Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].So viel ich mich erinnre, wird ein Weiß- oder Wirsigkohlkopf ausgehöhlt, mit gewürztem Fleischfüllsel, Oliven, Kapern, Sardellen und andern feinen Ingredienzien gefüllt, und mit besonderer Vorsicht gebacken oder gebraten. Der königliche Koch Noel glänzte in der Zubereitung dieser Bombe, und der Grosvater versäumte nicht, uns bei dieser Gelegenheit die Tischordnung des feinschmeckenden Friedrich II. mitzutheilen. Beim Frühstücke wurde dem Könige das Koncept zu dem mittägigen Speisezettel vorgelegt; er änderte daran nach Belieben, strich aus und setzte zu. Bei Tische lagen neben seinem Couvert der auf Velinpapier ins Reine geschriebene Zettel und ein Bleistift, mit dem er zuweilen kurze Bemerkungen oder bloß Kreuze an den Band verzeichnete. In der Familie Blesson befanden sich damals gegen 100 solcher Originalspeisezettel, und der Grosvater hatte bei der Bombe a la Sardanapale die Randnote gelesen: Bravo, Noel! Er wußte auch, daß der König sich mehr als einmal eine Indigestion daran gegessen, aber immer wieder auf dieses Lieblingsgericht zurückgekommen sei. Die Zubereitung dieses königlichen Leckerbissens hatte der Grosvater von Noel selbst gelernt, und wollte sie nun in seiner bürgerlichen Küche nachahmen, erlitt aber damit eine traurige Niederlage. Nach wochenlangen Vorbereitungen und Instructionen an die Köchin erschien denn endlich die gefeierte Bombe auf der Tafel, fand aber nicht den mindesten Beifall. Der Grosvater selbst mußte gestehn, sie sei misrathen und es war nicht weiter die Rede davon. Im höheren Alter wurde er sehr bequem, und machte sich bei seiner Korpulenz viel zu wenig Bewegung. Dies So viel ich mich erinnre, wird ein Weiß- oder Wirsigkohlkopf ausgehöhlt, mit gewürztem Fleischfüllsel, Oliven, Kapern, Sardellen und andern feinen Ingredienzien gefüllt, und mit besonderer Vorsicht gebacken oder gebraten. Der königliche Koch Noel glänzte in der Zubereitung dieser Bombe, und der Grosvater versäumte nicht, uns bei dieser Gelegenheit die Tischordnung des feinschmeckenden Friedrich II. mitzutheilen. Beim Frühstücke wurde dem Könige das Koncept zu dem mittägigen Speisezettel vorgelegt; er änderte daran nach Belieben, strich aus und setzte zu. Bei Tische lagen neben seinem Couvert der auf Velinpapier ins Reine geschriebene Zettel und ein Bleistift, mit dem er zuweilen kurze Bemerkungen oder bloß Kreuze an den Band verzeichnete. In der Familie Blesson befanden sich damals gegen 100 solcher Originalspeisezettel, und der Grosvater hatte bei der Bombe a la Sardanapale die Randnote gelesen: Bravo, Noel! Er wußte auch, daß der König sich mehr als einmal eine Indigestion daran gegessen, aber immer wieder auf dieses Lieblingsgericht zurückgekommen sei. Die Zubereitung dieses königlichen Leckerbissens hatte der Grosvater von Noel selbst gelernt, und wollte sie nun in seiner bürgerlichen Küche nachahmen, erlitt aber damit eine traurige Niederlage. Nach wochenlangen Vorbereitungen und Instructionen an die Köchin erschien denn endlich die gefeierte Bombe auf der Tafel, fand aber nicht den mindesten Beifall. Der Grosvater selbst mußte gestehn, sie sei misrathen und es war nicht weiter die Rede davon. Im höheren Alter wurde er sehr bequem, und machte sich bei seiner Korpulenz viel zu wenig Bewegung. Dies <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div> <p><pb facs="#f0257" n="245"/> So viel ich mich erinnre, wird ein Weiß- oder