Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder. 1. Band: A-L. Berlin, 1898.fing sie auch an, Erzählungen für die Jugend zu schreiben, welche Eduard Trewendt in Breslau herausgegeben hat. Auch für den christlichen Zeitschriften-Verein hat sie einige Märchen und Erzählungen geschrieben. "Martha", Blatt für die Hausfrau u.s.w. hat Aufsätze und eine Reihe Novelletten aus ihrer Feder veröffentlicht. Werke s. Hedwig Braun. [Henschel, Frau Anna Doris Sophie] *Henschel, Frau Anna Doris Sophie, geb. Linke, Pasewalk, Marktstrasse 65 I. Am 26. Januar 1844 wurde sie zu Strasburg, Uckermark, einem Ackerstädtchen dicht an der Mecklenburgischen Grenze, geboren. Ihr Vater war Maurermeister. Ihren ersten Unterricht erhielt sie in einer sogenannten Klippschule, in welcher das Honorar allwöchentlich einen Silbergroschen betrug. Sie lernte gern und fand wenig Gefallen an kindlichen Spielen, weshalb sie ihren Gefährtinnen oft als Zielscheibe ihrer Spöttereien dienen musste. Später kam sie in die Stadtschule. Da sie jedoch sehr schwächlich war, veranlasste der Hausarzt ihren Vater, sie privatim unterrichten zu lassen. Schon damals stöberte sie mit Vorliebe in den Klassikern herum und fühlte sich angeregt, die ersten dichterischen Versuche zu unternehmen. Wie freute es sie, wenn "es sich reimte"! Ihren Geschwistern und den Nachbarkindern musste sie immer "Geschichten" erzählen, die sie teils in Märchenbüchern gelesen, teils sich aus eigenen Phantasiegebilden zusammengestellt hatte. Mit Vorliebe trieb sie Geschichte, Litteratur und Naturwissenschaften. Ihr Vater - ein für seine Verhältnisse vielseitig gebildeter Mann - unterstützte ihren Wissensdrang nach Kräften, d. h. so gut dies in den sehr einseitigen, kleinstädtischen Verhältnissen möglich zu machen war. Schon damals schrieb sie ein Tagebuch. Später brachte sie kleine Erzählungen zu Papier. Als sie das dreizehnte Lebensjahr erreicht hatte, wurde sie nach Berlin in Pension gebracht, zu der Witwe des Archivrats Schaeffer in der Köpnickerstrasse. Den Schulunterricht genoss sie im Institut von Frl. Auguste Zepp am Kölnischen Fischmarkt. Durch häufigen Besuch der Königlichen Theater bildete sich bei ihr eine grosse Schwärmerei für das klassische Schauspiel und sie trug sich allen Ernstes mit der Idee, selber den Kothurn anzulegen. Ihre Eltern waren inzwischen nach Pasewalk übergesiedelt, wo sie im Jahre 1860 konfirmiert wurde. Von nun ab war sie wieder auf eigenes Weiterbilden angewiesen. Durch den plötzlichen Tod ihres Vaters änderten sich die äusseren Verhältnisse und dieses so frühe Kennenlernen des Lebensernstes trug wohl dazu bei, dass ihr Sinn ein nach innen gekehrter ward. Zweiunddreissig glückliche Jahre verlebte sie dann an der Seite ihres Gatten, des Baumeisters August Henschel. "In meinen Liedern liegt mein Leben; sie sind die Biographie meines Herzens, mein seelisches Tagebuch!" - Die Sorgen des Lebens sind ihr nicht erspart geblieben. "Mein Schreibtisch war mein Zufluchtsort nach den Beschwerden meiner hausfraulichen und mütterlichen Pflichten. Hier erholte ich mich in stillen Stunden, und dem Papier vertraute ich an, was mein Innerstes bewegte. Vom Augenblick geboren sind meine Lieder!" schreibt A. H. von sich selbst. Ausser den unten fing sie auch an, Erzählungen für die Jugend zu schreiben, welche Eduard Trewendt in Breslau herausgegeben hat. Auch für den christlichen Zeitschriften-Verein hat sie einige Märchen und Erzählungen geschrieben. »Martha«, Blatt für die Hausfrau u.s.w. hat Aufsätze und eine Reihe Novelletten aus ihrer Feder veröffentlicht. Werke s. Hedwig Braun. [Henschel, Frau Anna Doris Sophie] *Henschel, Frau Anna Doris Sophie, geb. Linke, Pasewalk, Marktstrasse 65 I. Am 26. Januar 1844 wurde sie zu Strasburg, Uckermark, einem Ackerstädtchen dicht an der Mecklenburgischen Grenze, geboren. Ihr Vater war Maurermeister. Ihren ersten Unterricht erhielt sie in einer sogenannten Klippschule, in welcher das Honorar allwöchentlich einen Silbergroschen betrug. Sie lernte gern und fand wenig Gefallen an kindlichen Spielen, weshalb sie ihren Gefährtinnen oft als Zielscheibe ihrer Spöttereien dienen musste. Später kam sie in die Stadtschule. Da sie jedoch sehr schwächlich war, veranlasste der Hausarzt ihren Vater, sie privatim unterrichten zu lassen. Schon damals stöberte sie mit Vorliebe in den Klassikern herum und fühlte sich angeregt, die ersten dichterischen Versuche zu unternehmen. Wie freute es sie, wenn »es sich reimte«! Ihren Geschwistern und den Nachbarkindern musste sie immer »Geschichten« erzählen, die sie teils in Märchenbüchern gelesen, teils sich aus eigenen