Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].Nach des Onkels Tode war die Tante Keiner freundlieh genug, mir das Bild als Geschenk nach Berlin zu schicken. Bei der Untersuchung des Namens fand sich fr. post. Dieser Franz Post (1624-1680) hat einmal eine Reise nach Surinam gemacht, und daher schreiben sich die Neger. Er gehört zu den Landschaftern zweiter Ordnung, aber seine Behandlung des Baumschlages ist kräftig, und erinnert an die besseren niederländischen Meister. Da seine Bilder nicht häufig sind, so war mir das Geschenk sehr willkommen, und noch jetzt ruft mir seine Betrachtung die schöne Dresdner Jugendreise zurück. Mit der Tante Keiner traten wir sehr bald in ein freundliches Vernehmen. Bei aller herzlichen Liebe war sie gegen ihren älteren, in der vornehmen Hauptstadt Berlin lebenden Bruder von einer gewissen Zurückhaltung, aber mit uns Kindern ganz Hingebung. Da sie bald merkte, daß uns beiden, und vorzüglich Fritzen das Herz auf der Zunge saß, so wurde dieser letzte ihr Vertrauter für allerlei häusliche Fragen. Sie erforschte von ihm mit Fleiß, ob mein Vater noch dieselben Lieblingsgerichte habe, wie früher, um sie ihm nachher aufzutischen, ob in Berlin alle Tage Wein auf den Tisch komme etc. Als etwas außerordentliches ward bei ihr eines Sonntags zum Frühstück Chokolade gegeben, die wir Kinder, trotz des geronnenen Ansehns des Getränkes, ohne allen Anstand verzehrten; kaum aber hatte mein Vater sie gekostet, so rief er lachend: Dorothee, was hast du in deine Chokolade gethan? Sie erwiederte ganz ruhig: Nun, Friedrich! um sie recht gut zu machen, habe ich Rothwein hineingegossen! Es läßt sich denken, welchen Geschmack diese Mischung haben mußte. Nach des Onkels Tode war die Tante Keiner freundlieh genug, mir das Bild als Geschenk nach Berlin zu schicken. Bei der Untersuchung des Namens fand sich fr. post. Dieser Franz Post (1624–1680) hat einmal eine Reise nach Surinam gemacht, und daher schreiben sich die Neger. Er gehört zu den Landschaftern zweiter Ordnung, aber seine Behandlung des Baumschlages ist kräftig, und erinnert an die besseren niederländischen Meister. Da seine Bilder nicht häufig sind, so war mir das Geschenk sehr willkommen, und noch jetzt ruft mir seine Betrachtung die schöne Dresdner Jugendreise zurück. Mit der Tante Keiner traten wir sehr bald in ein freundliches Vernehmen. Bei aller herzlichen Liebe war sie gegen ihren älteren, in der vornehmen Hauptstadt Berlin lebenden Bruder von einer gewissen Zurückhaltung, aber mit uns Kindern ganz Hingebung. Da sie bald merkte, daß uns beiden, und vorzüglich Fritzen das Herz auf der Zunge saß, so wurde dieser letzte ihr Vertrauter für allerlei häusliche Fragen. Sie erforschte von ihm mit Fleiß, ob mein Vater noch dieselben Lieblingsgerichte habe, wie früher, um sie ihm nachher aufzutischen, ob in Berlin alle Tage Wein auf den Tisch komme etc. Als etwas außerordentliches ward bei ihr eines Sonntags zum Frühstück Chokolade gegeben, die wir Kinder, trotz des geronnenen Ansehns des Getränkes, ohne allen Anstand verzehrten; kaum aber hatte mein Vater sie gekostet, so rief er lachend: Dorothee, was hast du in deine Chokolade gethan? Sie erwiederte ganz ruhig: Nun, Friedrich! um sie recht gut zu machen, habe ich Rothwein hineingegossen! Es läßt sich denken, welchen Geschmack diese Mischung haben mußte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0313" n="301"/> </p><lb/> <p>Nach des