Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

Die Erscheinung ist dabei auffallend, daß wenn
auf einer Stelle Zb. Kohl u. neben an, Getraide
steht, die Felder oft mit einander verwech-
selt werden, u. eine Veränderung des Eigen-
thums statt findet, was oft Streitigkeiten
Bewegung
der Oberfläche
in die Höhe.

veranlaßt. Eine andere Bewegung ist die
in die Höhe u. dann plötzliches Versinken.
Dies erfuhr Rio Bamba eine Stadt mit 10000
F. die 3 stöckige Häuser u. große Kirchen
hatte. Alles war so versunken, daß ich
keinen Schutthaufen fand, der höher als 5 Fuß
gewesen wäre. Jch habe Personen gesprochen
die 11/2 Tag unter den Trummern gelebt. Da nicht
so viel Menschen waren um Alle aus dem Schutt
zu graben, mußten viele verschmachten u. die
Geistl. ertheilten den Unglücklichen durch die
Schornsteine u. Spalten die Absolution. Erd-
beben sind häufiger da wo Gebirge sind
u. sie pflanzen sich oft 4-500 Ml. fort.
Jn den großen Continenten hat man hiervon
Folge
der Erscheinungen

weniger Beispiele. Wer in dem Jnnern eines
Kraters gewesen, der leicht zu besuchen ist,
hört zuerst ein Getöse, dann folgt eine
Erschütterung u. dann der Schlacken aus-
wurf. Vulkane können daher als Sicher-
heitsklappen für die elastischen Dämpfe
angesehen werden u. die Provinz Quito
würde glücklich sein, wenn der Chimborazzo
noch ein Vulkan wäre. Jm Kalk sowohl
als im Gneis finden Durchbruche statt.
Caraca[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]s steht auf ersterm u. 1812 wurde
es zerstört. Durch die Fortpflanzung der
Bewegung müßen sich die Spalten allmäh-
lig erweitern. Einzelne Gegenden mitten
unter Vulkanen werden nie erschüttet.

So warist

Die Erſcheinung iſt dabei auffallend, daß weñ
auf einer Stelle Zb. Kohl u. neben an, Getraide
ſteht, die Felder oft mit einander verwech-
ſelt werden, u. eine Veränderung des Eigen-
thums ſtatt findet, was oft Streitigkeiten
Bewegung
der Oberfläche
in die Höhe.

veranlaßt. Eine andere Bewegung iſt die
in die Höhe u. dañ plötzliches Verſinken.
Dies erfuhr Rio Bamba eine Stadt mit 10000
F. die 3 ſtöckige Häuſer u. große Kirchen
hatte. Alles war ſo verſunken, daß ich
keinen Schutthaufen fand, der höher als 5 Fuß
geweſen wäre. Jch habe Perſonen geſprochen
die 1½ Tag unter den Trum̃ern gelebt. Da nicht
ſo viel Menſchen waren um Alle aus dem Schutt
zu graben, mußten viele verſchmachten u. die
Geiſtl. ertheilten den Unglücklichen durch die
Schornſteine u. Spalten die Absolution. Erd-
beben ſind häufiger da wo Gebirge ſind
u. ſie pflanzen ſich oft 4–500 Ml. fort.
Jn den großen Continenten hat man hiervon
Folge
der Erſcheinungen

weniger Beiſpiele. Wer in dem Jñern eines
Kraters geweſen, der leicht zu beſuchen iſt,
hört zuerſt ein Getöſe, dañ folgt eine
Erſchütterung u. dañ der Schlacken aus-
wurf. Vulkane köñen daher als Sicher-
heitsklappen für die elaſtiſchen Dämpfe
angeſehen werden u. die Provinz Quito
würde glücklich ſein, weñ der Chimborazzo
noch ein Vulkan wäre. Jm Kalk ſowohl
als im Gneis finden Durchbruche ſtatt.
Caraca[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]s ſteht auf erſterm u. 1812 wurde
es zerſtört. Durch die Fortpflanzung der
Bewegung müßen ſich die Spalten allmäh-
lig erweitern. Einzelne Gegenden mitten
unter Vulkanen werden nie erſchüttet.

So wariſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_841" next="#Ms_germ_fol_842">
        <div type="session" n="32">
          <p><pb facs="#f0202" n="198."/>
Die Er&#x017F;cheinung i&#x017F;t dabei auffallend, daß wen&#x0303;<lb/>
auf einer Stelle Zb. Kohl u. neben an, Getraide<lb/>
&#x017F;teht, die Felder oft mit einander verwech-<lb/>
&#x017F;elt werden, u. eine Veränderung des Eigen-<lb/>
thums &#x017F;tatt findet, was oft Streitigkeiten<lb/><note place="left"><hi rendition="#u">Bewegung<lb/>
der Oberfläche<lb/>
in die Höhe.</hi><lb/></note>veranlaßt. <hi rendition="#u">Eine andere Bewegung i&#x017F;t die</hi><lb/>
in die Höhe u. dan&#x0303; plötzliches Ver&#x017F;inken.<lb/>
Dies erfuhr <hi rendition="#aq">Rio Bamba</hi> eine Stadt mit 10000<lb/>
F. die 3 &#x017F;töckige Häu&#x017F;er u. große Kirchen<lb/>
hatte. Alles war &#x017F;o ver&#x017F;unken, <choice><abbr></abbr><expan resp="#BF">daß</expan></choice> ich<lb/><choice><abbr>kein&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">keinen</expan></choice> <choice><abbr>Schutthauf&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Schutthaufen</expan></choice> fand, der höher als 5 Fuß<lb/>
gewe&#x017F;en wäre. Jch habe <choice><abbr>Per&#x017F;on&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Per&#x017F;onen</expan></choice> ge&#x017F;prochen<lb/>
die 1½ Tag unter den Trum&#x0303;ern gelebt. Da nicht<lb/>
&#x017F;o viel Men&#x017F;chen waren um Alle aus dem Schutt<lb/>
zu <choice><abbr>grab&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">graben</expan></choice>, <choice><abbr>mußt&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">mußten</expan></choice> viele <choice><abbr>ver&#x017F;chmacht&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">ver&#x017F;chmachten</expan></choice> u. die<lb/>
Gei&#x017F;tl. <choice><abbr>ertheilt&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">ertheilten</expan></choice> den <choice><abbr>Unglücklich&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Unglücklichen</expan></choice> durch die<lb/>
Schorn&#x017F;teine u. <choice><abbr>Spalt&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Spalten</expan></choice> die Absolution. Erd-<lb/>
beben &#x017F;ind häufiger da wo Gebirge &#x017F;ind<lb/>
u. &#x017F;ie pflanzen &#x017F;ich oft 4&#x2013;500 Ml. fort.<lb/>
Jn den großen Continenten hat man hiervon<lb/><note place="left"><hi rendition="#u">Folge<lb/>
der <choice><abbr>Er&#x017F;cheinung&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">Er&#x017F;cheinungen</expan></choice></hi><lb/></note>weniger Bei&#x017F;piele. <hi rendition="#u">Wer in dem Jn&#x0303;ern eines</hi><lb/>
Kraters gewe&#x017F;en, der leicht zu <choice><abbr>be&#x017F;uch&#xFFFC;</abbr><expan resp="#BF">be&#x017F;uchen</expan></choice> i&#x017F;t,<lb/>
hört zuer&#x017F;t ein Getö&#x017F;e, dan&#x0303; folgt eine<lb/>
Er&#x017F;chütterung u. dan&#x0303; der Schlacken aus-<lb/>
wurf. Vulkane kön&#x0303;en daher als Sicher-<lb/>
heitsklappen für die ela&#x017F;ti&#x017F;chen Dämpfe<lb/>
ange&#x017F;ehen werden u. die Provinz Quito<lb/>
würde glücklich &#x017F;ein, wen&#x0303; der <hi rendition="#aq">Chimborazzo</hi><lb/>
noch ein Vulkan wäre. Jm Kalk &#x017F;owohl<lb/>
als im Gneis finden Durchbruche &#x017F;tatt.<lb/>
Caraca<subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/></del><add place="across"><hi rendition="#b">s</hi></add></subst> &#x017F;teht auf er&#x017F;term u. 1812 wurde<lb/>
es zer&#x017F;tört. Durch die Fortpflanzung der<lb/>
Bewegung müßen &#x017F;ich die Spalten allmäh-<lb/>
lig erweitern. Einzelne Gegenden mitten<lb/>
unter Vulkanen werden nie er&#x017F;chüttet.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">So <subst><del rendition="#s">war</del><add place="across">i&#x017F;t</add></subst></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[198./0202] Die Erſcheinung iſt dabei auffallend, daß weñ auf einer Stelle Zb. Kohl u. neben an, Getraide ſteht, die Felder oft mit einander verwech- ſelt werden, u. eine Veränderung des Eigen- thums ſtatt findet, was oft Streitigkeiten veranlaßt. Eine andere Bewegung iſt die in die Höhe u. dañ plötzliches Verſinken. Dies erfuhr Rio Bamba eine Stadt mit 10000 F. die 3 ſtöckige Häuſer u. große Kirchen hatte. Alles war ſo verſunken, dß ich kein Schutthauf fand, der höher als 5 Fuß geweſen wäre. Jch habe Perſon geſprochen die 1½ Tag unter den Trum̃ern gelebt. Da nicht ſo viel Menſchen waren um Alle aus dem Schutt zu grab, mußt viele verſchmacht u. die Geiſtl. ertheilt den Unglücklich durch die Schornſteine u. Spalt die Absolution. Erd- beben ſind häufiger da wo Gebirge ſind u. ſie pflanzen ſich oft 4–500 Ml. fort. Jn den großen Continenten hat man hiervon weniger Beiſpiele. Wer in dem Jñern eines Kraters geweſen, der leicht zu beſuch iſt, hört zuerſt ein Getöſe, dañ folgt eine Erſchütterung u. dañ der Schlacken aus- wurf. Vulkane köñen daher als Sicher- heitsklappen für die elaſtiſchen Dämpfe angeſehen werden u. die Provinz Quito würde glücklich ſein, weñ der Chimborazzo noch ein Vulkan wäre. Jm Kalk ſowohl als im Gneis finden Durchbruche ſtatt. Caracas ſteht auf erſterm u. 1812 wurde es zerſtört. Durch die Fortpflanzung der Bewegung müßen ſich die Spalten allmäh- lig erweitern. Einzelne Gegenden mitten unter Vulkanen werden nie erſchüttet. So iſt Bewegung der Oberfläche in die Höhe. Folge der Erſcheinung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/202
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 198.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/202>, abgerufen am 22.11.2024.