Phantasiegebilden zusammengestellt hatte. Mit Vorliebe trieb sie Geschichte, Litteratur und Naturwissenschaften. Ihr Vater – ein für seine Verhältnisse vielseitig gebildeter Mann – unterstützte ihren Wissensdrang nach Kräften, d. h. so gut dies in den sehr einseitigen, kleinstädtischen Verhältnissen möglich zu machen war. Schon damals schrieb sie ein Tagebuch. Später brachte sie kleine Erzählungen zu Papier. Als sie das dreizehnte Lebensjahr erreicht hatte, wurde sie nach Berlin in Pension gebracht, zu der Witwe des Archivrats Schaeffer in der Köpnickerstrasse. Den Schulunterricht genoss sie im Institut von Frl. Auguste Zepp am Kölnischen Fischmarkt. Durch häufigen Besuch der Königlichen Theater bildete sich bei ihr eine grosse Schwärmerei für das klassische Schauspiel und sie trug sich allen Ernstes mit der Idee, selber den Kothurn anzulegen. Ihre Eltern waren inzwischen nach Pasewalk übergesiedelt, wo sie im Jahre 1860 konfirmiert wurde. Von nun ab war sie wieder auf eigenes Weiterbilden angewiesen. Durch den plötzlichen Tod ihres Vaters änderten sich die äusseren Verhältnisse und dieses so frühe Kennenlernen des Lebensernstes trug wohl dazu bei, dass ihr Sinn ein nach innen gekehrter ward. Zweiunddreissig glückliche Jahre verlebte sie dann an der Seite ihres Gatten, des Baumeisters August Henschel. »In meinen Liedern liegt mein Leben; sie sind die Biographie meines Herzens, mein seelisches Tagebuch!« – Die Sorgen des Lebens sind ihr nicht erspart geblieben. »Mein Schreibtisch war mein Zufluchtsort nach den Beschwerden meiner hausfraulichen und mütterlichen Pflichten. Hier erholte ich mich in stillen Stunden, und dem Papier vertraute ich an, was mein Innerstes bewegte. Vom Augenblick geboren sind meine Lieder!« schreibt A. H. von sich selbst. Ausser den unten <TEI> <text> <body> <div type="lexiconEntry"> <p><pb facs="#f0355"/> fing sie auch an, Erzählungen für die Jugend zu schreiben, welche Eduard Trewendt in Breslau herausgegeben hat. 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Da sie jedoch sehr schwächlich war, veranlasste der Hausarzt ihren Vater, sie privatim unterrichten zu lassen. Schon damals stöberte sie mit Vorliebe in den Klassikern herum und fühlte sich angeregt, die ersten dichterischen Versuche zu unternehmen. Wie freute es sie, wenn »es sich reimte«! Ihren Geschwistern und den Nachbarkindern musste sie immer »Geschichten« erzählen, die sie teils in Märchenbüchern gelesen, teils sich aus eigenen Phantasiegebilden zusammengestellt hatte. Mit Vorliebe trieb sie Geschichte, Litteratur und Naturwissenschaften. Ihr Vater – ein für seine Verhältnisse vielseitig gebildeter Mann – unterstützte ihren Wissensdrang nach Kräften, d. h. so gut dies in den sehr einseitigen, kleinstädtischen Verhältnissen möglich zu machen war. Schon damals schrieb sie ein Tagebuch. Später brachte sie kleine Erzählungen zu Papier. Als sie das dreizehnte Lebensjahr erreicht hatte, wurde sie nach Berlin in Pension gebracht, zu der Witwe des Archivrats Schaeffer in der Köpnickerstrasse. Den Schulunterricht genoss sie im Institut von Frl. Auguste Zepp am Kölnischen Fischmarkt. Durch häufigen Besuch der Königlichen Theater bildete sich bei ihr eine grosse Schwärmerei für das klassische Schauspiel und sie trug sich allen Ernstes mit der Idee, selber den Kothurn anzulegen. Ihre Eltern waren inzwischen nach Pasewalk übergesiedelt, wo sie im Jahre 1860 konfirmiert wurde. Von nun ab war sie wieder auf eigenes Weiterbilden angewiesen. Durch den plötzlichen Tod ihres Vaters änderten sich die äusseren Verhältnisse und dieses so frühe Kennenlernen des Lebensernstes trug wohl dazu bei, dass ihr Sinn ein nach innen gekehrter ward. Zweiunddreissig glückliche Jahre verlebte sie dann an der Seite ihres Gatten, des Baumeisters August Henschel. »In meinen Liedern liegt mein Leben; sie sind die Biographie meines Herzens, mein seelisches Tagebuch!« – Die Sorgen des Lebens sind ihr nicht erspart geblieben. »Mein Schreibtisch war mein Zufluchtsort nach den Beschwerden meiner hausfraulichen und mütterlichen Pflichten. Hier erholte ich mich in stillen Stunden, und dem Papier vertraute ich an, was mein Innerstes bewegte. Vom Augenblick geboren sind meine Lieder!« schreibt A. H. von sich selbst. Ausser den unten </p> </div> </body> </text> </TEI> [0355]
fing sie auch an, Erzählungen für die Jugend zu schreiben, welche Eduard Trewendt in Breslau herausgegeben hat. Auch für den christlichen Zeitschriften-Verein hat sie einige Märchen und Erzählungen geschrieben. »Martha«, Blatt für die Hausfrau u.s.w. hat Aufsätze und eine Reihe Novelletten aus ihrer Feder veröffentlicht.
