Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].des hohen stattlichen Kriegers, dem seine schwarze Lützowsche Reiteruniform so gut stand, die schattigen Baumgänge zu durchwandeln, und uns von ihm erzählen zu lassen. So viel ich mich entsinne, war der Vorfall bei Kitzen, in der Nähe von Leipzig, folgender gewesen. Die Schwadron Lützowscher Reiter, bei der Körner sich befand, sah an einem Waldrande andere Reiter stehn, von denen man nicht wußte, ob sie Freunde oder Feinde seien. Soll ich anfragen? sagte Körner zu dem kommandirenden Offizier. Auf dessen bejahenden Wink sprengte er fort, aber kaum war er an der gegenüberstehenden Front angelangt, als er auch schon vom Pferde gehauen ward. Bewußtlos blieb er im Walde liegen. Mitleidige sächsische Bauem nahmen sich seiner an, brachten ihn erst ins Dorf, dann heimlich nach Leipzig, wo er im Hause des ihm befreundeten Kaufmanns Kunze so lange verborgen blieb, bis seine Kopfwunden in etwas verharscht waren. Leipzig war noch in französischen Händen; er konnte es nicht wagen, durch die feindlichen Vorposten geraden Weges zu seinem Corps zurückzukehren, sondern mußte einen Umweg über Teplitz machen. Aber da galt es, erst die sächsische, und dann die böhmische Gränze zu passiren. Er fuhr bis zu dem letzten sächsischen Städtchen, und wollte dann als Spaziergänger zu dem nächsten böhmischen Orte weiter gehn. Die Gegend kannte er von seinen früheren Fußreisen her auf das genauste. Den geschornen Kopf deckte eine braune Perücke, in der Hand trug er eine leichte Gerte, ein grauer Ueberrock und ein Strohhut vollendeten die Verkleidung. Auf wenig betretenen Feldwegen schritt er rüstig einher, und war schon nahe an der Gränze, als ein sächsischer Gendarme ihn anhielt und nach seinem Passe fragte. Was des hohen stattlichen Kriegers, dem seine schwarze Lützowsche Reiteruniform so gut stand, die schattigen Baumgänge zu durchwandeln, und uns von ihm erzählen zu lassen. So viel ich mich entsinne, war der Vorfall bei Kitzen, in der Nähe von Leipzig, folgender gewesen. Die Schwadron Lützowscher Reiter, bei der Körner sich befand, sah an einem Waldrande andere Reiter stehn, von denen man nicht wußte, ob sie Freunde oder Feinde seien. Soll ich anfragen? sagte Körner zu dem kommandirenden Offizier. Auf dessen bejahenden Wink sprengte er fort, aber kaum war er an der gegenüberstehenden Front angelangt, als er auch schon vom Pferde gehauen ward. Bewußtlos blieb er im Walde liegen. Mitleidige sächsische Bauem nahmen sich seiner an, brachten ihn erst ins Dorf, dann heimlich nach Leipzig, wo er im Hause des ihm befreundeten Kaufmanns Kunze so lange verborgen blieb, bis seine Kopfwunden in etwas verharscht waren. Leipzig war noch in französischen Händen; er konnte es nicht wagen, durch die feindlichen Vorposten geraden Weges zu seinem Corps zurückzukehren, sondern mußte einen Umweg über Teplitz machen. Aber da galt es, erst die sächsische, und dann die böhmische Gränze zu passiren. Er fuhr bis zu dem letzten sächsischen Städtchen, und wollte dann als Spaziergänger zu dem nächsten böhmischen Orte weiter gehn. Die Gegend kannte er von seinen früheren Fußreisen her auf das genauste. Den geschornen Kopf deckte eine braune Perücke, in der Hand trug er eine leichte Gerte, ein grauer Ueberrock und ein Strohhut vollendeten die Verkleidung. Auf wenig betretenen Feldwegen schritt er rüstig einher, und war schon nahe an der Gränze, als ein sächsischer Gendarme ihn anhielt und nach seinem Passe fragte. Was <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0388" n="376"/> des