Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Nichts und dem Werden entsteht das Sein, das Sein wird negirt zum Etwas, das Etwas wird negirt zum Wesen, also ist das Wesen die Negation der Negation des Seins, mithin eine Position. Obgleich es mir unter meinen Kommilitonen an medizinischen Freunden nicht fehlte, so empand ich doch wenig Neigung, sie in ihre Kollegien zu begleiten. Die Anatomie erweckte mir den grösten Widerwillen, seitdem ich den Menschenfuß auf Augusts Tische liegen gesehn; die Semiotik oder die Lehre von der Erkenntniß der Krankheiten machte die Zuhörer regelmäßig ein halbes Jahr lang melancholisch, weil sie sich einbildeten, eines oder mehrere der beschriebenen Uebel in sich zu tragen. Nur einmal hospitirte ich bei Professor Link in einer Vorlesung über die Gifte. Er behandelte darin sehr ausführlich die Hundswuth. Die Folge davon war, daß ich längere Zeit jedem Hunde aus dem Wege ging, und sogar den ehrlichen Wasser im großen Garten nicht ohne Mistrauen ansehn konnte. Ich komme nun zu dem mit dem ersten Studienjahre parallel laufenden Kriegsdienste. Nichts und dem Werden entsteht das Sein, das Sein wird negirt zum Etwas, das Etwas wird negirt zum Wesen, also ist das Wesen die Negation der Negation des Seins, mithin eine Position. Obgleich es mir unter meinen Kommilitonen an medizinischen Freunden nicht fehlte, so empand ich doch wenig Neigung, sie in ihre Kollegien zu begleiten. Die Anatomie erweckte mir den grösten Widerwillen, seitdem ich den Menschenfuß auf Augusts Tische liegen gesehn; die Semiotik oder die Lehre von der Erkenntniß der Krankheiten machte die Zuhörer regelmäßig ein halbes Jahr lang melancholisch, weil sie sich einbildeten, eines oder mehrere der beschriebenen Uebel in sich zu tragen. Nur einmal hospitirte ich bei Professor Link in einer Vorlesung über die Gifte. Er behandelte darin sehr ausführlich die Hundswuth. Die Folge davon war, daß ich längere Zeit jedem Hunde aus dem Wege ging, und sogar den ehrlichen Wasser im großen Garten nicht ohne Mistrauen ansehn konnte. Ich komme nun zu dem mit dem ersten Studienjahre parallel laufenden Kriegsdienste. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0247" n="239"/> Nichts und dem Werden entsteht das Sein, das Sein wird negirt zum Etwas, das Etwas wird negirt zum Wesen, also ist das Wesen die Negation der Negation des Seins, mithin eine Position. </p><lb/> <p>Obgleich es mir unter meinen Kommilitonen an medizinischen Freunden nicht fehlte, so empand ich doch wenig Neigung, sie in ihre Kollegien zu begleiten. Die Anatomie erweckte mir den grösten Widerwillen, seitdem ich den Menschenfuß auf Augusts Tische liegen gesehn; die Semiotik oder die Lehre von der Erkenntniß der Krankheiten machte die Zuhörer regelmäßig ein halbes Jahr lang melancholisch, weil sie sich einbildeten, eines oder mehrere der beschriebenen Uebel in sich zu tragen. Nur einmal hospitirte ich bei Professor Link in einer Vorlesung über die Gifte. Er behandelte darin sehr ausführlich die Hundswuth. Die Folge davon war, daß ich längere Zeit jedem Hunde aus dem Wege ging, und sogar den ehrlichen Wasser im großen Garten nicht ohne Mistrauen ansehn konnte. </p><lb/> <p>Ich komme nun zu dem mit dem ersten Studienjahre parallel laufenden Kriegsdienste.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [239/0247]
Nichts und dem Werden entsteht das Sein, das Sein wird negirt zum Etwas, das Etwas wird negirt zum Wesen, also ist das Wesen die Negation der Negation des Seins, mithin eine Position.
Obgleich es mir unter meinen Kommilitonen an medizinischen Freunden nicht fehlte, so empand ich doch wenig Neigung, sie in ihre Kollegien zu begleiten. Die Anatomie erweckte mir den grösten Widerwillen, seitdem ich den Menschenfuß auf Augusts Tische liegen gesehn; die Semiotik oder die Lehre von der Erkenntniß der Krankheiten machte die Zuhörer regelmäßig ein halbes Jahr lang melancholisch, weil sie sich einbildeten, eines oder mehrere der beschriebenen Uebel in sich zu tragen. Nur einmal hospitirte ich bei Professor Link in einer Vorlesung über die Gifte. Er behandelte darin sehr ausführlich die Hundswuth. Die Folge davon war, daß ich längere Zeit jedem Hunde aus dem Wege ging, und sogar den ehrlichen Wasser im großen Garten nicht ohne Mistrauen ansehn konnte.
Ich komme nun zu dem mit dem ersten Studienjahre parallel laufenden Kriegsdienste.
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