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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].

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ohne Vermögen war, und keine reiche Braut fand, so konnte er an eine Ehe nicht denken. Unvergeßlich ist es mir geblieben, daß er einmal, bei einer solchen Gelegenheit meinen Vater wegen seines frohen Familienkreises glücklich pries, und wie es mir dabei aufs Herz fiel, daß ich dieses Glück bisher ohne besondere Dankbarkeit gegen Gott genossen, als etwas das sich gleichsam von selbst verstehe. Mein Vater führte uns wohl auch zu Gemüthe, daß wir Gott für alles Gute zu danken hätten, da dies aber gar zu oft geschah, so verlor es allmälig seine Wirkung, und ward nun aus dem Munde des fremden Mannes aufs neue belebt.

Rode machte den ruhmlosen Feldzug in Frankreich unter Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1793 mit, und nahm Theil an dem noch ruhmloseren Kriege von 1806 u. 1807. Mit Zähneknirschen sprach er von diesen letzten Zeiten, von dem anfänglichen Uebermuthe der Befehlshaber, von der nachherigen Kopf- und Rathlosigkeit, von der schlechten Kleidung und Verpflegung der Truppen, so daß es gar nicht anders habe kommen können, als es gekommen sei. Wir hörten hier eine gesteigerte Wiederholung dessen, was schon der milde Oberst von Puttlitz mitgetheilt, fanden aber auch bei Rode dieselbe unerschütterliche Zuversicht, daß nun jene schmachvollen Erinnerungen durch bessere Thaten in Schatten treten würden. Er wartete kaum seine Wiederherstellung ab, um wieder in's Feld zu ziehn. Noch konnte er nicht ohne Hülfe aufs Pferd steigen, als er auch schon, nach einem beweglichen Abschiede von uns allen, sein Regiment aufsuchte.

Wohlbehalten kehrte er im Jahre 1814 zurück, und wir sahen ihn noch oft in unserem Hause. Spät ward

ohne Vermögen war, und keine reiche Braut fand, so konnte er an eine Ehe nicht denken. Unvergeßlich ist es mir geblieben, daß er einmal, bei einer solchen Gelegenheit meinen Vater wegen seines frohen Familienkreises glücklich pries, und wie es mir dabei aufs Herz fiel, daß ich dieses Glück bisher ohne besondere Dankbarkeit gegen Gott genossen, als etwas das sich gleichsam von selbst verstehe. Mein Vater führte uns wohl auch zu Gemüthe, daß wir Gott für alles Gute zu danken hätten, da dies aber gar zu oft geschah, so verlor es allmälig seine Wirkung, und ward nun aus dem Munde des fremden Mannes aufs neue belebt.

Rode machte den ruhmlosen Feldzug in Frankreich unter Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1793 mit, und nahm Theil an dem noch ruhmloseren Kriege von 1806 u. 1807. Mit Zähneknirschen sprach er von diesen letzten Zeiten, von dem anfänglichen Uebermuthe der Befehlshaber, von der nachherigen Kopf- und Rathlosigkeit, von der schlechten Kleidung und Verpflegung der Truppen, so daß es gar nicht anders habe kommen können, als es gekommen sei. Wir hörten hier eine gesteigerte Wiederholung dessen, was schon der milde Oberst von Puttlitz mitgetheilt, fanden aber auch bei Rode dieselbe unerschütterliche Zuversicht, daß nun jene schmachvollen Erinnerungen durch bessere Thaten in Schatten treten würden. Er wartete kaum seine Wiederherstellung ab, um wieder in’s Feld zu ziehn. Noch konnte er nicht ohne Hülfe aufs Pferd steigen, als er auch schon, nach einem beweglichen Abschiede von uns allen, sein Regiment aufsuchte.

Wohlbehalten kehrte er im Jahre 1814 zurück, und wir sahen ihn noch oft in unserem Hause. Spät ward

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[400/0412] ohne Vermögen war, und keine reiche Braut fand, so konnte er an eine Ehe nicht denken. Unvergeßlich ist es mir geblieben, daß er einmal, bei einer solchen Gelegenheit meinen Vater wegen seines frohen Familienkreises glücklich pries, und wie es mir dabei aufs Herz fiel, daß ich dieses Glück bisher ohne besondere Dankbarkeit gegen Gott genossen, als etwas das sich gleichsam von selbst verstehe. Mein Vater führte uns wohl auch zu Gemüthe, daß wir Gott für alles Gute zu danken hätten, da dies aber gar zu oft geschah, so verlor es allmälig seine Wirkung, und ward nun aus dem Munde des fremden Mannes aufs neue belebt. Rode machte den ruhmlosen Feldzug in Frankreich unter Friedrich Wilhelm II. im Jahre 1793 mit, und nahm Theil an dem noch ruhmloseren Kriege von 1806 u. 1807. Mit Zähneknirschen sprach er von diesen letzten Zeiten, von dem anfänglichen Uebermuthe der Befehlshaber, von der nachherigen Kopf- und Rathlosigkeit, von der schlechten Kleidung und Verpflegung der Truppen, so daß es gar nicht anders habe kommen können, als es gekommen sei. Wir hörten hier eine gesteigerte Wiederholung dessen, was schon der milde Oberst von Puttlitz mitgetheilt, fanden aber auch bei Rode dieselbe unerschütterliche Zuversicht, daß nun jene schmachvollen Erinnerungen durch bessere Thaten in Schatten treten würden. Er wartete kaum seine Wiederherstellung ab, um wieder in’s Feld zu ziehn. Noch konnte er nicht ohne Hülfe aufs Pferd steigen, als er auch schon, nach einem beweglichen Abschiede von uns allen, sein Regiment aufsuchte. Wohlbehalten kehrte er im Jahre 1814 zurück, und wir sahen ihn noch oft in unserem Hause. Spät ward

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871], S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen01_1871/412>, abgerufen am 22.11.2024.