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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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Schwefelsäure einen werthvollen Teppich und andre Effekten zu Grunde gerichtet. Doch füllte sie sich später immer noch selbst ihr elektrisches Feuerzeug, und konnte uns keine größere Freude bereiten, als wenn sie uns erlaubte, ihr dabei zur Hand zu gehn. Die Selbstentzündung des Wasserstoffes durch feinen Platinadraht war damals noch nicht bekannt; man bediente sich eines elektrischen Funkens, und es bedurfte einer komplicirten Vorrichtung, damit der Funken gerade in demselben Moment erscheine, wenn die Röhre mit Wasserstoff sich öffnete. Daher war auch das Feuerzeug nur selten in Ordnung, wurde aber nichts desto weniger als etwas außerordentliches angestaunt.

Die Tante besaß auch eine Elektrisirmaschine mit ein paar Leidener Flaschen, einem Isolirschemel u. s. w. Wir lernten hier zuerst die Wirkungen jener merkwürdigen Naturkraft kennen, die jetzt durch die Erfindung der elektrischen Telegraphen alle irdischen Entfernungen verschwinden läßt. Meiner Schwester und mir waren die kleinsten elektrischen Schläge äußerst zuwider, und wir vermieden sie auf jede Weise, bei Fritz fand das Gegentheil Statt. Er setzte sich mit vieler Bravour auf den Isolirschemel, ließ sich voll laden, und dann einen ansehnlichen Funken aus seiner etwas länglichen Nasenspitze holen, ohne nur eine Miene zu verziehn.

Der Professor (nachherige Geheimerath) Weiß unterrichtete die Tante in der Mineralogie. Sie 1egte sich eine kleine Sammlung an, in der wir die verschiedenen Krystallstufen mit Entzücken betrachteten. Die lebendige Gesetzmäßigkeit des Entstehens dieser unlebendigen Gebilde öffnete dem ahnenden Sinne einen Einblick in den großen, das ganze anorganische Reich durchziehenden Rhythmus.

Schwefelsäure einen werthvollen Teppich und andre Effekten zu Grunde gerichtet. Doch füllte sie sich später immer noch selbst ihr elektrisches Feuerzeug, und konnte uns keine größere Freude bereiten, als wenn sie uns erlaubte, ihr dabei zur Hand zu gehn. Die Selbstentzündung des Wasserstoffes durch feinen Platinadraht war damals noch nicht bekannt; man bediente sich eines elektrischen Funkens, und es bedurfte einer komplicirten Vorrichtung, damit der Funken gerade in demselben Moment erscheine, wenn die Röhre mit Wasserstoff sich öffnete. Daher war auch das Feuerzeug nur selten in Ordnung, wurde aber nichts desto weniger als etwas außerordentliches angestaunt.

Die Tante besaß auch eine Elektrisirmaschine mit ein paar Leidener Flaschen, einem Isolirschemel u. s. w. Wir lernten hier zuerst die Wirkungen jener merkwürdigen Naturkraft kennen, die jetzt durch die Erfindung der elektrischen Telegraphen alle irdischen Entfernungen verschwinden läßt. Meiner Schwester und mir waren die kleinsten elektrischen Schläge äußerst zuwider, und wir vermieden sie auf jede Weise, bei Fritz fand das Gegentheil Statt. Er setzte sich mit vieler Bravour auf den Isolirschemel, ließ sich voll laden, und dann einen ansehnlichen Funken aus seiner etwas länglichen Nasenspitze holen, ohne nur eine Miene zu verziehn.

Der Professor (nachherige Geheimerath) Weiß unterrichtete die Tante in der Mineralogie. Sie 1egte sich eine kleine Sammlung an, in der wir die verschiedenen Krystallstufen mit Entzücken betrachteten. Die lebendige Gesetzmäßigkeit des Entstehens dieser unlebendigen Gebilde öffnete dem ahnenden Sinne einen Einblick in den großen, das ganze anorganische Reich durchziehenden Rhythmus.

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Schwefelsäure einen werthvollen Teppich und andre Effekten zu Grunde gerichtet. Doch füllte sie sich später immer noch selbst ihr elektrisches Feuerzeug, und konnte uns keine größere Freude bereiten, als wenn sie uns erlaubte, ihr dabei zur Hand zu gehn. Die Selbstentzündung des Wasserstoffes durch feinen Platinadraht war damals noch nicht bekannt; man bediente sich eines elektrischen Funkens, und es bedurfte einer komplicirten Vorrichtung, damit der Funken gerade in demselben Moment erscheine, wenn die Röhre mit Wasserstoff sich öffnete. Daher war auch das Feuerzeug nur selten in Ordnung, wurde aber nichts desto weniger als etwas außerordentliches angestaunt. </p><lb/>
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[250/0262] Schwefelsäure einen werthvollen Teppich und andre Effekten zu Grunde gerichtet. Doch füllte sie sich später immer noch selbst ihr elektrisches Feuerzeug, und konnte uns keine größere Freude bereiten, als wenn sie uns erlaubte, ihr dabei zur Hand zu gehn. Die Selbstentzündung des Wasserstoffes durch feinen Platinadraht war damals noch nicht bekannt; man bediente sich eines elektrischen Funkens, und es bedurfte einer komplicirten Vorrichtung, damit der Funken gerade in demselben Moment erscheine, wenn die Röhre mit Wasserstoff sich öffnete. Daher war auch das Feuerzeug nur selten in Ordnung, wurde aber nichts desto weniger als etwas außerordentliches angestaunt. Die Tante besaß auch eine Elektrisirmaschine mit ein paar Leidener Flaschen, einem Isolirschemel u. s. w. Wir lernten hier zuerst die Wirkungen jener merkwürdigen Naturkraft kennen, die jetzt durch die Erfindung der elektrischen Telegraphen alle irdischen Entfernungen verschwinden läßt. Meiner Schwester und mir waren die kleinsten elektrischen Schläge äußerst zuwider, und wir vermieden sie auf jede Weise, bei Fritz fand das Gegentheil Statt. Er setzte sich mit vieler Bravour auf den Isolirschemel, ließ sich voll laden, und dann einen ansehnlichen Funken aus seiner etwas länglichen Nasenspitze holen, ohne nur eine Miene zu verziehn. Der Professor (nachherige Geheimerath) Weiß unterrichtete die Tante in der Mineralogie. Sie 1egte sich eine kleine Sammlung an, in der wir die verschiedenen Krystallstufen mit Entzücken betrachteten. Die lebendige Gesetzmäßigkeit des Entstehens dieser unlebendigen Gebilde öffnete dem ahnenden Sinne einen Einblick in den großen, das ganze anorganische Reich durchziehenden Rhythmus.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/262>, abgerufen am 24.11.2024.