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Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862].

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wisch war nur noch der Kanzler von Müller
zugegen, dessen freie, offene Natur, grosse
Geistesschärfe und eminente Geschäftsthätigkeit
bei Goethe die vollste Anerkennung fanden.
Der ehrwürdige Patriarch war in der heitersten
Laune und strahlte wie eine Sonne Behagen
aus. Seinen Jupiterkopf suchte ich mir recht
einzuprägen. Jch besitze seine beiden Büsten
von Trippel und von Rauch, aber so viel Ver-
dienst man auch einer jeden zuerkennen muss,
so bleiben doch beide weit hinter der Wirk-
lichkeit zurück. Die Formen sind wohl rich-
tig und geistvoll aufgefasst, aber den reichen,
lebendigen, übermächtigen Geist selbst vermö-
gen sie nicht wiederzugeben. An die gewölbte,
mässig gefurchte Stirn, die durch das zurück-
gekämmte Haar in ihrer ganzen Höhe erschien,
schloss sich eine gebogene, durch das Alter
etwas schwer gewordene Nase im richtigsten
Verhältnisse an. Die grossen braunen Augen,
von einem hellen Altersringe eingefasst, konn-
ten unbeschreiblich sanfte Blicke, und dann
wieder Feuerfunken werfen. Der ganz zahn-
lose Mund war das einzige, an dem die 78

wisch war nur noch der Kanzler von Müller
zugegen, dessen freie, offene Natur, grosse
Geistesschärfe und eminente Geschäftsthätigkeit
bei Goethe die vollste Anerkennung fanden.
Der ehrwürdige Patriarch war in der heitersten
Laune und strahlte wie eine Sonne Behagen
aus. Seinen Jupiterkopf suchte ich mir recht
einzuprägen. Jch besitze seine beiden Büsten
von Trippel und von Rauch, aber so viel Ver-
dienst man auch einer jeden zuerkennen muss,
so bleiben doch beide weit hinter der Wirk-
lichkeit zurück. Die Formen sind wohl rich-
tig und geistvoll aufgefasst, aber den reichen,
lebendigen, übermächtigen Geist selbst vermö-
gen sie nicht wiederzugeben. An die gewölbte,
mässig gefurchte Stirn, die durch das zurück-
gekämmte Haar in ihrer ganzen Höhe erschien,
schloss sich eine gebogene, durch das Alter
etwas schwer gewordene Nase im richtigsten
Verhältnisse an. Die grossen braunen Augen,
von einem hellen Altersringe eingefasst, konn-
ten unbeschreiblich sanfte Blicke, und dann
wieder Feuerfunken werfen. Der ganz zahn-
lose Mund war das einzige, an dem die 78

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[79/0084] wisch war nur noch der Kanzler von Müller zugegen, dessen freie, offene Natur, grosse Geistesschärfe und eminente Geschäftsthätigkeit bei Goethe die vollste Anerkennung fanden. Der ehrwürdige Patriarch war in der heitersten Laune und strahlte wie eine Sonne Behagen aus. Seinen Jupiterkopf suchte ich mir recht einzuprägen. Jch besitze seine beiden Büsten von Trippel und von Rauch, aber so viel Ver- dienst man auch einer jeden zuerkennen muss, so bleiben doch beide weit hinter der Wirk- lichkeit zurück. Die Formen sind wohl rich- tig und geistvoll aufgefasst, aber den reichen, lebendigen, übermächtigen Geist selbst vermö- gen sie nicht wiederzugeben. An die gewölbte, mässig gefurchte Stirn, die durch das zurück- gekämmte Haar in ihrer ganzen Höhe erschien, schloss sich eine gebogene, durch das Alter etwas schwer gewordene Nase im richtigsten Verhältnisse an. Die grossen braunen Augen, von einem hellen Altersringe eingefasst, konn- ten unbeschreiblich sanfte Blicke, und dann wieder Feuerfunken werfen. Der ganz zahn- lose Mund war das einzige, an dem die 78

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Ein verfehlter und ein gelungener Besuch bei Goethe. 1819 und 1827. Handschrift für Freunde. [Berlin], [1862], S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_goethe_1819/84>, abgerufen am 31.10.2024.