Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].von irgend einer Abnormität des menschlichen Körpers handelte. Diese Dissertation ließ sich Langermann kommen, und schrieb nun in Katzenbergers Namen einen sehr gereizten Brief an Jean Paul, worin er sich über den Misbrauch seines Namens bitter beklagt; mit dem nach Monstrositäten begierigen Dr. Katzenberger könne doch niemand anderes gemeint sein, als er; zum Beweise lege er seine Dissertation bei; dergleichen habe er sich von einem so allgemein geschätzten Schriftsteller, wie der Legationsrath Richter sei, nicht versehn; übrigens behalte er sich weitere Schritte zur Wiederherstellung seiner ärztlichen Ehre vor. Am folgenden Morgen fand Langermann den guten Jean Paul in sehr gedrückter Stimmung bei seinem Kruge Bier sitzen. Brief und Dissertation lagen vor ihm auf dem Tische. Lesen Sie und rathen Sie mir, sagte er, ihm den Brief hinschiebend. Ein schärferer Physiognomiker als Jean Paul würde wohl auf Langermanns Gesichte die Zeichen unverkennbarer Hilarität entdeckt haben. Da sehn Sie nun, lieber Richter, entgegnete Langermann, wie Ihre Romanenpersonen Ihnen in der Wirklichkeit entgegentreten. Der Poet empfängt durch Divination seine fingirten Namen, die Alltagswelt spielt ihm manchmal den Schabernack, sie zu wiederholen. - Nach kurzer Frist wurde die Mystification dem betretenen Dichter mitgetheilt, der sich nie wieder vermaß, seine erdachten Namen für Unica zu halten. Für einen besonderen Festtag galt es uns, wenn Wilhelm von Humboldt mit seiner geistreichen Frau und seinen liebenswürdigen Töchtern in der Blumenstraße erschien; eben so gehörte eine Fahrt nach dem Humboldtschen Landgute Tegel mit Oheim Kohlrausch und Tante von irgend einer Abnormität des menschlichen Körpers handelte. Diese Dissertation ließ sich Langermann kommen, und schrieb nun in Katzenbergers Namen einen sehr gereizten Brief an Jean Paul, worin er sich über den Misbrauch seines Namens bitter beklagt; mit dem nach Monstrositäten begierigen Dr. Katzenberger könne doch niemand anderes gemeint sein, als er; zum Beweise lege er seine Dissertation bei; dergleichen habe er sich von einem so allgemein geschätzten Schriftsteller, wie der Legationsrath Richter sei, nicht versehn; übrigens behalte er sich weitere Schritte zur Wiederherstellung seiner ärztlichen Ehre vor. Am folgenden Morgen fand Langermann den guten Jean Paul in sehr gedrückter Stimmung bei seinem Kruge Bier sitzen. Brief und Dissertation lagen vor ihm auf dem Tische. Lesen Sie und rathen Sie mir, sagte er, ihm den Brief hinschiebend. Ein schärferer Physiognomiker als Jean Paul würde wohl auf Langermanns Gesichte die Zeichen unverkennbarer Hilarität entdeckt haben. Da sehn Sie nun, lieber Richter, entgegnete Langermann, wie Ihre Romanenpersonen Ihnen in der Wirklichkeit entgegentreten. Der Poet empfängt durch Divination seine fingirten Namen, die Alltagswelt spielt ihm manchmal den Schabernack, sie zu wiederholen. – Nach kurzer Frist wurde die Mystification dem betretenen Dichter mitgetheilt, der sich nie wieder vermaß, seine erdachten Namen für Unica zu halten. Für einen besonderen Festtag galt es uns, wenn Wilhelm von Humboldt mit seiner geistreichen Frau und seinen liebenswürdigen Töchtern in der Blumenstraße erschien; eben so gehörte eine Fahrt nach dem Humboldtschen Landgute Tegel mit Oheim Kohlrausch und Tante <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0145" n="137"/> von irgend