Onkels Tode war die Tante Keiner freundlieh genug, mir das Bild als Geschenk nach Berlin zu schicken. Bei der Untersuchung des Namens fand sich <hi rendition="#k">fr. post</hi>. Dieser Franz Post (1624–1680) hat einmal eine Reise nach Surinam gemacht, und daher schreiben sich die Neger. Er gehört zu den Landschaftern zweiter Ordnung, aber seine Behandlung des Baumschlages ist kräftig, und erinnert an die besseren niederländischen Meister. Da seine Bilder nicht häufig sind, so war mir das Geschenk sehr willkommen, und noch jetzt ruft mir seine Betrachtung die schöne Dresdner Jugendreise zurück. </p><lb/> <p>Mit der Tante Keiner traten wir sehr bald in ein freundliches Vernehmen. Bei aller herzlichen Liebe war sie gegen ihren älteren, in der vornehmen Hauptstadt Berlin lebenden Bruder von einer gewissen Zurückhaltung, aber mit uns Kindern ganz Hingebung. Da sie bald merkte, daß uns beiden, und vorzüglich Fritzen das Herz auf der Zunge saß, so wurde dieser letzte ihr Vertrauter für allerlei häusliche Fragen. Sie erforschte von ihm mit Fleiß, ob mein Vater noch dieselben Lieblingsgerichte habe, wie früher, um sie ihm nachher aufzutischen, ob in Berlin alle Tage Wein auf den Tisch komme etc. Als etwas außerordentliches ward bei ihr eines Sonntags zum Frühstück Chokolade gegeben, die wir Kinder, trotz des geronnenen Ansehns des Getränkes, ohne allen Anstand verzehrten; kaum aber hatte mein Vater sie gekostet, so rief er lachend: Dorothee, was hast du in deine Chokolade gethan? Sie erwiederte ganz ruhig: Nun, Friedrich! um sie recht gut zu machen, habe ich Rothwein hineingegossen! Es läßt sich denken, welchen Geschmack diese Mischung haben mußte. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [301/0313]
Nach des Onkels Tode war die Tante Keiner freundlieh genug, mir das Bild als Geschenk nach Berlin zu schicken. Bei der Untersuchung des Namens fand sich fr. post. Dieser Franz Post (1624–1680) hat einmal eine Reise nach Surinam gemacht, und daher schreiben sich die Neger. Er gehört zu den Landschaftern zweiter Ordnung, aber seine Behandlung des Baumschlages ist kräftig, und erinnert an die besseren niederländischen Meister. Da seine Bilder nicht häufig sind, so war mir das Geschenk sehr willkommen, und noch jetzt ruft mir seine Betrachtung die schöne Dresdner Jugendreise zurück.
Mit der Tante Keiner traten wir sehr bald in ein freundliches Vernehmen. Bei aller herzlichen Liebe war sie gegen ihren älteren, in der vornehmen Hauptstadt Berlin lebenden Bruder von einer gewissen Zurückhaltung, aber mit uns Kindern ganz Hingebung. Da sie bald merkte, daß uns beiden, und vorzüglich Fritzen das Herz auf der Zunge saß, so wurde dieser letzte ihr Vertrauter für allerlei häusliche Fragen. Sie erforschte von ihm mit Fleiß, ob mein Vater noch dieselben Lieblingsgerichte habe, wie früher, um sie ihm nachher aufzutischen, ob in Berlin alle Tage Wein auf den Tisch komme etc. Als etwas außerordentliches ward bei ihr eines Sonntags zum Frühstück Chokolade gegeben, die wir Kinder, trotz des geronnenen Ansehns des Getränkes, ohne allen Anstand verzehrten; kaum aber hatte mein Vater sie gekostet, so rief er lachend: Dorothee, was hast du in deine Chokolade gethan? Sie erwiederte ganz ruhig: Nun, Friedrich! um sie recht gut zu machen, habe ich Rothwein hineingegossen! Es läßt sich denken, welchen Geschmack diese Mischung haben mußte.
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