Werke s. Hedwig Braun.
Henschel, Frau Anna Doris Sophie
*Henschel, Frau Anna Doris Sophie, geb. Linke, Pasewalk, Marktstrasse 65 I. Am 26. Januar 1844 wurde sie zu Strasburg, Uckermark, einem Ackerstädtchen dicht an der Mecklenburgischen Grenze, geboren. Ihr Vater war Maurermeister. Ihren ersten Unterricht erhielt sie in einer sogenannten Klippschule, in welcher das Honorar allwöchentlich einen Silbergroschen betrug. Sie lernte gern und fand wenig Gefallen an kindlichen Spielen, weshalb sie ihren Gefährtinnen oft als Zielscheibe ihrer Spöttereien dienen musste. Später kam sie in die Stadtschule. Da sie jedoch sehr schwächlich war, veranlasste der Hausarzt ihren Vater, sie privatim unterrichten zu lassen. Schon damals stöberte sie mit Vorliebe in den Klassikern herum und fühlte sich angeregt, die ersten dichterischen Versuche zu unternehmen. Wie freute es sie, wenn »es sich reimte«! Ihren Geschwistern und den Nachbarkindern musste sie immer »Geschichten« erzählen, die sie teils in Märchenbüchern gelesen, teils sich aus eigenen Phantasiegebilden zusammengestellt hatte. Mit Vorliebe trieb sie Geschichte, Litteratur und Naturwissenschaften. Ihr Vater – ein für seine Verhältnisse vielseitig gebildeter Mann – unterstützte ihren Wissensdrang nach Kräften, d. h. so gut dies in den sehr einseitigen, kleinstädtischen Verhältnissen möglich zu machen war. Schon damals schrieb sie ein Tagebuch. Später brachte sie kleine Erzählungen zu Papier. Als sie das dreizehnte Lebensjahr erreicht hatte, wurde sie nach Berlin in Pension gebracht, zu der Witwe des Archivrats Schaeffer in der Köpnickerstrasse. Den Schulunterricht genoss sie im Institut von Frl. Auguste Zepp am Kölnischen Fischmarkt. Durch häufigen Besuch der Königlichen Theater bildete sich bei ihr eine grosse Schwärmerei für das klassische Schauspiel und sie trug sich allen Ernstes mit der Idee, selber den Kothurn anzulegen. Ihre Eltern waren inzwischen nach Pasewalk übergesiedelt, wo sie im Jahre 1860 konfirmiert wurde. Von nun ab war sie wieder auf eigenes Weiterbilden angewiesen. Durch den plötzlichen Tod ihres Vaters änderten sich die äusseren Verhältnisse und dieses so frühe Kennenlernen des Lebensernstes trug wohl dazu bei, dass ihr Sinn ein nach innen gekehrter ward. Zweiunddreissig glückliche Jahre verlebte sie dann an der Seite ihres Gatten, des Baumeisters August Henschel. »In meinen Liedern liegt mein Leben; sie sind die Biographie meines Herzens, mein seelisches Tagebuch!« – Die Sorgen des Lebens sind ihr nicht erspart geblieben. »Mein Schreibtisch war mein Zufluchtsort nach den Beschwerden meiner hausfraulichen und mütterlichen Pflichten. Hier erholte ich mich in stillen Stunden, und dem Papier vertraute ich an, was mein Innerstes bewegte. Vom Augenblick geboren sind meine Lieder!« schreibt A. H. von sich selbst. Ausser den unten
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