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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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des Herzogs von Bordeaux in der Kirche Notre Dame bei, wozu wir durch die Güte der Herzogin Eintrittskarten erhielten. Anfangs zeigte weder Medem noch ich große Lust hinzugehn: denn was war an dem leeren Schaugepränge merkwürdiges zu sehn? aber nachher bereuten wir es nicht, dort gewesen zu sein. Das Innere der alten gothischen, geschmackvoll dekorirten Kirche bot einen prachtvollen Anblick. Am würdigsten erschienen auf einer reihenweis ansteigenden Estrade die 250 Pairs in weißen Hermelinmänteln. Auf einer andern Estrade prangten die Damen des Hofes im höchsten Putze. Die Taufhandlung verrichtete mit vieler Würde ein sehr alter Kardinal Talleyrand, der Bruder oder Oheim des Fürsten. In den Zeitungen las man, Chateaubriand habe dazu ein Fläschchen ächten Jordanwassers gespendet, ich vermöchte aber nicht zu sagen, ob es wirklich zur Anwendung gekommen sei.

Wohl mochte mancher der in Notre Dame anwesenden Pairs und Groswürdenträger sich erinnern, daß er gerade vor zehn Jahren an derselben Stelle der Taufe des Königs von Rom beigewohnt; aber wer hätte voraussehn können, daß nach weiteren 35 Jahren (1856) wiederum ein napoleonischer Prinz, der Sohn Napoleons III. hier die Taufe empfangen werde?

Am Abende desselben Tages, nachdem wir das sehr mittelmäßge durch den Regen beeinträchtigte Feuerwerk auf dem Pont Louis XVI. angesehn, machten wir noch einen späten Besuch bei der Herzogin, und da hatte ich zum ersten und letzten Male das Glück, den Fürsten Talleyrand in völliger Ungezwungenheit als geistreichen und spashaften Gesellschafter zu sehn. Mit breitgezogenem lachenden Munde saß er nebst dem feinen Marquis

des Herzogs von Bordeaux in der Kirche Notre Dame bei, wozu wir durch die Güte der Herzogin Eintrittskarten erhielten. Anfangs zeigte weder Medem noch ich große Lust hinzugehn: denn was war an dem leeren Schaugepränge merkwürdiges zu sehn? aber nachher bereuten wir es nicht, dort gewesen zu sein. Das Innere der alten gothischen, geschmackvoll dekorirten Kirche bot einen prachtvollen Anblick. Am würdigsten erschienen auf einer reihenweis ansteigenden Estrade die 250 Pairs in weißen Hermelinmänteln. Auf einer andern Estrade prangten die Damen des Hofes im höchsten Putze. Die Taufhandlung verrichtete mit vieler Würde ein sehr alter Kardinal Talleyrand, der Bruder oder Oheim des Fürsten. In den Zeitungen las man, Chateaubriand habe dazu ein Fläschchen ächten Jordanwassers gespendet, ich vermöchte aber nicht zu sagen, ob es wirklich zur Anwendung gekommen sei.

Wohl mochte mancher der in Notre Dame anwesenden Pairs und Groswürdenträger sich erinnern, daß er gerade vor zehn Jahren an derselben Stelle der Taufe des Königs von Rom beigewohnt; aber wer hätte voraussehn können, daß nach weiteren 35 Jahren (1856) wiederum ein napoléonischer Prinz, der Sohn Napoléons III. hier die Taufe empfangen werde?

Am Abende desselben Tages, nachdem wir das sehr mittelmäßge durch den Regen beeinträchtigte Feuerwerk auf dem Pont Louis XVI. angesehn, machten wir noch einen späten Besuch bei der Herzogin, und da hatte ich zum ersten und letzten Male das Glück, den Fürsten Talleyrand in völliger Ungezwungenheit als geistreichen und spashaften Gesellschafter zu sehn. Mit breitgezogenem lachenden Munde saß er nebst dem feinen Marquis

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[505/0513] des Herzogs von Bordeaux in der Kirche Notre Dame bei, wozu wir durch die Güte der Herzogin Eintrittskarten erhielten. Anfangs zeigte weder Medem noch ich große Lust hinzugehn: denn was war an dem leeren Schaugepränge merkwürdiges zu sehn? aber nachher bereuten wir es nicht, dort gewesen zu sein. Das Innere der alten gothischen, geschmackvoll dekorirten Kirche bot einen prachtvollen Anblick. Am würdigsten erschienen auf einer reihenweis ansteigenden Estrade die 250 Pairs in weißen Hermelinmänteln. Auf einer andern Estrade prangten die Damen des Hofes im höchsten Putze. Die Taufhandlung verrichtete mit vieler Würde ein sehr alter Kardinal Talleyrand, der Bruder oder Oheim des Fürsten. In den Zeitungen las man, Chateaubriand habe dazu ein Fläschchen ächten Jordanwassers gespendet, ich vermöchte aber nicht zu sagen, ob es wirklich zur Anwendung gekommen sei. Wohl mochte mancher der in Notre Dame anwesenden Pairs und Groswürdenträger sich erinnern, daß er gerade vor zehn Jahren an derselben Stelle der Taufe des Königs von Rom beigewohnt; aber wer hätte voraussehn können, daß nach weiteren 35 Jahren (1856) wiederum ein napoléonischer Prinz, der Sohn Napoléons III. hier die Taufe empfangen werde? Am Abende desselben Tages, nachdem wir das sehr mittelmäßge durch den Regen beeinträchtigte Feuerwerk auf dem Pont Louis XVI. angesehn, machten wir noch einen späten Besuch bei der Herzogin, und da hatte ich zum ersten und letzten Male das Glück, den Fürsten Talleyrand in völliger Ungezwungenheit als geistreichen und spashaften Gesellschafter zu sehn. Mit breitgezogenem lachenden Munde saß er nebst dem feinen Marquis

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 505. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/513>, abgerufen am 24.11.2024.