Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].höheren Pappstücken und in noch engeren Röcken als gewöhnlich schienen sich nur mit Mühe bewegen zu können. Es war auch eine Braut darunter; diese trug einen hohen kronenartigen, reich mit Gold verzierten Kopfputz, dessen glitzernde Gehänge bei jeder Bewegung ein wahres Schellengeläute hervorbrachten. Der Pächter des herzoglichen Gutes, ein reicher Bauer, Namens Schnabel, war uns sehr freundlich gesinnt, und wir verkehrten viel in seinem Hofe. Sein Sohn Michel, etwas älter als wir, half schon in der Wirtschaft. Da geschah es eines Tages, daß Michel einen Mistwagen ausführte, und Fritzen einlud, zu ihm vom aufzusteigen, was dieser sich nicht zweimal sagen ließ. Allein das Unglück wollte, daß am Ende des Dorfes die Fürstin von Hohenzollern, von einer Spazierfahrt zurückkehrend, Fritzen auf dem Mistwagen und mich, ehrbar daneben gehend erblickte. Seitdem verging selten ein Tag, ohne daß sie ihn fragte: Fritz, willst du spazieren fahren? Soll ich Michel Schnabeln anspannen lassen? Noch mehr wurde er geneckt, als er eines Tages, schon völlig zum Essen angekleidet, noch schnell in den Stall ging, und darauf einen penetranten Pferdegeruch mit in den parfümirten Salon brachte. Fritz, rief ihm die Fürstin zu, ich sehe, daß du nichts anderes werden kannst, als Postillon! O, erwiederte er keck, das würde mir auch recht lieb sein! Michel Schnabel bewirthete uns zuweilen mit einem trefflichen Quarkkuchen, dem wir so tapfer zusprachen, daß nachher die delikatesten Schüsseln der herzoglichen Tafel unberührt vorübergingen. Einige Regentage benutzten wir dazu, um alle Bäume des weitläufigen Schlosses vom Keller bis zum Dachboden, höheren Pappstücken und in noch engeren Röcken als gewöhnlich schienen sich nur mit Mühe bewegen zu können. Es war auch eine Braut darunter; diese trug einen hohen kronenartigen, reich mit Gold verzierten Kopfputz, dessen glitzernde Gehänge bei jeder Bewegung ein wahres Schellengeläute hervorbrachten. Der Pächter des herzoglichen Gutes, ein reicher Bauer, Namens Schnabel, war uns sehr freundlich gesinnt, und wir verkehrten viel in seinem Hofe. Sein Sohn Michel, etwas älter als wir, half schon in der Wirtschaft. Da geschah es eines Tages, daß Michel einen Mistwagen ausführte, und Fritzen einlud, zu ihm vom aufzusteigen, was dieser sich nicht zweimal sagen ließ. Allein das Unglück wollte, daß am Ende des Dorfes die Fürstin von Hohenzollern, von einer Spazierfahrt zurückkehrend, Fritzen auf dem Mistwagen und mich, ehrbar daneben gehend erblickte. Seitdem verging selten ein Tag, ohne daß sie ihn fragte: Fritz, willst du spazieren fahren? Soll ich Michel Schnabeln anspannen lassen? Noch mehr wurde er geneckt, als er eines Tages, schon völlig zum Essen angekleidet, noch schnell in den Stall ging, und darauf einen penetranten Pferdegeruch mit in den parfümirten Salon brachte. Fritz, rief ihm die Fürstin zu, ich sehe, daß du nichts anderes werden kannst, als Postillon! O, erwiederte er keck, das würde mir auch recht lieb sein! Michel Schnabel bewirthete uns zuweilen mit einem trefflichen Quarkkuchen, dem wir so tapfer zusprachen, daß nachher die delikatesten Schüsseln der herzoglichen Tafel unberührt vorübergingen. Einige Regentage benutzten wir dazu, um alle Bäume des weitläufigen Schlosses vom Keller bis zum Dachboden, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0303" n="291"/> höheren Pappstücken und in noch engeren Röcken als gewöhnlich schienen sich nur mit Mühe bewegen zu können. 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Noch mehr wurde er geneckt, als er eines Tages, schon völlig zum Essen angekleidet, noch schnell in den Stall ging, und darauf einen penetranten Pferdegeruch mit in den parfümirten Salon brachte. Fritz, rief ihm die Fürstin zu, ich sehe, daß du nichts anderes werden kannst, als Postillon! O, erwiederte er keck, das würde mir auch recht lieb sein! Michel Schnabel bewirthete uns zuweilen mit einem trefflichen Quarkkuchen, dem wir so tapfer zusprachen, daß nachher die delikatesten Schüsseln der herzoglichen Tafel unberührt vorübergingen. </p><lb/> <p>Einige Regentage benutzten wir dazu, um alle Bäume des weitläufigen Schlosses vom Keller bis zum Dachboden, </p><lb/> <p> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [291/0303]
höheren Pappstücken und in noch engeren Röcken als gewöhnlich schienen sich nur mit Mühe bewegen zu können. Es war auch eine Braut darunter; diese trug einen hohen kronenartigen, reich mit Gold verzierten Kopfputz, dessen glitzernde Gehänge bei jeder Bewegung ein wahres Schellengeläute hervorbrachten.
Der Pächter des herzoglichen Gutes, ein reicher Bauer, Namens Schnabel, war uns sehr freundlich gesinnt, und wir verkehrten viel in seinem Hofe. Sein Sohn Michel, etwas älter als wir, half schon in der Wirtschaft. Da geschah es eines Tages, daß Michel einen Mistwagen ausführte, und Fritzen einlud, zu ihm vom aufzusteigen, was dieser sich nicht zweimal sagen ließ. Allein das Unglück wollte, daß am Ende des Dorfes die Fürstin von Hohenzollern, von einer Spazierfahrt zurückkehrend, Fritzen auf dem Mistwagen und mich, ehrbar daneben gehend erblickte. Seitdem verging selten ein Tag, ohne daß sie ihn fragte: Fritz, willst du spazieren fahren? Soll ich Michel Schnabeln anspannen lassen? Noch mehr wurde er geneckt, als er eines Tages, schon völlig zum Essen angekleidet, noch schnell in den Stall ging, und darauf einen penetranten Pferdegeruch mit in den parfümirten Salon brachte. Fritz, rief ihm die Fürstin zu, ich sehe, daß du nichts anderes werden kannst, als Postillon! O, erwiederte er keck, das würde mir auch recht lieb sein! Michel Schnabel bewirthete uns zuweilen mit einem trefflichen Quarkkuchen, dem wir so tapfer zusprachen, daß nachher die delikatesten Schüsseln der herzoglichen Tafel unberührt vorübergingen.
Einige Regentage benutzten wir dazu, um alle Bäume des weitläufigen Schlosses vom Keller bis zum Dachboden,
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