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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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mitbrachten. Da mußten zuweilen, um die Gastfreundschaft gegen die Verwandten aufrecht zu halten, die Kinder hungrig zu Bette gehn. Rauch machte gar kein Geheimniß daraus, daß er in Berlin als königlicher Lakai hinter dem Wagen der Königin Luise gestanden, und ihr beim Aussteigen vor Schadows Werkstatt den Tritt herunter geklappt, aber er schwieg von den hohen Ehrenbezeugungen, die ihm an den Höfen von München, Petersburg u. s. w. widerfuhren. König Friedrich Wilhelm III. bewahrte ihm ein besonderes Wohlwollen wegen der schönen Statue der schlafenden (nicht todten) Königin Luise, und alljährlich an ihrem Sterbetage (19. Juli) wallfahren viele Hundert Pilger nach ihrem einfachen Mausoleum in Charlottenburg. Aber das Auge des Verfertigers bemerkte an der bewunderten liegenden Figur manche Unregelmäßigkeiten, die ihm zuletzt unerträglich vorkamen. Er entwarf ein neues korrektes Modell, und arbeitete ganz in der Stille während seiner Nebenstunden, zwölf Jahre lang an dem Marmor. Als nun das Bild in der wünschenswerthesten Reinheit vollendet war, überreichte er dem Könige Friedrich Wilhelm III. diese zweite verbesserte Ausgabe seines Jugendwerkes. Der König, sichtlich gerührt, umarmte den Künstler unter Thränen, und dankte ihm auf das innigste. Rauch gab nun den Wunsch zu erkennen, daß die neue Statue an die Stelle der alten treten möge. Aber die Erinnerungen des Königs an die geliebte Gattin waren viel zu eng mit der alten Statue verwachsen, als daß er dies zugegeben hätte. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde freilich alles verändert: da liegen die Statuen seiner beiden königlichen Aeltern neben einander in einer unterirdischen Krypta, matt erhellt vom Guckkastenlicht einer blauen Scheibe.

mitbrachten. Da mußten zuweilen, um die Gastfreundschaft gegen die Verwandten aufrecht zu halten, die Kinder hungrig zu Bette gehn. Rauch machte gar kein Geheimniß daraus, daß er in Berlin als königlicher Lakai hinter dem Wagen der Königin Luise gestanden, und ihr beim Aussteigen vor Schadows Werkstatt den Tritt herunter geklappt, aber er schwieg von den hohen Ehrenbezeugungen, die ihm an den Höfen von München, Petersburg u. s. w. widerfuhren. König Friedrich Wilhelm III. bewahrte ihm ein besonderes Wohlwollen wegen der schönen Statue der schlafenden (nicht todten) Königin Luise, und alljährlich an ihrem Sterbetage (19. Juli) wallfahren viele Hundert Pilger nach ihrem einfachen Mausoleum in Charlottenburg. Aber das Auge des Verfertigers bemerkte an der bewunderten liegenden Figur manche Unregelmäßigkeiten, die ihm zuletzt unerträglich vorkamen. Er entwarf ein neues korrektes Modell, und arbeitete ganz in der Stille während seiner Nebenstunden, zwölf Jahre lang an dem Marmor. Als nun das Bild in der wünschenswerthesten Reinheit vollendet war, überreichte er dem Könige Friedrich Wilhelm III. diese zweite verbesserte Ausgabe seines Jugendwerkes. Der König, sichtlich gerührt, umarmte den Künstler unter Thränen, und dankte ihm auf das innigste. Rauch gab nun den Wunsch zu erkennen, daß die neue Statue an die Stelle der alten treten möge. Aber die Erinnerungen des Königs an die geliebte Gattin waren viel zu eng mit der alten Statue verwachsen, als daß er dies zugegeben hätte. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde freilich alles verändert: da liegen die Statuen seiner beiden königlichen Aeltern neben einander in einer unterirdischen Krypta, matt erhellt vom Guckkastenlicht einer blauen Scheibe.

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[139 /0147] mitbrachten. Da mußten zuweilen, um die Gastfreundschaft gegen die Verwandten aufrecht zu halten, die Kinder hungrig zu Bette gehn. Rauch machte gar kein Geheimniß daraus, daß er in Berlin als königlicher Lakai hinter dem Wagen der Königin Luise gestanden, und ihr beim Aussteigen vor Schadows Werkstatt den Tritt herunter geklappt, aber er schwieg von den hohen Ehrenbezeugungen, die ihm an den Höfen von München, Petersburg u. s. w. widerfuhren. König Friedrich Wilhelm III. bewahrte ihm ein besonderes Wohlwollen wegen der schönen Statue der schlafenden (nicht todten) Königin Luise, und alljährlich an ihrem Sterbetage (19. Juli) wallfahren viele Hundert Pilger nach ihrem einfachen Mausoleum in Charlottenburg. Aber das Auge des Verfertigers bemerkte an der bewunderten liegenden Figur manche Unregelmäßigkeiten, die ihm zuletzt unerträglich vorkamen. Er entwarf ein neues korrektes Modell, und arbeitete ganz in der Stille während seiner Nebenstunden, zwölf Jahre lang an dem Marmor. Als nun das Bild in der wünschenswerthesten Reinheit vollendet war, überreichte er dem Könige Friedrich Wilhelm III. diese zweite verbesserte Ausgabe seines Jugendwerkes. Der König, sichtlich gerührt, umarmte den Künstler unter Thränen, und dankte ihm auf das innigste. Rauch gab nun den Wunsch zu erkennen, daß die neue Statue an die Stelle der alten treten möge. Aber die Erinnerungen des Königs an die geliebte Gattin waren viel zu eng mit der alten Statue verwachsen, als daß er dies zugegeben hätte. Unter Friedrich Wilhelm IV. wurde freilich alles verändert: da liegen die Statuen seiner beiden königlichen Aeltern neben einander in einer unterirdischen Krypta, matt erhellt vom Guckkastenlicht einer blauen Scheibe.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 139 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/147>, abgerufen am 24.11.2024.