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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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von 60 Fus Höhe, und wie ein Mann im Leibe dik; Arbutus Unedo
den wir bei uns in den Treibhäusern ziehn, als ein kleines
Gebüsch am Strande des Meeres; dennoch wächst in diesen
Gegenden kein Wein, weil der Winter zwar wenig kalt, aber
der Sommer auch wenig warm ist: und den Pflanzen, welche
im Winter ihr appendikuläres System abwerfen, kann es
gleichgültig sein, ob alsdann die Kälte etwas stärker ist
oder nicht: allein im Sommer brauchen sie einen bestimten
Hizegrad, um zu blühen und Früchte zu tragen. Dazu kömt,
dass jene Gegenden Küstenländer sind; das Meer nimt jede Tem-
peraturveränderung langsamer an: es gefriert dort, so wenig
als bei uns, daher können sich weder Schnee noch Eis darauf
lagern, wohl aber auf dem Lande. Überdies hat jede grosse
Wassermasse eine Tendenz im Winter warm zu bleiben, weil (im Winter)
die kälteren Theile als die dichteren, zu Boden sinken; im
Sommer aber wirkt sie erkältend durch die Verdünstung, bei
der jedesmal Kälte entsteht: daher sind die Küsten meist
neblig, weil die Dämpfe sich auf dem ungleich-erwärmten
Kontinente niederschlagen. Mit einem Worte: die Nähe des

von 60 Fus Höhe, und wie ein Mann im Leibe dik; Arbutus Unedo
den wir bei uns in den Treibhäusern ziehn, als ein kleines
Gebüsch am Strande des Meeres; dennoch wächst in diesen
Gegenden kein Wein, weil der Winter zwar wenig kalt, aber
der Sommer auch wenig warm ist: und den Pflanzen, welche
im Winter ihr appendikuläres System abwerfen, kann es
gleichgültig sein, ob alsdann die Kälte etwas stärker ist
oder nicht: allein im Sommer brauchen sie einen bestimten
Hizegrad, um zu blühen und Früchte zu tragen. Dazu kömt,
dass jene Gegenden Küstenländer sind; das Meer nimt jede Tem-
peraturveränderung langsamer an: es gefriert dort, so wenig
als bei uns, daher können sich weder Schnee noch Eis darauf
lagern, wohl aber auf dem Lande. Überdies hat jede grosse
Wassermasse eine Tendenz im Winter warm zu bleiben, weil (im Winter)
die kälteren Theile als die dichteren, zu Boden sinken; im
Sommer aber wirkt sie erkältend durch die Verdünstung, bei
der jedesmal Kälte entsteht: daher sind die Küsten meist
neblig, weil die Dämpfe sich auf dem ungleich-erwärmten
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[299r/0601] von 60 Fus Höhe, und wie ein Mann im Leibe dik; Arbutus Unedo den wir bei uns in den Treibhäusern ziehn, als ein kleines Gebüsch am Strande des Meeres; dennoch wächst in diesen Gegenden kein Wein, weil der Winter zwar wenig kalt, aber der Sommer auch wenig warm ist: und den Pflanzen, welche im Winter ihr appendikuläres System abwerfen, kann es gleichgültig sein, ob alsdann die Kälte etwas stärker ist oder nicht: allein im Sommer brauchen sie einen bestimten Hizegrad, um zu blühen und Früchte zu tragen. Dazu kömt, dass jene Gegenden Küstenländer sind; das Meer nimt jede Tem- peraturveränderung langsamer an: es gefriert dort, so wenig als bei uns, daher können sich weder Schnee noch Eis darauf lagern, wohl aber auf dem Lande. Überdies hat jede grosse Wassermasse eine Tendenz im Winter warm zu bleiben, weil die kälteren Theile als die dichteren, zu Boden sinken; im Sommer aber wirkt sie erkältend durch die Verdünstung, bei der jedesmal Kälte entsteht: daher sind die Küsten meist neblig, weil die Dämpfe sich auf dem ungleich-erwärmten Kontinente niederschlagen. Mit einem Worte: die Nähe des

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 299r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/601>, abgerufen am 22.11.2024.