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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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Prinzessinnen auf. Unter Wielands prosaischen Schriften zeugen die Geschichte der Abderiten, der Agathon, der Aristipp u. a. von einer nicht gewöhnlichen Kenntniß des hellenischen Alterthumes, doch fühlte man immer unbewußt, daß ihnen der Ernst einer würdigen Lebensanschauung fehle.

Sehr bald griff ich zu Bürgers Balladen, in denen ein männlicher kräftiger Sinn mit einem schwungvollen Rhythmus vereinigt ist. Da gewährte es eine große Freude, den Text zu so vielen längst bekannten Chodowieckischen Kupfern aufzufinden. Das Lied vom braven Mann, die Lenore, der Junker Plump von Pommerland u. a. wurden nun erst recht lebendig.

Aber weit nachhaltiger und durchgreifender war der Eindruck, den Jean Pauls Schriften auf mich machten. Der Genuß daran begleitete mich durch das ganze Leben; noch jetzt ist ihre Lesung mehr als jede andere im Stande, mir den Zauberhauch der Jugend wieder hervorzurufen. An den überschwänglich sentimentalen Stellen fand ich keinen besonderen Geschmack, die Erregung der Thränendrüsen, über die er selbst so oft spottet, trat bei mir nicht ein; aber der unerschöpfliche Humor, das edle Gemüth, getragen von einem tiefmoralischen Sinne, ergriffen mich mit unwiderstehlicher Gewalt. Die barocke Schreibweise stieß mich nicht ab: denn sie strotzte in jeder Zeile von Witzen und Anspielungen. Auch will ich nicht läugnen, daß die immense Belesenheit in allen Fächern des menschlichen Wissens mir ungemein imponirte. Gleich anfangs suchte ich meinen Freund Paul für diese neue Lektüre zu gewinnen, aber der fremde Humor wollte bei ihm, der soviel eignen besaß, nicht recht verfangen. Vergebens

Prinzessinnen auf. Unter Wielands prosaischen Schriften zeugen die Geschichte der Abderiten, der Agathon, der Aristipp u. a. von einer nicht gewöhnlichen Kenntniß des hellenischen Alterthumes, doch fühlte man immer unbewußt, daß ihnen der Ernst einer würdigen Lebensanschauung fehle.

Sehr bald griff ich zu Bürgers Balladen, in denen ein männlicher kräftiger Sinn mit einem schwungvollen Rhythmus vereinigt ist. Da gewährte es eine große Freude, den Text zu so vielen längst bekannten Chodowieckischen Kupfern aufzufinden. Das Lied vom braven Mann, die Lenore, der Junker Plump von Pommerland u. a. wurden nun erst recht lebendig.

Aber weit nachhaltiger und durchgreifender war der Eindruck, den Jean Pauls Schriften auf mich machten. Der Genuß daran begleitete mich durch das ganze Leben; noch jetzt ist ihre Lesung mehr als jede andere im Stande, mir den Zauberhauch der Jugend wieder hervorzurufen. An den überschwänglich sentimentalen Stellen fand ich keinen besonderen Geschmack, die Erregung der Thränendrüsen, über die er selbst so oft spottet, trat bei mir nicht ein; aber der unerschöpfliche Humor, das edle Gemüth, getragen von einem tiefmoralischen Sinne, ergriffen mich mit unwiderstehlicher Gewalt. Die barocke Schreibweise stieß mich nicht ab: denn sie strotzte in jeder Zeile von Witzen und Anspielungen. Auch will ich nicht läugnen, daß die immense Belesenheit in allen Fächern des menschlichen Wissens mir ungemein imponirte. Gleich anfangs suchte ich meinen Freund Paul für diese neue Lektüre zu gewinnen, aber der fremde Humor wollte bei ihm, der soviel eignen besaß, nicht recht verfangen. Vergebens

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[272/0280] Prinzessinnen auf. Unter Wielands prosaischen Schriften zeugen die Geschichte der Abderiten, der Agathon, der Aristipp u. a. von einer nicht gewöhnlichen Kenntniß des hellenischen Alterthumes, doch fühlte man immer unbewußt, daß ihnen der Ernst einer würdigen Lebensanschauung fehle. Sehr bald griff ich zu Bürgers Balladen, in denen ein männlicher kräftiger Sinn mit einem schwungvollen Rhythmus vereinigt ist. Da gewährte es eine große Freude, den Text zu so vielen längst bekannten Chodowieckischen Kupfern aufzufinden. Das Lied vom braven Mann, die Lenore, der Junker Plump von Pommerland u. a. wurden nun erst recht lebendig. Aber weit nachhaltiger und durchgreifender war der Eindruck, den Jean Pauls Schriften auf mich machten. Der Genuß daran begleitete mich durch das ganze Leben; noch jetzt ist ihre Lesung mehr als jede andere im Stande, mir den Zauberhauch der Jugend wieder hervorzurufen. An den überschwänglich sentimentalen Stellen fand ich keinen besonderen Geschmack, die Erregung der Thränendrüsen, über die er selbst so oft spottet, trat bei mir nicht ein; aber der unerschöpfliche Humor, das edle Gemüth, getragen von einem tiefmoralischen Sinne, ergriffen mich mit unwiderstehlicher Gewalt. Die barocke Schreibweise stieß mich nicht ab: denn sie strotzte in jeder Zeile von Witzen und Anspielungen. Auch will ich nicht läugnen, daß die immense Belesenheit in allen Fächern des menschlichen Wissens mir ungemein imponirte. Gleich anfangs suchte ich meinen Freund Paul für diese neue Lektüre zu gewinnen, aber der fremde Humor wollte bei ihm, der soviel eignen besaß, nicht recht verfangen. Vergebens

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/280>, abgerufen am 24.11.2024.