen, und ehe
eine Brücke über diesen "gläsernen Sumpf"
geschlagen werden konnte, war die bestimmte
Stunde versäumt. Beim Frühstück vertraute der
Herzog Goethen, wer den arglistigen Rath ge-
geben. Der Müller erhielt nun den Beinamen

mühle, und mussten sich mit den Betten be-
helfen, wie es eben gehen wollte. Es war
ausgemacht, dass man am andern Morgen früh
aufbrechen werde, und wer nicht zur bestimm-
ten Stunde auf dem Platze sei, der verfalle in
eine strenge Busse. Goethes Bett füllte den hin-
teren Raum eines tiefen Alkovens, der keinen an-
dern Zugang hatte. Als er sich dahin zurück-
gezogen, beriethen die andern, den Herzog an
der Spitze, was man wohl thun könne, um
Goethen die bestimmte Stunde des Aufbruchs
versäumen zu machen. Der Müller, mit in das
Komplott gezogen, gab einen Rath, den man
auch am Morgen befolgte. Als Goethe auf-
stehn wollte, traten 2 Genossen in den Alko-
ven, und schütteten zu den Füssen des Bettes
und bis an den Eingang hin einen grossen
Korb mit Glas- und Thonscherben aus. Es
war unmöglich darüber wegzukommen, und ehe
eine Brücke über diesen „gläsernen Sumpf“
geschlagen werden konnte, war die bestimmte
Stunde versäumt. Beim Frühstück vertraute der
Herzog Goethen, wer den arglistigen Rath ge-
geben. Der Müller erhielt nun den Beinamen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0062" n="57"/>
        <p xml:id="ID_211" prev="#ID_210" next="#ID_212">     mühle, und mussten sich mit den Betten be-<lb/>
helfen, wie es eben gehen wollte. Es war<lb/>
ausgemacht, dass man am andern Morgen früh<lb/>
aufbrechen werde, und wer nicht zur bestimm-<lb/>
ten Stunde auf dem Platze sei, der verfalle in<lb/>
eine strenge Busse. Goethes Bett füllte den hin-<lb/>
teren Raum eines tiefen Alkovens, der keinen an-<lb/>
dern Zugang hatte. Als er sich dahin zurück-<lb/>
gezogen, beriethen die andern, den Herzog an<lb/>
der Spitze, was man wohl thun könne, um<lb/>
Goethen die bestimmte Stunde des Aufbruchs<lb/>
versäumen zu machen. Der Müller, mit in das<lb/>
Komplott gezogen, gab einen Rath, den man<lb/>
auch am Morgen befolgte. Als Goethe auf-<lb/>
stehn wollte, traten 2 Genossen in den Alko-<lb/>
ven, und schütteten zu den Füssen des Bettes<lb/>
und bis an den Eingang hin einen grossen<lb/>
Korb mit Glas- und Thonscherben aus. Es<lb/>
war unmöglich darüber wegzukommen, und ehe<lb/>
eine Brücke über diesen &#x201E;gläsernen Sumpf&#x201C;<lb/>
geschlagen werden konnte, war die bestimmte<lb/>
Stunde versäumt. Beim Frühstück vertraute der<lb/>
Herzog Goethen, wer den arglistigen Rath ge-<lb/>
geben. Der Müller erhielt nun den Beinamen     </p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0062] mühle, und mussten sich mit den Betten be- helfen, wie es eben gehen wollte. Es war ausgemacht, dass man am andern Morgen früh aufbrechen werde, und wer nicht zur bestimm- ten Stunde auf dem Platze sei, der verfalle in eine strenge Busse. Goethes Bett füllte den hin- teren Raum eines tiefen Alkovens, der keinen an- dern Zugang hatte. Als er sich dahin zurück- gezogen, beriethen die andern, den Herzog an der Spitze, was man wohl thun könne, um Goethen die bestimmte Stunde des Aufbruchs versäumen zu machen. Der Müller, mit in das Komplott gezogen, gab einen Rath, den man auch am Morgen befolgte. Als Goethe auf- stehn wollte, traten 2 Genossen in den Alko- ven, und schütteten zu den Füssen des Bettes und bis an den Eingang hin einen grossen Korb mit Glas- und Thonscherben aus. Es war unmöglich darüber wegzukommen, und ehe eine Brücke über diesen „gläsernen Sumpf“ geschlagen werden konnte, war die bestimmte Stunde versäumt. Beim Frühstück vertraute der Herzog Goethen, wer den arglistigen Rath ge- geben. Der Müller erhielt nun den Beinamen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-08-05T13:43:06Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/62
Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/62>, abgerufen am 23.11.2024.