Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].direkt auf Paris marschiren, und sich dort mit den Verbündeten vereinigen werde. Einen so glorreichen Ausgang des großen Kampfes wagte man kaum zu hoffen, und die Erfüllung überstieg die kühnsten Erwartungen. Am 10. März 1814 ward Napoleon in der Schlacht bei Laon vom alten tapfern Blücher besiegt und zurückgedrängt; am 14. März fiel Bordeaux in die Hände der Engländer. So näherte sich von beiden Seiten das Verhängniß. Napoleon machte noch einen Versuch, ostwärts gegen den Rhein vorzudringen, die Verbündeten ließen ihn ziehn, gingen in seinem Rücken gerade auf Paris los, erstürmten am 30. März den Montmartre, und zogen in die feindliche Hauptstadt ein. Zu spät ward Napoleon seines Irrthums inne, in Eilmärschen ging er zurück, kam aber nur bis Fontainebleau. Die Verbündeten wußten nicht recht, was sie mit ihm anfangen sollten, nachdem sie auf Talleyrands Betrieb die alte Dynastie der Bourbonen wieder auf den französischen Thron gesetzt. Es war fast ein Spott zu nennen, daß man dem gewaltigen Napoleon, der als Sieger von Lissabon bis Moskau, von Berlin bis Kairo geboten hatte, die kleine Insel Elba als Königreich mit einem kleinen Landheere und einer kleinen Flotte zugestand. Es schien vielen unwahrscheinlich, daß er dort ruhig bleibe, aber niemand erwartete, daß er schon in Jahresfrist losbrechen werde. Die Nachricht von der Einnahme von Paris, die jetzt in wenigen Minuten die 200 Meilen bis Berlin durchfliegen würde, brauchte damals 10 Tage: denn ein Kurier konnte nicht mehr als 20 Meilen an einem Tage fahren oder reiten, besonders in Deutschland, wo es fast gänzlich an Chausseen fehlte. Wir erhielten die wichtige Kunde erst am 10. April, direkt auf Paris marschiren, und sich dort mit den Verbündeten vereinigen werde. Einen so glorreichen Ausgang des großen Kampfes wagte man kaum zu hoffen, und die Erfüllung überstieg die kühnsten Erwartungen. Am 10. März 1814 ward Napoléon in der Schlacht bei Laon vom alten tapfern Blücher besiegt und zurückgedrängt; am 14. März fiel Bordeaux in die Hände der Engländer. So näherte sich von beiden Seiten das Verhängniß. Napoléon machte noch einen Versuch, ostwärts gegen den Rhein vorzudringen, die Verbündeten ließen ihn ziehn, gingen in seinem Rücken gerade auf Paris los, erstürmten am 30. März den Montmartre, und zogen in die feindliche Hauptstadt ein. Zu spät ward Napoléon seines Irrthums inne, in Eilmärschen ging er zurück, kam aber nur bis Fontainebleau. Die Verbündeten wußten nicht recht, was sie mit ihm anfangen sollten, nachdem sie auf Talleyrands Betrieb die alte Dynastie der Bourbonen wieder auf den französischen Thron gesetzt. Es war fast ein Spott zu nennen, daß man dem gewaltigen Napoléon, der als Sieger von Lissabon bis Moskau, von Berlin bis Kairo geboten hatte, die kleine Insel Elba als Königreich mit einem kleinen Landheere und einer kleinen Flotte zugestand. Es schien vielen unwahrscheinlich, daß er dort ruhig bleibe, aber niemand erwartete, daß er schon in Jahresfrist losbrechen werde. Die Nachricht von der Einnahme von Paris, die jetzt in wenigen Minuten die 200 Meilen bis Berlin durchfliegen würde, brauchte damals 10 Tage: denn ein Kurier konnte nicht mehr als 20 Meilen an einem Tage fahren oder reiten, besonders in Deutschland, wo es fast gänzlich an Chausseen fehlte. Wir erhielten die wichtige Kunde erst am 10. April, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0432" n="420"/> direkt auf Paris marschiren, und sich dort mit den Verbündeten vereinigen werde. 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Es war fast ein Spott zu nennen, daß man dem gewaltigen Napoléon, der als Sieger von Lissabon bis Moskau, von Berlin bis Kairo geboten hatte, die kleine Insel Elba als Königreich mit einem kleinen Landheere und einer kleinen Flotte zugestand. Es schien vielen unwahrscheinlich, daß er dort ruhig bleibe, aber niemand erwartete, daß er schon in Jahresfrist losbrechen werde. </p><lb/> <p>Die Nachricht von der Einnahme von Paris, die jetzt in wenigen Minuten die 200 Meilen bis Berlin durchfliegen würde, brauchte damals 10 Tage: denn ein Kurier konnte nicht mehr als 20 Meilen an einem Tage fahren oder reiten, besonders in Deutschland, wo es fast gänzlich an Chausseen fehlte. Wir erhielten die wichtige Kunde erst am 10. April, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [420/0432]
direkt auf Paris marschiren, und sich dort mit den Verbündeten vereinigen werde. Einen so glorreichen Ausgang des großen Kampfes wagte man kaum zu hoffen, und die Erfüllung überstieg die kühnsten Erwartungen.
Am 10. März 1814 ward Napoléon in der Schlacht bei Laon vom alten tapfern Blücher besiegt und zurückgedrängt; am 14. März fiel Bordeaux in die Hände der Engländer. So näherte sich von beiden Seiten das Verhängniß. Napoléon machte noch einen Versuch, ostwärts gegen den Rhein vorzudringen, die Verbündeten ließen ihn ziehn, gingen in seinem Rücken gerade auf Paris los, erstürmten am 30. März den Montmartre, und zogen in die feindliche Hauptstadt ein. Zu spät ward Napoléon seines Irrthums inne, in Eilmärschen ging er zurück, kam aber nur bis Fontainebleau. Die Verbündeten wußten nicht recht, was sie mit ihm anfangen sollten, nachdem sie auf Talleyrands Betrieb die alte Dynastie der Bourbonen wieder auf den französischen Thron gesetzt. Es war fast ein Spott zu nennen, daß man dem gewaltigen Napoléon, der als Sieger von Lissabon bis Moskau, von Berlin bis Kairo geboten hatte, die kleine Insel Elba als Königreich mit einem kleinen Landheere und einer kleinen Flotte zugestand. Es schien vielen unwahrscheinlich, daß er dort ruhig bleibe, aber niemand erwartete, daß er schon in Jahresfrist losbrechen werde.
Die Nachricht von der Einnahme von Paris, die jetzt in wenigen Minuten die 200 Meilen bis Berlin durchfliegen würde, brauchte damals 10 Tage: denn ein Kurier konnte nicht mehr als 20 Meilen an einem Tage fahren oder reiten, besonders in Deutschland, wo es fast gänzlich an Chausseen fehlte. Wir erhielten die wichtige Kunde erst am 10. April,
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