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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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heimische und Fremde. Mein Vater, welcher vier Jahre in Dresden privatisirte, gehörte zu den treusten Hausfreunden. Er hat mir oft erzählt, daß er die Mozartschen Lieder, so wie sie eben erschienen, zu Körners kräftiger Baßstimme am Klavier begleitet habe.

Mozart selbst, bei seinem kurzen Aufenthalte in Dresden, verkehrte fast täglich im Körnerschen Hause. Für die reizende und geistvolle Doris stand er in hellen Flammen, und sagte ihr mit süddeutscher Lebhaftigkeit die naivsten Schmeicheleien. Gewöhnlich kam er kurz vor Tische, und setzte sich, nachdem er sich in galanten Redensarten ergossen, an das Klavier, um zu phantasiren. Im Nebenzimmer wurde inzwischen der Tisch gedeckt, die Suppe aufgetragen, und der Bediente meldete, daß angerichtet sei. Aber wer mochte sich entfernen, wenn Mozart phantasirte! Man ließ die Suppe kalt werden und den Braten verbrennen, um nur immerfort den Zauberklängen zuzuhören, die der Meister, völlig in sich versunken und unempfindlich für die Außenwelt, dem Instrumente entlockte. Doch wird man auch des höchsten musikalischen Genusses am Ende überdrüssig, wenn der Magen seine Forderungen geltend macht. Nachdem einige Male die Suppe über Mozarts Spiel kalt geworden war, machte man kurzen Prozeß mit ihm. Mozart, sagte Doris, indem sie ihren schneeweißen Arm sanft auf seine Schulter legte, Mozart, wir gehn zu Tische, wollen Sie mit uns essen? Kuß die Hand, meine Gnädige, werde gleich kommen! Aber wer nicht kam, war Mozart; er spielte ungestört fort. So hatten wir denn oft, schloß Doris ihre Erzählung, bei unserm Essen die ausgesuchteste Mozartsche Tafelmusik, und fanden ihn nach Tische noch am Instrumente sitzen.

heimische und Fremde. Mein Vater, welcher vier Jahre in Dresden privatisirte, gehörte zu den treusten Hausfreunden. Er hat mir oft erzählt, daß er die Mozartschen Lieder, so wie sie eben erschienen, zu Körners kräftiger Baßstimme am Klavier begleitet habe.

Mozart selbst, bei seinem kurzen Aufenthalte in Dresden, verkehrte fast täglich im Körnerschen Hause. Für die reizende und geistvolle Doris stand er in hellen Flammen, und sagte ihr mit süddeutscher Lebhaftigkeit die naivsten Schmeicheleien. Gewöhnlich kam er kurz vor Tische, und setzte sich, nachdem er sich in galanten Redensarten ergossen, an das Klavier, um zu phantasiren. Im Nebenzimmer wurde inzwischen der Tisch gedeckt, die Suppe aufgetragen, und der Bediente meldete, daß angerichtet sei. Aber wer mochte sich entfernen, wenn Mozart phantasirte! Man ließ die Suppe kalt werden und den Braten verbrennen, um nur immerfort den Zauberklängen zuzuhören, die der Meister, völlig in sich versunken und unempfindlich für die Außenwelt, dem Instrumente entlockte. Doch wird man auch des höchsten musikalischen Genusses am Ende überdrüssig, wenn der Magen seine Forderungen geltend macht. Nachdem einige Male die Suppe über Mozarts Spiel kalt geworden war, machte man kurzen Prozeß mit ihm. Mozart, sagte Doris, indem sie ihren schneeweißen Arm sanft auf seine Schulter legte, Mozart, wir gehn zu Tische, wollen Sie mit uns essen? Kuß die Hand, meine Gnädige, werde gleich kommen! Aber wer nicht kam, war Mozart; er spielte ungestört fort. So hatten wir denn oft, schloß Doris ihre Erzählung, bei unserm Essen die ausgesuchteste Mozartsche Tafelmusik, und fanden ihn nach Tische noch am Instrumente sitzen.

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[51/0059] heimische und Fremde. Mein Vater, welcher vier Jahre in Dresden privatisirte, gehörte zu den treusten Hausfreunden. Er hat mir oft erzählt, daß er die Mozartschen Lieder, so wie sie eben erschienen, zu Körners kräftiger Baßstimme am Klavier begleitet habe. Mozart selbst, bei seinem kurzen Aufenthalte in Dresden, verkehrte fast täglich im Körnerschen Hause. Für die reizende und geistvolle Doris stand er in hellen Flammen, und sagte ihr mit süddeutscher Lebhaftigkeit die naivsten Schmeicheleien. Gewöhnlich kam er kurz vor Tische, und setzte sich, nachdem er sich in galanten Redensarten ergossen, an das Klavier, um zu phantasiren. Im Nebenzimmer wurde inzwischen der Tisch gedeckt, die Suppe aufgetragen, und der Bediente meldete, daß angerichtet sei. Aber wer mochte sich entfernen, wenn Mozart phantasirte! Man ließ die Suppe kalt werden und den Braten verbrennen, um nur immerfort den Zauberklängen zuzuhören, die der Meister, völlig in sich versunken und unempfindlich für die Außenwelt, dem Instrumente entlockte. Doch wird man auch des höchsten musikalischen Genusses am Ende überdrüssig, wenn der Magen seine Forderungen geltend macht. Nachdem einige Male die Suppe über Mozarts Spiel kalt geworden war, machte man kurzen Prozeß mit ihm. Mozart, sagte Doris, indem sie ihren schneeweißen Arm sanft auf seine Schulter legte, Mozart, wir gehn zu Tische, wollen Sie mit uns essen? Kuß die Hand, meine Gnädige, werde gleich kommen! Aber wer nicht kam, war Mozart; er spielte ungestört fort. So hatten wir denn oft, schloß Doris ihre Erzählung, bei unserm Essen die ausgesuchteste Mozartsche Tafelmusik, und fanden ihn nach Tische noch am Instrumente sitzen.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/59>, abgerufen am 21.11.2024.