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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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andere. Im lebhaften Gespräche wurden die Vorkomnisse unseres Pionirlebens noch einmal der Erinnerung vorgeführt, und alles verlief in ungetrübter Heiterkeit, obgleich Freund Lette, der damals sehr stark in demagogischen Farben schillerte, eine unerwartete Episode veranlaßte. Bei schon vorgerücktem Abend und allgemein erhöhter Stimmung zog er ein Blatt aus der Tasche, worauf ein Lied gedruckt war, dessen erste Zeilen mir im Gedächtniß geblieben sind:

Menschenmenge, große Menschenwüste,

Die umsonst der ewge Frühling grüßte;

darüber stand eine Reihe von Zahlen, welche die Musik andeuten sollten. Wie ich viel später erfuhr, gehörte dies Lied, das einem von den beiden Gebrüdern Follen zugeschrieben ward, zu den verpöntesten demagogischen Kundgebungen. Lette sang uns die Melodie vor, mit einer Stimme, die zwischen Tenor, Baß und Bariton schwankte; er forderte uns auf, daß wir nun alle mitsängen; ich mußte mich ans Klavier setzen und sollte accompagniren. Da mich aber ein unbestimmtes Gefühl ergriff, daß ein solcher politischer Chorgesang unpassend sei, so hörte ich nicht auf, Letten nach der Bedeutung der Zahlen zu fragen, die er selbst nicht erklären konnte; ich trieb dies so lange, bis die andern Gäste der Sache überdrüssig wurden, und wir endlich im besten Vernehmen sehr spät auseinandergingen. Vielleicht bewahrte mein anti-demagogischer Instinkt uns vor manchen Unannehmlichkeiten; wäre es etwa dem Herrn von Kamptz zu Ohren gekommen, daß man im Partheyschen Hause aufrührerische Lieder im lauten Chore gesungen, so hätten wir jungen

andere. Im lebhaften Gespräche wurden die Vorkomnisse unseres Pionirlebens noch einmal der Erinnerung vorgeführt, und alles verlief in ungetrübter Heiterkeit, obgleich Freund Lette, der damals sehr stark in demagogischen Farben schillerte, eine unerwartete Episode veranlaßte. Bei schon vorgerücktem Abend und allgemein erhöhter Stimmung zog er ein Blatt aus der Tasche, worauf ein Lied gedruckt war, dessen erste Zeilen mir im Gedächtniß geblieben sind:

Menschenmenge, große Menschenwüste,

Die umsonst der ewge Frühling grüßte;

darüber stand eine Reihe von Zahlen, welche die Musik andeuten sollten. Wie ich viel später erfuhr, gehörte dies Lied, das einem von den beiden Gebrüdern Follen zugeschrieben ward, zu den verpöntesten demagogischen Kundgebungen. Lette sang uns die Melodie vor, mit einer Stimme, die zwischen Tenor, Baß und Bariton schwankte; er forderte uns auf, daß wir nun alle mitsängen; ich mußte mich ans Klavier setzen und sollte accompagniren. Da mich aber ein unbestimmtes Gefühl ergriff, daß ein solcher politischer Chorgesang unpassend sei, so hörte ich nicht auf, Letten nach der Bedeutung der Zahlen zu fragen, die er selbst nicht erklären konnte; ich trieb dies so lange, bis die andern Gäste der Sache überdrüssig wurden, und wir endlich im besten Vernehmen sehr spät auseinandergingen. Vielleicht bewahrte mein anti-demagogischer Instinkt uns vor manchen Unannehmlichkeiten; wäre es etwa dem Herrn von Kamptz zu Ohren gekommen, daß man im Partheyschen Hause aufrührerische Lieder im lauten Chore gesungen, so hätten wir jungen

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[267/0275] andere. Im lebhaften Gespräche wurden die Vorkomnisse unseres Pionirlebens noch einmal der Erinnerung vorgeführt, und alles verlief in ungetrübter Heiterkeit, obgleich Freund Lette, der damals sehr stark in demagogischen Farben schillerte, eine unerwartete Episode veranlaßte. Bei schon vorgerücktem Abend und allgemein erhöhter Stimmung zog er ein Blatt aus der Tasche, worauf ein Lied gedruckt war, dessen erste Zeilen mir im Gedächtniß geblieben sind: Menschenmenge, große Menschenwüste, Die umsonst der ewge Frühling grüßte; darüber stand eine Reihe von Zahlen, welche die Musik andeuten sollten. Wie ich viel später erfuhr, gehörte dies Lied, das einem von den beiden Gebrüdern Follen zugeschrieben ward, zu den verpöntesten demagogischen Kundgebungen. Lette sang uns die Melodie vor, mit einer Stimme, die zwischen Tenor, Baß und Bariton schwankte; er forderte uns auf, daß wir nun alle mitsängen; ich mußte mich ans Klavier setzen und sollte accompagniren. Da mich aber ein unbestimmtes Gefühl ergriff, daß ein solcher politischer Chorgesang unpassend sei, so hörte ich nicht auf, Letten nach der Bedeutung der Zahlen zu fragen, die er selbst nicht erklären konnte; ich trieb dies so lange, bis die andern Gäste der Sache überdrüssig wurden, und wir endlich im besten Vernehmen sehr spät auseinandergingen. Vielleicht bewahrte mein anti-demagogischer Instinkt uns vor manchen Unannehmlichkeiten; wäre es etwa dem Herrn von Kamptz zu Ohren gekommen, daß man im Partheyschen Hause aufrührerische Lieder im lauten Chore gesungen, so hätten wir jungen

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/275>, abgerufen am 24.11.2024.