Am 3. Mai 1821 verließ ich Paris nach einem Aufenthalte von sechs Monaten. Ueberblickte ich im Geiste diesen langen Zeitraum, so erschien mir das, was ich in meiner Weiterbildung erreicht, als sehr gering, und ich empfand eine gewisse Unbefriedigung, daß so manche Lücke in den mir vorgesetzten Arbeiten offen geblieben sei, dagegen konnte ich mir das Zeugniß geben, daß ich in gesellschaftlicher Hinsicht mich gut gehalten habe, und nie in die Nothwendigkeit gekommen sei, die Stacheln herauszukehren.
Auf die Weisung meines Vaters kaufte ich einen größeren Reisewagen, in welchem Medem und ich uns ganz bequem einrichteten. Bei dem herrlichen Frühlingswetter ließen wir oft Johann im Wagen sitzen, und genossen von dem breiten Bocke der frischen Luft und der heitern Fernsicht. Beim Pferdewechsel geschah es mehr als einmal zur unbeschreiblichen Verwunderung des Postmeisters und der Umstehenden, daß ein Herr mit zwei Orden aus dem Wagen sprang, um den beiden Bedienten auf dem Bocke ein Glas Wein zu reichen.
In Heidelberg konnte ich zum zweiten Male die Schaffnerin Hepp durch meine Gegenwart überraschen, in Baireuth ward wiederum ein genußreicher Abend in Jean Pauls Gesellschaft verlebt. Nach einigem Aufenthalte in Löbichau und Sagan erreichte ich am 8. Juni 1821 wohlbehalten das väterliche Haus in Berlin.
Schluß.
Am 3. Mai 1821 verließ ich Paris nach einem Aufenthalte von sechs Monaten. Ueberblickte ich im Geiste diesen langen Zeitraum, so erschien mir das, was ich in meiner Weiterbildung erreicht, als sehr gering, und ich empfand eine gewisse Unbefriedigung, daß so manche Lücke in den mir vorgesetzten Arbeiten offen geblieben sei, dagegen konnte ich mir das Zeugniß geben, daß ich in gesellschaftlicher Hinsicht mich gut gehalten habe, und nie in die Nothwendigkeit gekommen sei, die Stacheln herauszukehren.
Auf die Weisung meines Vaters kaufte ich einen größeren Reisewagen, in welchem Medem und ich uns ganz bequem einrichteten. Bei dem herrlichen Frühlingswetter ließen wir oft Johann im Wagen sitzen, und genossen von dem breiten Bocke der frischen Luft und der heitern Fernsicht. Beim Pferdewechsel geschah es mehr als einmal zur unbeschreiblichen Verwunderung des Postmeisters und der Umstehenden, daß ein Herr mit zwei Orden aus dem Wagen sprang, um den beiden Bedienten auf dem Bocke ein Glas Wein zu reichen.
In Heidelberg konnte ich zum zweiten Male die Schaffnerin Hepp durch meine Gegenwart überraschen, in Baireuth ward wiederum ein genußreicher Abend in Jean Pauls Gesellschaft verlebt. Nach einigem Aufenthalte in Löbichau und Sagan erreichte ich am 8. Juni 1821 wohlbehalten das väterliche Haus in Berlin.
Schluß.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0515"n="507"/></p><lb/><p>Am 3. Mai 1821 verließ ich Paris nach einem Aufenthalte von sechs Monaten. Ueberblickte ich im Geiste diesen langen Zeitraum, so erschien mir das, was ich in meiner Weiterbildung erreicht, als sehr gering, und ich empfand eine gewisse Unbefriedigung, daß so manche Lücke in den mir vorgesetzten Arbeiten offen geblieben sei, dagegen konnte ich mir das Zeugniß geben, daß ich in gesellschaftlicher Hinsicht mich gut gehalten habe, und nie in die Nothwendigkeit gekommen sei, die Stacheln herauszukehren. </p><lb/><p>Auf die Weisung meines Vaters kaufte ich einen größeren Reisewagen, in welchem Medem und ich uns ganz bequem einrichteten. Bei dem herrlichen Frühlingswetter ließen wir oft Johann im Wagen sitzen, und genossen von dem breiten Bocke der frischen Luft und der heitern Fernsicht. Beim Pferdewechsel geschah es mehr als einmal zur unbeschreiblichen Verwunderung des Postmeisters und der Umstehenden, daß ein Herr mit zwei Orden aus dem Wagen sprang, um den beiden Bedienten auf dem Bocke ein Glas Wein zu reichen. </p><lb/><p>In Heidelberg konnte ich zum zweiten Male die Schaffnerin Hepp durch meine Gegenwart überraschen, in Baireuth ward wiederum ein genußreicher Abend in Jean Pauls Gesellschaft verlebt. Nach einigem Aufenthalte in Löbichau und Sagan erreichte ich am 8. Juni 1821 wohlbehalten das väterliche Haus in Berlin. </p><lb/><prendition="#c">Schluß.</p><lb/></div></body><back></back></text></TEI>
[507/0515]
Am 3. Mai 1821 verließ ich Paris nach einem Aufenthalte von sechs Monaten. Ueberblickte ich im Geiste diesen langen Zeitraum, so erschien mir das, was ich in meiner Weiterbildung erreicht, als sehr gering, und ich empfand eine gewisse Unbefriedigung, daß so manche Lücke in den mir vorgesetzten Arbeiten offen geblieben sei, dagegen konnte ich mir das Zeugniß geben, daß ich in gesellschaftlicher Hinsicht mich gut gehalten habe, und nie in die Nothwendigkeit gekommen sei, die Stacheln herauszukehren.
Auf die Weisung meines Vaters kaufte ich einen größeren Reisewagen, in welchem Medem und ich uns ganz bequem einrichteten. Bei dem herrlichen Frühlingswetter ließen wir oft Johann im Wagen sitzen, und genossen von dem breiten Bocke der frischen Luft und der heitern Fernsicht. Beim Pferdewechsel geschah es mehr als einmal zur unbeschreiblichen Verwunderung des Postmeisters und der Umstehenden, daß ein Herr mit zwei Orden aus dem Wagen sprang, um den beiden Bedienten auf dem Bocke ein Glas Wein zu reichen.
In Heidelberg konnte ich zum zweiten Male die Schaffnerin Hepp durch meine Gegenwart überraschen, in Baireuth ward wiederum ein genußreicher Abend in Jean Pauls Gesellschaft verlebt. Nach einigem Aufenthalte in Löbichau und Sagan erreichte ich am 8. Juni 1821 wohlbehalten das väterliche Haus in Berlin.
Schluß.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/515>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.