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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Bei diesen Vorversamlungen knüpften sich unter den Kameraden manche Bekanntschaften an, die einen festen Halt gewannen. Homeyer (später Geheimer Obertribunalrath und Professor) gefiel mir ganz besonders; es bildete sich zwischen uns eine dauernde Freundschaft. Sein sehr ernstes Wesen hatte eher etwas abweisendes als anziehendes, aber die ungemeine Solidität seines Karakters mußte für ihn gewinnen. Köhnemann (später Geheimer Oberfinanzrath) zeigte eine besondere Vorliebe für regelrechtes Disputiren, das nicht selten in Rechthaberei ausartete. Er liebte es, allerlei kuriose Sätze aufzustellen, und bis aufs äußerste zu vertheidigen. Einmal warf er die Frage auf, ob man glauben dürfe, daß die Schöpfungsgeschichte in der Bibel falsch, oder daß das Menschengeschlecht durch Blutschande, nämlich durch Heirathen der Kinder Adams untereinander entstanden sei? Paul ging gleich darauf ein, meinte aber, das sei lange nicht das wichtigste, vorerst möge er sich entscheiden, ob er glaube, daß Adam einen Nabel gehabt oder nicht? Dies war für Köhnemann ein ganz neuer Gedanke, doch eben als er seine Ansicht darüber kund geben wollte, rief der Feldwebel: Antreten!

Manche Eigenheiten und Angewöhnungen in Gang, Sprache und Kleidung der Einzelnen konnten dem Scharfblicke der Mehrheit nicht entgehn. Mein Vater hatte mir eine alte Schnalle mit geschliffenen gläsernen Diamanten geschenkt, die ich zum Festhalten der grauen Kommisbeinkleider benutzte. Sie guckte unter der kurzen Jacke hervor, und veranlaßte manche scherzhafte Bemerkung. Homeyer trug an seiner Uhrkette eine Menge kleiner Brelocken, unter denen ein Uhrschlüssel in Form einer rothen Gummikugel besonders hervorleuchtete. Auch hierüber

Bei diesen Vorversamlungen knüpften sich unter den Kameraden manche Bekanntschaften an, die einen festen Halt gewannen. Homeyer (später Geheimer Obertribunalrath und Professor) gefiel mir ganz besonders; es bildete sich zwischen uns eine dauernde Freundschaft. Sein sehr ernstes Wesen hatte eher etwas abweisendes als anziehendes, aber die ungemeine Solidität seines Karakters mußte für ihn gewinnen. Köhnemann (später Geheimer Oberfinanzrath) zeigte eine besondere Vorliebe für regelrechtes Disputiren, das nicht selten in Rechthaberei ausartete. Er liebte es, allerlei kuriose Sätze aufzustellen, und bis aufs äußerste zu vertheidigen. Einmal warf er die Frage auf, ob man glauben dürfe, daß die Schöpfungsgeschichte in der Bibel falsch, oder daß das Menschengeschlecht durch Blutschande, nämlich durch Heirathen der Kinder Adams untereinander entstanden sei? Paul ging gleich darauf ein, meinte aber, das sei lange nicht das wichtigste, vorerst möge er sich entscheiden, ob er glaube, daß Adam einen Nabel gehabt oder nicht? Dies war für Köhnemann ein ganz neuer Gedanke, doch eben als er seine Ansicht darüber kund geben wollte, rief der Feldwebel: Antreten!

Manche Eigenheiten und Angewöhnungen in Gang, Sprache und Kleidung der Einzelnen konnten dem Scharfblicke der Mehrheit nicht entgehn. Mein Vater hatte mir eine alte Schnalle mit geschliffenen gläsernen Diamanten geschenkt, die ich zum Festhalten der grauen Kommisbeinkleider benutzte. Sie guckte unter der kurzen Jacke hervor, und veranlaßte manche scherzhafte Bemerkung. Homeyer trug an seiner Uhrkette eine Menge kleiner Brelocken, unter denen ein Uhrschlüssel in Form einer rothen Gummikugel besonders hervorleuchtete. Auch hierüber

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[242/0250] Bei diesen Vorversamlungen knüpften sich unter den Kameraden manche Bekanntschaften an, die einen festen Halt gewannen. Homeyer (später Geheimer Obertribunalrath und Professor) gefiel mir ganz besonders; es bildete sich zwischen uns eine dauernde Freundschaft. Sein sehr ernstes Wesen hatte eher etwas abweisendes als anziehendes, aber die ungemeine Solidität seines Karakters mußte für ihn gewinnen. Köhnemann (später Geheimer Oberfinanzrath) zeigte eine besondere Vorliebe für regelrechtes Disputiren, das nicht selten in Rechthaberei ausartete. Er liebte es, allerlei kuriose Sätze aufzustellen, und bis aufs äußerste zu vertheidigen. Einmal warf er die Frage auf, ob man glauben dürfe, daß die Schöpfungsgeschichte in der Bibel falsch, oder daß das Menschengeschlecht durch Blutschande, nämlich durch Heirathen der Kinder Adams untereinander entstanden sei? Paul ging gleich darauf ein, meinte aber, das sei lange nicht das wichtigste, vorerst möge er sich entscheiden, ob er glaube, daß Adam einen Nabel gehabt oder nicht? Dies war für Köhnemann ein ganz neuer Gedanke, doch eben als er seine Ansicht darüber kund geben wollte, rief der Feldwebel: Antreten! Manche Eigenheiten und Angewöhnungen in Gang, Sprache und Kleidung der Einzelnen konnten dem Scharfblicke der Mehrheit nicht entgehn. Mein Vater hatte mir eine alte Schnalle mit geschliffenen gläsernen Diamanten geschenkt, die ich zum Festhalten der grauen Kommisbeinkleider benutzte. Sie guckte unter der kurzen Jacke hervor, und veranlaßte manche scherzhafte Bemerkung. Homeyer trug an seiner Uhrkette eine Menge kleiner Brelocken, unter denen ein Uhrschlüssel in Form einer rothen Gummikugel besonders hervorleuchtete. Auch hierüber

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/250>, abgerufen am 24.11.2024.