hohen stattlichen Kriegers, dem seine schwarze Lützowsche Reiteruniform so gut stand, die schattigen Baumgänge zu durchwandeln, und uns von ihm erzählen zu lassen. So viel ich mich entsinne, war der Vorfall bei Kitzen, in der Nähe von Leipzig, folgender gewesen. Die Schwadron Lützowscher Reiter, bei der Körner sich befand, sah an einem Waldrande andere Reiter stehn, von denen man nicht wußte, ob sie Freunde oder Feinde seien. Soll ich anfragen? sagte Körner zu dem kommandirenden Offizier. Auf dessen bejahenden Wink sprengte er fort, aber kaum war er an der gegenüberstehenden Front angelangt, als er auch schon vom Pferde gehauen ward. Bewußtlos blieb er im Walde liegen. Mitleidige sächsische Bauem nahmen sich seiner an, brachten ihn erst ins Dorf, dann heimlich nach Leipzig, wo er im Hause des ihm befreundeten Kaufmanns Kunze so lange verborgen blieb, bis seine Kopfwunden in etwas verharscht waren. Leipzig war noch in französischen Händen; er konnte es nicht wagen, durch die feindlichen Vorposten geraden Weges zu seinem Corps zurückzukehren, sondern mußte einen Umweg über Teplitz machen. Aber da galt es, erst die sächsische, und dann die böhmische Gränze zu passiren. Er fuhr bis zu dem letzten sächsischen Städtchen, und wollte dann als Spaziergänger zu dem nächsten böhmischen Orte weiter gehn. Die Gegend kannte er von seinen früheren Fußreisen her auf das genauste. Den geschornen Kopf deckte eine braune Perücke, in der Hand trug er eine leichte Gerte, ein grauer Ueberrock und ein Strohhut vollendeten die Verkleidung. Auf wenig betretenen Feldwegen schritt er rüstig einher, und war schon nahe an der Gränze, als ein sächsischer Gendarme ihn anhielt und nach seinem Passe fragte. Was </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [376/0388]
des hohen stattlichen Kriegers, dem seine schwarze Lützowsche Reiteruniform so gut stand, die schattigen Baumgänge zu durchwandeln, und uns von ihm erzählen zu lassen. So viel ich mich entsinne, war der Vorfall bei Kitzen, in der Nähe von Leipzig, folgender gewesen. Die Schwadron Lützowscher Reiter, bei der Körner sich befand, sah an einem Waldrande andere Reiter stehn, von denen man nicht wußte, ob sie Freunde oder Feinde seien. Soll ich anfragen? sagte Körner zu dem kommandirenden Offizier. Auf dessen bejahenden Wink sprengte er fort, aber kaum war er an der gegenüberstehenden Front angelangt, als er auch schon vom Pferde gehauen ward. Bewußtlos blieb er im Walde liegen. Mitleidige sächsische Bauem nahmen sich seiner an, brachten ihn erst ins Dorf, dann heimlich nach Leipzig, wo er im Hause des ihm befreundeten Kaufmanns Kunze so lange verborgen blieb, bis seine Kopfwunden in etwas verharscht waren. Leipzig war noch in französischen Händen; er konnte es nicht wagen, durch die feindlichen Vorposten geraden Weges zu seinem Corps zurückzukehren, sondern mußte einen Umweg über Teplitz machen. Aber da galt es, erst die sächsische, und dann die böhmische Gränze zu passiren. Er fuhr bis zu dem letzten sächsischen Städtchen, und wollte dann als Spaziergänger zu dem nächsten böhmischen Orte weiter gehn. Die Gegend kannte er von seinen früheren Fußreisen her auf das genauste. Den geschornen Kopf deckte eine braune Perücke, in der Hand trug er eine leichte Gerte, ein grauer Ueberrock und ein Strohhut vollendeten die Verkleidung. Auf wenig betretenen Feldwegen schritt er rüstig einher, und war schon nahe an der Gränze, als ein sächsischer Gendarme ihn anhielt und nach seinem Passe fragte. Was
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