Wirsigkohlkopf ausgehöhlt, mit gewürztem Fleischfüllsel, Oliven, Kapern, Sardellen und andern feinen Ingredienzien gefüllt, und mit besonderer Vorsicht gebacken oder gebraten. Der königliche Koch Noel glänzte in der Zubereitung dieser Bombe, und der Grosvater versäumte nicht, uns bei dieser Gelegenheit die Tischordnung des feinschmeckenden Friedrich II. mitzutheilen. </p><lb/> <p>Beim Frühstücke wurde dem Könige das Koncept zu dem mittägigen Speisezettel vorgelegt; er änderte daran nach Belieben, strich aus und setzte zu. Bei Tische lagen neben seinem Couvert der auf Velinpapier ins Reine geschriebene Zettel und ein Bleistift, mit dem er zuweilen kurze Bemerkungen oder bloß Kreuze an den Band verzeichnete. In der Familie Blesson befanden sich damals gegen 100 solcher Originalspeisezettel, und der Grosvater hatte bei der Bombe a la Sardanapale die Randnote gelesen: Bravo, Noel! Er wußte auch, daß der König sich mehr als einmal eine Indigestion daran gegessen, aber immer wieder auf dieses Lieblingsgericht zurückgekommen sei. </p><lb/> <p>Die Zubereitung dieses königlichen Leckerbissens hatte der Grosvater von Noel selbst gelernt, und wollte sie nun in seiner bürgerlichen Küche nachahmen, erlitt aber damit eine traurige Niederlage. Nach wochenlangen Vorbereitungen und Instructionen an die Köchin erschien denn endlich die gefeierte Bombe auf der Tafel, fand aber nicht den mindesten Beifall. Der Grosvater selbst mußte gestehn, sie sei misrathen und es war nicht weiter die Rede davon. </p><lb/> <p>Im höheren Alter wurde er sehr bequem, und machte sich bei seiner Korpulenz viel zu wenig Bewegung. Dies </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [245/0257]
So viel ich mich erinnre, wird ein Weiß- oder Wirsigkohlkopf ausgehöhlt, mit gewürztem Fleischfüllsel, Oliven, Kapern, Sardellen und andern feinen Ingredienzien gefüllt, und mit besonderer Vorsicht gebacken oder gebraten. Der königliche Koch Noel glänzte in der Zubereitung dieser Bombe, und der Grosvater versäumte nicht, uns bei dieser Gelegenheit die Tischordnung des feinschmeckenden Friedrich II. mitzutheilen.
Beim Frühstücke wurde dem Könige das Koncept zu dem mittägigen Speisezettel vorgelegt; er änderte daran nach Belieben, strich aus und setzte zu. Bei Tische lagen neben seinem Couvert der auf Velinpapier ins Reine geschriebene Zettel und ein Bleistift, mit dem er zuweilen kurze Bemerkungen oder bloß Kreuze an den Band verzeichnete. In der Familie Blesson befanden sich damals gegen 100 solcher Originalspeisezettel, und der Grosvater hatte bei der Bombe a la Sardanapale die Randnote gelesen: Bravo, Noel! Er wußte auch, daß der König sich mehr als einmal eine Indigestion daran gegessen, aber immer wieder auf dieses Lieblingsgericht zurückgekommen sei.
Die Zubereitung dieses königlichen Leckerbissens hatte der Grosvater von Noel selbst gelernt, und wollte sie nun in seiner bürgerlichen Küche nachahmen, erlitt aber damit eine traurige Niederlage. Nach wochenlangen Vorbereitungen und Instructionen an die Köchin erschien denn endlich die gefeierte Bombe auf der Tafel, fand aber nicht den mindesten Beifall. Der Grosvater selbst mußte gestehn, sie sei misrathen und es war nicht weiter die Rede davon.
Im höheren Alter wurde er sehr bequem, und machte sich bei seiner Korpulenz viel zu wenig Bewegung. Dies
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/257 |
Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/257>, abgerufen am 24.06.2024. |