einer Abnormität des menschlichen Körpers handelte. Diese Dissertation ließ sich Langermann kommen, und schrieb nun in Katzenbergers Namen einen sehr gereizten Brief an Jean Paul, worin er sich über den Misbrauch seines Namens bitter beklagt; mit dem nach Monstrositäten begierigen Dr. Katzenberger könne doch niemand anderes gemeint sein, als er; zum Beweise lege er seine Dissertation bei; dergleichen habe er sich von einem so allgemein geschätzten Schriftsteller, wie der Legationsrath Richter sei, nicht versehn; übrigens behalte er sich weitere Schritte zur Wiederherstellung seiner ärztlichen Ehre vor. </p><lb/> <p>Am folgenden Morgen fand Langermann den guten Jean Paul in sehr gedrückter Stimmung bei seinem Kruge Bier sitzen. Brief und Dissertation lagen vor ihm auf dem Tische. Lesen Sie und rathen Sie mir, sagte er, ihm den Brief hinschiebend. Ein schärferer Physiognomiker als Jean Paul würde wohl auf Langermanns Gesichte die Zeichen unverkennbarer Hilarität entdeckt haben. Da sehn Sie nun, lieber Richter, entgegnete Langermann, wie Ihre Romanenpersonen Ihnen in der Wirklichkeit entgegentreten. Der Poet empfängt durch Divination seine fingirten Namen, die Alltagswelt spielt ihm manchmal den Schabernack, sie zu wiederholen. – Nach kurzer Frist wurde die Mystification dem betretenen Dichter mitgetheilt, der sich nie wieder vermaß, seine erdachten Namen für Unica zu halten. </p><lb/> <p>Für einen besonderen Festtag galt es uns, wenn Wilhelm von Humboldt mit seiner geistreichen Frau und seinen liebenswürdigen Töchtern in der Blumenstraße erschien; eben so gehörte eine Fahrt nach dem Humboldtschen Landgute Tegel mit Oheim Kohlrausch und Tante </p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0145]
von irgend einer Abnormität des menschlichen Körpers handelte. Diese Dissertation ließ sich Langermann kommen, und schrieb nun in Katzenbergers Namen einen sehr gereizten Brief an Jean Paul, worin er sich über den Misbrauch seines Namens bitter beklagt; mit dem nach Monstrositäten begierigen Dr. Katzenberger könne doch niemand anderes gemeint sein, als er; zum Beweise lege er seine Dissertation bei; dergleichen habe er sich von einem so allgemein geschätzten Schriftsteller, wie der Legationsrath Richter sei, nicht versehn; übrigens behalte er sich weitere Schritte zur Wiederherstellung seiner ärztlichen Ehre vor.
Am folgenden Morgen fand Langermann den guten Jean Paul in sehr gedrückter Stimmung bei seinem Kruge Bier sitzen. Brief und Dissertation lagen vor ihm auf dem Tische. Lesen Sie und rathen Sie mir, sagte er, ihm den Brief hinschiebend. Ein schärferer Physiognomiker als Jean Paul würde wohl auf Langermanns Gesichte die Zeichen unverkennbarer Hilarität entdeckt haben. Da sehn Sie nun, lieber Richter, entgegnete Langermann, wie Ihre Romanenpersonen Ihnen in der Wirklichkeit entgegentreten. Der Poet empfängt durch Divination seine fingirten Namen, die Alltagswelt spielt ihm manchmal den Schabernack, sie zu wiederholen. – Nach kurzer Frist wurde die Mystification dem betretenen Dichter mitgetheilt, der sich nie wieder vermaß, seine erdachten Namen für Unica zu halten.
Für einen besonderen Festtag galt es uns, wenn Wilhelm von Humboldt mit seiner geistreichen Frau und seinen liebenswürdigen Töchtern in der Blumenstraße erschien; eben so gehörte eine Fahrt nach dem Humboldtschen Landgute Tegel mit Oheim Kohlrausch und Tante
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |